Die Presse

„Der Täter muss unter Zeitdruck geraten“

Sicherheit. Worauf es bei Alarmanlag­en und deren Apps, Fenstern und Türen zu achten gilt.

- VON MICHAEL LOIBNER

Ich war nur eine Viertelstu­nde zum Einkaufen weg!“Der Fall einer Wienerin, die für die kurze Zeit eines Einkaufs ihre Haustür nur einfach versperrt hatte, bei ihrer Rückkehr vor der aufgebroch­enen Tür stand und aus dem Haus wertvoller Schmuck fehlte, ist für Robert Goliasch ein „Klassiker“. „Einbrecher brauchen in der Regel maximal fünf Minuten, um einzudring­en und mit ihrer Beute zu verschwind­en“, weiß der Berufsdete­ktiv, zu dessen Aufgaben unter anderem Tatortbesi­chtigungen im Auftrag von Versicheru­ngsunterne­hmen zählen. „Viele Leute unterschät­zen das und sind zu sorglos, machen es den Einbrecher­n leicht.“Durchschni­ttlich 18 solche Straftaten täglich wurden in Wien laut Kriminalst­atistik im ersten Halbjahr 2017 zur Anzeige gebracht – und ab November, wenn es draußen früh finster wird, nimmt erfahrungs­gemäß die Zahl der „Dämmerungs­einbrüche“zu.

E-Hilfen und -Stolperfal­len

Eine elektronis­che Alarmanlag­e ist der sicherste Schutz vor ungebetene­m Besuch. Allerdings sind nur rund fünf Prozent aller Häuser und Wohnungen in Österreich damit ausgerüste­t. Thomas Forstner, Generalsek­retär des „Verbandes der Sicherheit­sunternehm­en Österreich­s“(VSÖ), weiß um die technische­n Möglichkei­ten: Neben Bewegungsm­eldern gehören Magnetkont­akte an Fenstern und Türen, die ein Öffnen erkennen, sowie spezielle Gläser, die beim Zersplitte­rn Alarm auslösen, zum Standard. „Eine Anlage nur mit Sirene, ohne App fürs Handy, ist aber heutzutage kaum zu verkaufen“, kennt Forstner die Wünsche der Kunden. Über die App erfährt das Opfer unterwegs, wenn daheim Eindringli­nge am Werk sind, und kann sofort reagieren. Die Sicherheit­sexperten sehen allerdings auch Gefahren: Gelangt das Mobiltelef­on in unbefugte Hände, lässt sich die Alarmanlag­e still legen. Dreiste Täter rufen sogar am Handy an und bitten unter einem Vor- wand, die Anlage vorübergeh­end auszuschal­ten. „Bei besonders zu schützende­n Objekten sind solche Apps daher ein No-Go“, kennt Forstner die Vorschrift­en.

Experten warnen auch davor, Alarmanlag­en in Smart-HomeSystem­e zu integriere­n. Christoph Zeuner vom Sicherheit­stechnikHe­rsteller Telenot: „Solche Systeme sind in erster Linie für Komfortlös­ungen und Energie-Management entwickelt, Sicherheit­skomponent­en verlassen jedoch diese Bereiche.“Der Fachmann bezweifelt die Zuverlässi­gkeit, wenn es um Sicherheit geht. Wesentlich­e Faktoren dabei sind die Widerstand­sfähigkeit gegen Sabotage und Manipulati­onsversuch­e, die Sicherstel­lung der Signalüber­tragung (Internet oder Funk) sowie das Vermeiden von Fehlalarme­n.

Mechanisch­er Schutz

Goliasch weiß, dass Einbruchsz­iele für Täter uninteress­ant sind, wenn das Eindringen voraussich­tlich länger als zwei Minuten dauert. Das Aufhebeln von ungenügend gesicherte­n Türen oder Fenstern lässt sich mit geeignetem Werkzeug innerhalb weniger Sekunden geräuschlo­s durchführe­n, weshalb rund 70 Prozent aller Eindringli­nge auf diese Weise in Einfamilie­nhäuer gelangen, wie der Grazer Verein „Sicher leben“in einer Broschüre auflistet. „Beliebt“sind vor allem Terrassent­üren, da diese zudem meist durch Hecken blickgesch­ützt sind. Rund 15 Prozent der Täter öffnen gekippte Fenster, andere finden den an einem vermeintli­ch sicheren Ort versteckte­n Schlüssel. „Ziel der Maßnahmen muss sein, das Eindringen so zu verzögern, dass der Täter unter Zeitdruck gerät und aufgibt“, sagt Goliasch. Wichtig: Garagentor­e, Kellerfens­ter, Dachfenste­r nicht vergessen und keine Gegenständ­e wie Leitern im Außenberei­ch verwahren, die einem Einbrecher als Aufstiegsh­ilfe zu einem Dachfenste­r dienen könnten.

Schwachste­llen im Haus sind alte, oft witterungs­geschädigt­e Türen. Diese sollten laut Goliasch durch Zusatzsich­erungen ge- schützt oder ausgetausc­ht werden. Die Plattform „Sicher Daheim“kritisiert, dass in Wien nur der Einbau zertifizie­rter Sicherheit­stüren unter bestimmten Voraussetz­ungen mit maximal 400 Euro gefördert wird, elektronis­cher Einbruchsc­hutz nicht. Alarmanlag­en sollten übrigens nur von Fachleuten installier­t werden. „Es müssen nicht die teuersten Geräte sein“, erklärt Forstner. „Auch im mittleren Preissegme­nt erzielt man ausreichen­den Schutz, wenn die Anlage richtig konzipiert ist.“

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[ Fotolia/Ch. Delbert ] Was in zwei Minuten zu knacken ist, kommt Dieben sehr entgegen.

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