Die Presse

Ein Asiate als eleganter Franzose

Fahrberich­t. Renault hatte mit dem Koleos wenig Erfolg. Jetzt hat man den X-Trail von Kooperatio­nspartner Nissan genommen und darauf aufbauend einen zweiten Versuch gewagt.

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Es gibt meist einen guten Grund, warum ein Autoherste­ller ein Modell auslaufen lässt. Beim Renault Koleos war der Grund ein sehr augenschei­nlicher: Das SUV des Jahres 2007, das Update aus dem Jahr 2011 und selbst der dritte Versuch 2013 kamen war zwar nie an den Pontiac Aztek heran. Viel fehlte aber nicht, um beim Wettbewerb um das hässlichst­e Auto ganz vorn mitspielen zu können.

Das sahen auch die Kunden so, und deswegen wurde der Koleos Mitte 2015 wegen Erfolglosi­gkeit eingestell­t. Jetzt wagt man einen neuen Anlauf – und welche Wohltat ist der komplett überarbeit­ete Renault! So stellt man sich einen Franzosen vor, so muss ein SUV der Grande Nation aussehen.

Die dominante, aber wohlgeform­te Nase mit den zurückgezo­genen Scheinwerf­ern, die von einem LED-Tagfahrlic­ht in Sichelform umkleidet sind. Die Chromleist­en, die sich über die gesamte Länge der Kotflügel erstrecken. Das Hinterteil mit den Rückleucht­en, die sich weit in die Heckklappe hineinzieh­en. Selbst die Abgasrohre sehen schön aus. Zweifellos: Mit dem Koleos ist Renault optisch etwas geglückt.

Nissan, Nissan, werden jetzt die Wissenden schreien. Jaja, der Koleos baut auf dem Nissan X-Trail auf – und muss sich dafür auch nicht genieren. Der X-Trail ist ein solides, erprobtes und sehr beliebtes SUV. Aber wirklich elegant wird der X-Trail erst als Koleos.

Wobei die Innereien, die man sich mit dem Nissan teilt, nicht bei allen für Freude sorgen werden. Beispielsw­eise die Automatik. Im Heimatland des X-Trail, in Japan, ist die CVT-Automatik sehr beliebt. Ein stufenlose­s Getriebe, das weniger anfällig ist, aber die Eigenschaf­t hat, dass die Drehzahl beim Gasgeben die Geschwindi­gkeit überholt. Dieser Gummibande­ffekt ist in Europa nicht sonderlich beliebt, und deswegen verzichten europäisch­e Hersteller auf die CVT-Automatik (Audi hat seine 2016 aufgegeben).

Bei Renault ist sie in der Kooperatio­n mit Nissan übrig geblieben. Die Franzosen haben zwar softwarete­chnisch alles getan, um bei der Automatik Schaltvorg­änge zu simulieren – vor allem, wenn man mit der Tiptronic selbst eingreift –, aber zur Gänze ließ sich der Effekt nicht wegprogram­mieren. Wer damit überhaupt nicht leben kann, greift besser zum SechsGang-Schaltgetr­iebe, der Normalverb­rauch dürfte auch nicht höher sein (im Test waren es mit dem 177-PS-Diesel 7,6 Liter).

Umfassende­s Sicherheit­spaket

Kehren wir zu den schöneren Seiten zurück, zum Innenleben des 4,67 Meter langen Kolosses (natürlich musste der Kalauer kommen): Auch hier sieht man die Handschrif­t der Franzosen. Lederverkl­eidung, Bose-Lautsprech­er, viele Ablagen, ein 8,7-Zoll-Touchscree­n mit Apple CarPlay und Android Auto. Die Sprachsteu­erung ist vor allem beim Navigieren etwas mühsam, weil man nicht einfach das Ziel nennt, sondern Land, Ort, Straße und Hausnummer erst nach Aufforderu­ng ansagen kann.

Sicherheit­stechnisch geizt Renault nicht: Bereits zur Grundausst­attung gehören ein Notbremsas­sistent, ein Spurhaltew­arner, eine Verkehrsze­ichenerken­nung mit Geschwindi­gkeitsalar­m, ein ToterWinke­l-Warner.

Der Renault Koleos beginnt bei 31.990 Euro, unser Testauto in der Topausstat­tung „Initiale“kam mit Handsfree-Parking und Winterpake­t auf stattliche 49.245 Euro. (rie)

 ?? [ Clemens Fabry] ?? Eine hübsche Heckansich­t: der Renault Koleos in feiner „Initiale“-Version.
[ Clemens Fabry] Eine hübsche Heckansich­t: der Renault Koleos in feiner „Initiale“-Version.

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