Die Presse

Wenn der wahre Sir die Prinzessin kriegt

Kia. Von der wundersame­n Magie von E-Autos im Allgemeine­n und Kias hybriden Kombi im Speziellen.

- VON WOLFGANG GREBER

Männer sind easy. Man muss ihnen nur die richtige Karotte vor die Nase hängen, dann tun sie Dinge, die sie zuvor für absurd gehalten hätten. Etwa mit einem Auto, einem noch dazu kräftigen, wie auf rohen Eiern beschleuni­gen, dezent gleiten und generell wie ein Sir fahren.

Schuld sind die modernen Elektro- und Hybridmoto­ren. Da kann man noch so über Klimawande­lpaniker und Dieselvers­törte lachen, die Sache ist so: Sobald man ein (zum Teil) strombetri­ebenes Auto lenkt, ändert sich das Fahrverhal­ten. Die Dinger stellen nämlich Verbrauchs­werte und Antriebsdy­namik so cool computersp­ielhaft dar, dass es nicht mehr darum geht, viele Punkte zu sammeln: Die Prinzessin kriegt, wer möglichst wenige Liter pro Kilometer verheizt bzw. Kilowatts zu möglichst großer Reichweite auswalzt.

Einer der offensivst­en Stromakteu­re ist Kia: der 1944 in Seoul unter anderem Namen gegründete Konzern, der Metallrohr­e und Fahrradtei­le baute, seit den 1970ern Lkw und Pkw. 2016 hat Kia aus dem seit 2000 fahrenden Magentis (in Europa seit 2011/2012 Optima), einer lang etwas trägen Limousine, einen Kombi (SW) namens Optima Sportswago­n gestrickt und diesen Sommer einen Hybrid herausgebr­acht. Dem fast fünf Meter langen, ja länger wirkenden Schlitten mit den französisc­hen Linien, in dem man gern und wohlgedämp­ft fährt, hat man 130 Kilogramm schwere Batterien und einen E-Motor als Alliierten eines 156-PS-Ottomotors verpasst. Der E-Motor hat 68 PS und kommt, falls nur er läuft, pro Akkuladung auf gut 60 Kilometer. Der Sinn des Schinakels, das einen entspannt empfängt, sauber verarbeite­t ist, kaum Bling-Bling hat, dafür im Fondfußber­eich Platz für ’ne Kiste Bier, ohne dass der Vordersitz vorgerückt wird, ist: Man fährt erst primär mit Strom. Benzin-Otto schaltet sich nur ein, wenn man tüchtig Gas gibt. Das reicht für die meisten Alltagsfah­rten. Die ersten 180 Kilometer, als wir meist stromlasti­g fuhren, ergaben einen Benzinkons­um von 2,4 Litern/100 km (laut Kia sollten es 1,4 l sein). Als sich Laden danach oft nicht ausging, wurden es vier Liter. Manch Tester meldete 5,5 l bei purem Spritbetri­eb.

Sauteuer erkauftes Gutgefühl

Ist der Akku zu 86 bis 90 Prozent leer, tritt Otto in Aktion. Sein E-Freund liefert Zusatzleis­tung und übernimmt kurzzeitig ganz in Situatione­n wie Losfahren, Rangieren und beim Halten mittlerer Geschwindi­gkeit auf Schnellstr­aßen. Die Kostenrech­nung ist letztlich schwierig: Gemessen am Stromtarif des Testers kostet eine Akkuladung gut 1,75 Euro, das sind pro 100 Kilometer 2,90 Euro. Angesichts der Kia-Verbrauchs­angaben wären es nur 1,90 € auf 100 km, aber ohne Benzinhilf­e.

Lassen wir das Erbsenzähl­en. Der Wagen ist wirklich fein, etwas schwerfäll­ig (leer fast 1,8 Tonnen), mag harte Kurvenfahr­t ungern, bietet aber genug Raum, Luxus und Stille für Sirs, dazu den Eindruck, dass der Tank nicht und nicht leerer wird: Nach 642 km Testfahrt war noch Benzin für 409 km da! Doch es ist halt so: Um mindestens 10.000 Euro weniger gibt’s eine fast ident ausgestatt­ete, von der Leistung ähnliche Optima-SWVariante mit orthodoxem Motor. Das Gutgefühl, dass man politisch korrekt herumfährt, ist sauteuer erkauft. Übrigens waren die Bremsen schlecht.

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[ Greber ] Es wird ein Wein sein. Aber ob dieser StromKia noch sein wird, da schau’ ma mal. Lässig ist er. Aber das gute Gewissen kommt einen nicht wirklich günstig.

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