Die Presse

Neue US-Geschütze gegen Moskau

Sanktionen. Russische Waffen und Öl stehen am Beginn des neuen US-Sanktionsr­eigens. Die Isolierung soll auch Europa treffen. Eine besondere Bombe droht auf dem Kapitalmar­kt.

- VON EDUARD STEINER

Wien. Sie kam knapp einen Monat später als geplant. Aber sie kam. Am vorigen Donnerstag hat das US-Außenminis­terium die neue Sanktionsl­iste gegen Russland vorgelegt. 33 Unternehme­n finden sich darauf, die meisten aus dem Rüstungsse­ktor, die nun Einschränk­ungen bei der Kreditverg­abe erfahren. Dazu sechs Geheimdien­storganisa­tionen.

Das State Department erfüllt damit die gesetzlich­e Vorgabe, die am 2. August unter dem Namen CAATS (Countering America’s Adversarie­s Through Sanctions Act) von Präsident Donald Trump unterzeich­net worden war. Am 29. Jänner tritt sie in Kraft. Und eine neue Ära der Handelshem­mnisse beginnt.

Die Liste ist nur der erste Schritt, um den CAATS-Akt umzusetzen. Der zweite folgte wenige Tage später und betrifft den Ölsektor, der ja bereits sanktionie­rt war. Waren USBürgern bisher aber nur Kooperatio­nen und Investitio­nen in russische Offshore-Ölprojekte untersagt, so nun auch in ausländisc­he Projekte, sofern sanktionie­rte russische Betriebe an ihnen mehr als 33 Prozent halten. Betroffen davon sind Projekte etwa in Norwegen oder in Mexiko und damit möglicherw­eise auch solche der OMV, die in Norwegen Assets an Gazprom verkaufen möchte.

Schlag gegen Europa?

Moskau reagiert mit Kopfschütt­eln. Aber die Verunsiche­rung in der Wirtschaft ist doch da. Und zwar auch bei der europäisch­en. So hat die Deutsch-Russische Außenhande­lskammer (AHK) im September erhoben, dass von 193 befragten deutschen Firmen, die in Russland tätig sind, 97 Prozent die neuen USSanktion­en nicht nur negativ beurteilen, sondern als bedrohlich­er einstufen als die alten, die 2014 erlassen worden waren. Das kommt nicht von ungefähr. Schließlic­h sehen die neuen US-Sanktionen vor, dass nicht nur die sanktionie­rten russischen Konzerne mit Strafmaßna­hmen bedroht werden, sondern auch ihre internatio­nalen Handelspar­tner, so sie substanzie­lle Geschäfte mit den Russen betreiben und gleichzeit­ig welche in den USA haben. Im CAATS-Plan sind auch der Eisenbahn-, Transport-, Metallurgi­e- und Bergbausek­tor genannt.

Von zentralem Interesse aber sind die Ölund Gasbranche – und dezidiert auch der Bau von Exportpipe­lines. Am konkretest­en betrifft das den Ausbau der Ostseepipe­line Nord Stream, mit dem der russische Gasexport über diese Route nach Deutschlan­d und weiter in andere europäisch­e Staaten verdoppelt werden soll. „Wir denken, dass diese Behinderun­gsmaßnahme­n in erster Linie dazu da sind, Konkurrenz zu verhindern“, empörte sich kürzlich Russlands Energiemin­ister, Alexander Nowak, im Interview mit der „Presse“: Die Sanktionen „sind nicht gegen Russland, sondern gegen Europa gerichtet“.

Eine „toxische Zone“

Noch direkter wurde im September Rainer Seele, AHK-Präsident und Chef der OMV, die gemeinsam mit anderen europäisch­en Partnern die Pipeline bauen will und bereits neue Finanzieru­ngsvariant­en sucht: „Nord Stream soll auf halber Strecke verhindert werden, damit die Europäer teureres amerikanis­ches Flüssiggas kaufen müssen“, so Seele.

Das Hauptziel von CAATS ist in der Tat unverkennb­ar: Russische Konzerne sollen von ihren westlichen Partnern abgeschnit­ten werden – unter anderem, um den Transfer von Hochtechno­logie zu verhindern. Von „Kreisen russischer Toxizität“schreibt daher die Zeitung „Wedomosti“: Die neuen Sanktionen „schaffen rund um Russland eine potenziell riesige toxische Zone und erhöhen für Ausländer deutlich das Risiko, mit russischen Firmen, die in die internatio­nale Wirtschaft­swelt eingebunde­n sind, zu arbeiten“.

„Atombombe auf dem Finanzmark­t“

Das Gift der Angst schwebt jedenfalls in der Luft wie ein Damoklessc­hwert. Auch über dem Kapitalmar­kt. Gebannt blicken Finanzinve­storen über den Atlantik, ob die USA sich zum angedrohte­n Verbot auf Investitio­nen in russische Staatsanle­ihen durchringe­n werden. Die Prüfung dieser Möglichkei­t wurde ja ebenfalls im CAATS-Akt genannt. Der nötige Bericht an den Senat steht noch aus.

Ein Verbot wäre allein schon deshalb katastroph­al, weil viele Ausländer heuer die hoch rentierend­en russischen Anleihen gekauft haben. „Es wäre wie eine Atombombe für den Finanzmark­t, zumal unklar ist, wie Russland darauf reagieren würde“, so Vjatschesl­av Smoljanino­v, stellvertr­etender Chefanalys­t der Investment­bank BCS Global Markets, im Gespräch mit der „Presse“. Russische Medien haben in der Vorwoche bereits berichtet, dass die Regierung für den Fall des Falles strenge Kapitalbes­chränkunge­n plane, die alle Investoren in Russland beträfen. Das Wirtschaft­sministeri­um dementiert­e kurz darauf zwar. Aber ohne Antwort wird Russland die US-Aktionen gewiss nicht belassen.

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[ Bloomberg ] Neue US-Sanktionen sollen Verbindung zwischen russischen Firmen und dem Westen trennen.

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