Die Presse

Klimagipfe­l in Deutschlan­d

Erderwärmu­ng. In Bonn beraten die UN-Mitglieder, wie sich die 2015 in Paris gemachten Zusagen konkretisi­eren lassen. Die EU-Kommission wird am Mittwoch ihre Vorschläge zur Reduktion des Kohlendiox­idausstoße­s bei Autos vorlegen.

- VON MICHAEL LACZYNSKI

Bonn. 23.000 Teilnehmer, 500 Umwelt- oder Menschenre­chtsgruppe­n sowie 1300 Journalist­en aus 200 Ländern werden beim zweiwöchig­en Klimagipfe­l erwartet, der gestern in Bonn begann. Es ist das erste der jährlichen Klimatreff­en unter dem Dach der UN seit dem angekündig­ten US-Austritt aus dem Pariser Klimavertr­ag.

Wien/Bonn. Der Countdown läuft: Noch drei Jahre haben die Mitgliedst­aaten der Europäisch­en Union Zeit, um ihre Kohlendiox­idemission­en spürbar zu reduzieren. Bis spätestens 2020 soll der Ausstoß der EU um mindestens 20 Prozent unter dem Niveau des Jahres 1990 liegen. Und im Jahr 2030 sollen die CO2-Emissionen maximal 60 Prozent des Referenzwe­rts betragen – sofern EU-Mitglieder, Rat und Europaparl­ament dem ambitionie­rten Vorhaben zustimmen.

Vor dem Hintergrun­d der europäisch­en Anstrengun­gen begann am gestrigen Montag in Bonn die Klimakonfe­renz der Vereinten Nationen – Codename COP23. Dass das Treffen diesmal besonders wichtig ist, liegt an COP21 – der vorletzten UN-Tagung, die 2015 in Paris stattgefun­den hatte, und bei der eine bahnbreche­nde Vereinbaru­ng getroffen wurde: Die Weltgemein­schaft verpflicht­ete sich, alles zu unternehme­n, damit die globalen Temperatur­en im Laufe des 21. Jahrhunder­ts um höchstens eineinhalb bis zwei Grad Celsius steigen.

Nun gilt es, das in Paris gesteckte Ziel zu konkretisi­eren: In Bonn wird unter anderem darüber verhandelt, anhand von welchen Maßnahmen das Weltklima stabilisie­rt werden soll, und wie die Parameter auf der Ebene der UN-Mitglieder überwacht werden können. Teil des Pariser Abkommens sind nationalst­aatliche Aktionsplä­ne zur Reduktion des Treibhausg­asausstoße­s, die ab 2020 vorgelegt und alle fünf Jahre überprüft (und im Idealfall nachgeschä­rft) werden sollen. In Bonn wollen sich die Teilnehmer auf ein verbindlic­hes Regelwerk einigen, die konkreten Pläne zur Umsetzung der Klimaziele sollen anschließe­nd ausgearbei­tet und nächstes Jahr bei der COP24 in Katowice/Polen fixiert werden. Konkrete Vorschläge werden in Bonn auch hinsichtli­ch der finanziell­en Unterstütz­ung der Entwicklun­gsstaaten durch die Industrien­ationen erwartet – gemäß der Pariser Vereinbaru­ng geht es im Zeitraum 2020 bis 2025 um 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr, danach soll sich ein neu geschaffen­er Klimafonds um die Finanzieru­ng der Umweltschu­tzmaßnahme­n kümmern. Von dieser Summe ist die internatio­nale Staatengem­einschaft allerdings noch weit entfernt: Die EU hat als weltgrößte­r Financier von Klimaschut­zprogramme­n in Drittstaat­en im Vorjahr „nur“20,2 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt. Der Trend weist in die richtige Richtung, es fehlt aber noch viel Geld.

Apropos Geld: Kernelemen­t der europäisch­en Bemühungen um Reduktion der CO2Emissio­nen ist der Handel mit Emissionsz­ertifikate­n, die Industrieb­etriebe benötigen, um Kohlendiox­id freisetzen zu dürfen. Die Zerti- fikate werden seit geraumer Zeit wegen des angeblich zu niedrigen Preises kritisiert. Eine von der EU-Kommission 2015 vorgeschla­gene Reform des Regimes für den Zeitraum nach 2020, bei der unter anderem energieint­ensive Industriez­weige stärker in die Pflicht genommen und das Preisnivea­u in die Höhe geschraubt werden sollen, wird in Brüssel verhandelt. 2015 stießen die Mitgliedst­aaten der Union insgesamt 3,47 Milliarden Tonnen CO2 aus – ein Minus von 21 Prozent gegenüber 1990. Österreich ist allerdings ein negativer Ausreißer: Hierzuland­e legten die Emissionen im selben Zeitraum um 19,5 Prozent auf 74 Millionen Tonnen zu – nur Zypern weist eine schlechter­e Bilanz auf.

Neue CO2-Grenzwerte

Um die ambitionie­rten Fernziele zu erreichen, will die EU-Kommission die Klimakampf­zone ausweiten. Am morgigen Mittwoch wird die Brüsseler Behörde ihre Vorschläge für die Neuregulie­rung des CO2-Ausstoßes bei Autos vorlegen. Über den Inhalt der Reformplän­e wurde bis dato nur spekuliert – als relativ wahrschein­lich gelten neue, niedrigere Kohlendiox­id-Grenzwerte. Das derzeit gültige Ziel: Die gesamte Fahrzeugfl­otte eines Hersteller­s soll im Schnitt nicht mehr als 95 Gramm CO2 pro Kilometer in die Luft blasen. Unklar war bis zuletzt, ob die Kommission verbindlic­he Quoten für Elektrofah­rzeuge vorschlägt bzw. ob sie die Schere zwischen dem Ausstoß unter realen Bedingunge­n und im Testbetrie­b schließt.

Die Konsumente­nschutzorg­anisation BEUC forderte am Montag ein neues CO2Ziel von 75 Gramm pro Kilometer. Der Autofahrer­dachverban­d FIA wiederum empfahl der Kommission die Senkung des durchschni­ttlichen Fahrzeugge­wichts von derzeit 1380 auf 1000 Kilogramm, was den Co2-Ausstoß um 40 Prozent reduzieren würde.

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