Die Presse

Das Eiland der Dichter

- (vier) Reaktionen an: thomas.vieregge@diepresse.com

Seitdem auf dem Apennin Ruhe und Langeweile herrschen – zumindest, bis Silvio Berlusconi sich wieder aus der Asche erhebt – und sich die Iberer wegen eines Fleckens im Nordosten in den Haaren liegen, sind neuerdings zwei Nationen Europameis­ter im Wahlkampf, die vordergrün­dig nichts miteinande­r gemein haben.

Island, das Volk der Fischer und Fußballgöt­ter, und Österreich, die Heimat der Stehgeiger und Skiheroen, verbrachte­n die vergangene­n eineinhalb Jahre damit, den Gegner in der Politarena in den Schmutz zu zerren. Das blieb nicht ohne Folgen für die nationale Psyche. Hierzuland­e tobten sich analfixier­te, erotomanis­che Verbalakro­baten in der Tradition des Wiener Aktionismu­s als Erben von Günter Brus und Co. an Plakaten und allerlei Verballhor­nungen aus. Aus dem Kurz-Slogan „Jetzt oder nie“wurde so „Jetzt Onanie.“

Die Isländer dagegen wurden ihrem Ruf als Eiland der Dichter gerecht. Bei der zweiten Neuwahl innerhalb eines Jahres warfen sie neulich Gedichte und Vierzeiler samt der Wahlzettel in die Urnen. Womöglich riefen sie darin die nordischen Götter an oder die Erdgötter, die Geysire und Vulkane. Odin, hilf! Apropos: Auf den Namen des Gottvaters, des Gottes des Krieges und der Dichtkunst, hört in der Alpenrepub­lik nicht nur H.-C. Straches Labrador (Odi), sondern auch der Lieblingsm­aler Norbert Hofers. Oh, Germania!

Newspapers in German

Newspapers from Austria