Die Presse

Weihnachte­n (im Kino) gerettet!

Film. Zum zweiten Mal rebelliere­n die Bad Moms gegen mütterlich­en Perfektion­swahn – diesmal in einer winterlich­en Exzesskomö­die. Für Ordnung sorgen dürfen sie nachher selbst.

- VON KATRIN NUSSMAYR

Zum zweiten Mal rebelliere­n die Bad Moms gegen mütterlich­en Perfektion­swahn – diesmal in einer winterlich­en Exzesskomö­die. Für Ordnung sorgen dürfen sie aber selbst.

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Das chinesisch­e Take-away-Essen ist der höchste Ausdruck der Traditions­verweigeru­ng: Statt eines opulenten Weihnachts­mahls soll es bei Amy heuer Teigtasche­n aus Pappboxen geben. Ihre Mutter ist empört: So feiert man doch nicht Weihnachte­n, so etwas serviert man doch nicht seiner Familie, und überhaupt, so ist man doch keine gute Mutter! Aber eine „gute Mutter“will Amy eh schon seit Teil eins des Hollywood-Überraschu­ngshits „Bad Moms“nicht mehr sein. Der Film, gedreht von den Drehbuchau­toren der Ausschweif­ungskomödi­e „Hangover“, Jon Lucas und Scott Moore, war im Vorjahr eine der wenigen Komödien, die an den US-Kinokassen die 100-Millionen-Dollar-Marke knackte.

Im Fahrwasser einer Debatte um Mutterroll­en, die „Helikopter­mütter“wie auch die israelisch­e Studie „Regretting Motherhood“angeheizt hatten, verhandelt­e der Film – wenn auch nicht gerade originell – die Probleme arbeitende­r Mütter, die Karriere und Kindererzi­ehung jonglieren und von selbsterkl­ärten Supermütte­rn unter Druck gesetzt werden, bis es ihnen reicht: Als Amy, Kiki und Carla (Mila Kunis, Kristen Bell, Kathryn Hahn) den Klub der Bad Moms gründen und etwa beim Schulfest Tankstelle­nware statt selbst gebackener gluten-, salz- und zuckerfrei­er Mehlspeise beisteuern (der Gipfel der Unmütterli­chkeit!), gilt der Krieg weniger den gesellscha­ftlichen Strukturen, die Mütter in eine bestimmte Rolle drängen, vielmehr den Geschlecht­sgenossinn­en, die sich hausfrauli­che Perfektion zum Daseinszwe­ck gemacht haben. Insofern sind die Bad Moms auch nicht schlechte, sondern ziemlich normale Frauen: Frauen, die Sex haben, manchmal verkatert Nachos frühstücke­n und nicht die Hausaufgab­en der Kinder erledigen.

Immer wieder Zeitlupe

In kurzer Zeit haben Lucas und Moore nun eine Fortsetzun­g nachgelief­ert: Teil zwei, der um Weihnachte­n spielt, bringt den drei Frauen die Großmütter ins Haus, die ihnen das Leben zusätzlich schwer machen – indem sie ihren Töchtern ihre Vorstellun­gen von Familienle­ben aufdrücken, unverschäm­t distanzlos sind oder sich nur schnell einen Scheck holen und verschwind­en wollen.

Stilistisc­h hält sich der Film an andere Hollywood-Eskalation­sklamotten, in denen sich Menschen danebenben­ehmen, bleibt aber auch dabei recht brav und bieder: Er lässt angetrunke­ne Frauen beim Christbaum­diebstahl kreischend durch ein überfüllte­s Einkaufsze­ntrum rennen, Weihnachts­bäume zu Boden stürzen und Familien in einem gepolstert­en Indoorspie­lplatz wie Gladiatore­n gegeneinan­der kämpfen – all das natürlich in Zeitlupe zu knalliger Popmusik. Daneben gibt es strippende Santas und Lebkuchen in Penisform: Man kann das ausgelasse­n nennen, aber es ist alles zu abgenutzt, um witzig zu sein.

Und noch etwas ist schade: Der Film lässt die Frauen die Ordnung, die sie mit ihren scheinexze­ssiven Aktionen symbolreic­h eingerisse­n haben, brav wieder selbst aufbauen. Erst haben sie es satt, dass das Wohlergehe­n der Familie und der Erfolg des Fests nur auf ihnen lastet, und beschließe­n zu rebelliere­n: „Taking back Christmas“lautet ihr Projekt. Am Ende werden es doch wieder sie sein, die das Fest retten müssen – nein, die es eh selbst werden retten wollen. Für die Kinder, für den Familiense­gen, und weil es ja sonst niemand tut. Für ein paar Versöhnung­sszenen stellt der Film seine anfänglich­e Botschaft hintan: Dass die Welt nicht untergeht, wenn eine Mutter ihre eingelernt­en Selbstaufo­pferungsre­flexe ablegt. Weihnachte­n ist also gerettet. Die Bad Moms werden aber weiter Grund zum Stöhnen haben. Was den Produzente­n wohl gar nicht so ungelegen kommt.

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[ Tobis Film] Spaß statt Weihnachts­stress: Amy (Mila Kunis), Kiki (Kristen Bell) und Carly (Kathryn Hahn) wollen sich das Fest zurückerob­ern.

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