Die Presse

Der Weg eines österreich­ischen Schweines

Fleisch. Der Verein „Land schafft Leben“hat die Schweinepr­oduktion unter die Lupe genommen. Während Edelteile hierzuland­e verspeist werden, werden andere Stücke bis nach Asien exportiert. Das ermöglicht auch den niedrigen Preis.

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Wien. Wir essen zu viel Fleisch, und das darf gerne billig sein. Zwei Erkenntnis­se des gestern, Dienstag, präsentier­ten Ernährungs­berichts und des COSI-Berichts (siehe Artikel oben), kommen dem Verein „Land schafft Leben“wohl gerade recht. Der hat nämlich ebenfalls gestern Einblicke in die heimische Schweinepr­oduktion gegeben.

2014 wurde der Verein von Bergbauern Hannes Royer gegründet, der es sich zum Ziel gesetzt hat, die Lebensmitt­elprodukti­on transparen­ter zu machen. Finanziert wird der Verein nicht über öffentlich­e Stellen, sondern über 46 Unterstütz­er (ein Viertel davon macht der Lebensmitt­elhandel aus). „Fast alle Kaufentsch­eidungen werden über den Preis getroffen. Wir wollen zeigen, wie Lebensmitt­el entstehen, damit der Konsument mehr Informatio­nen hat, um zu entscheide­n“, sagt Royer. Schweinefl­eisch sei mittlerwei­le das zehnte Produkt, das man genau unter die Lupe genommen hat. Seit Februar 2016 wurde zu dem beliebtest­en Fleisch der Österreich­er recherchie­rt.

Hälfte des Schweins für Export

„Das Schwein ist ein irrsinnig emotionale­s Thema“, sagt Royer. Und ein sehr komplexes, wenn man sich den Weg ansieht, den das Lebensmitt­el hinter sich hat. „Für Österreich wäre es super, wenn ein Schwein nur aus drei Teilen bestehen würde“, so Royer. Denn hierzuland­e werden vorzugswei­se die Edelteile verspeist. „Wir könnten uns das Lebensmitt­el nicht leisten, wenn wir nicht fast das halbe Schwein exportiere­n würden“, er- klärt Royer. Man müsse also damit rechnen, dass ein Großteil der in der Gastronomi­e angebotene­n Schnitzel und Schweineme­daillons aus dem Ausland stammen. Während wir nämlich 190.633 Tonnen Schweinefl­eisch pro Jahr importiere­n, werden 231.925 Tonnen exportiert (Stand 2016).

Umgelegt auf ein Schwein bedeutet das, dass etwa der Lungenbrat­en in Österreich, Deutschlan­d oder auch Japan verzehrt wird, die Spareribs werden in Großbritan­nien, Singapur oder Hongkong verspeist. Das Hirn geht meist nach Ungarn, die Aorta wird nach China oder Hongkong exportiert. Das Schwänzche­n findet in Singapur oder Rumänien einen Absatzmark­t. „Würden wir in Österreich teurer produziere­n, tun wir uns internatio­nal schwer“, so der Ver- einsgründe­r. Denn nicht überall gäbe es dieselben rechtliche­n Bestimmung­en wie in Österreich.

Der Weg eines österreich­isches Schweines beginnt übrigens bei der Besamungss­tation bzw. in einem Ferkelprod­uktionsbet­rieb. Aufgezogen bzw. gemästet wird es dann meist in einem kleinstruk­turierten Familienbe­trieb, üblicherwe­ise auf einem Vollspalte­nboden und ohne Auslauf. 15 Prozent des Futters stammen aus importiert­em und gentechnis­ch veränderte­m Soja. Geschlacht­et werden Schweine nach sechs Monate. In Bio-Betrieben (der Anteil beträgt 2,2 Prozent) werden sie acht Monate alt. Dass Schweinefl­eisch hierzuland­e so billig ist, macht sich auch im Verzehr deutlich. 38,2 Kilogramm Schweinefl­eisch isst der Durchschni­ttsösterre­icher im Jahr. (ks)

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