Ein Liebeslied für Donald Trump
Asean-Gipfel. Der US-Präsident lobt in Manila seinen autoritären philippinischen Kollegen Duterte: Menschenrechtsfragen waren beim Treffen kein Thema.
Der US-Präsident lobt in Manila seinen autoritären philippinischen Kollegen Duterte: Menschenrechtsfragen waren beim Treffen kein Thema.
Manila/Wien. Es begann mit einem Liebeslied: Sonntagabend, beim Asean-Galadinner in Manila, als so richtig gute Stimmung aufkam, ergriff Gastgeber Rodrigo Duterte überraschend das Mikrofon. „Du, du“, sang er, sein Blick war etwas verklärt. „Du bist das Licht meiner Welt. Du bist die Hälfte meines Herzens.“Prominenz aus der ganzen Welt jubelte Duterte heiter zu bei diesem Abendessen, mit dem der Gipfel des Südostasienbundes Asean eingeläutet wurde. Doch die Serenade des 72-jährigen Präsidenten galt nur einem: Duterte sang für den fast gleichaltrigen US-Kollegen, mit dem er in den letzten Monaten so oft verglichen worden war. Donald Trump (71) war entzückt. Es war ihm anzusehen, wie sehr er diesen Abend mit den Karaoke- und Tanzshows genoss. Später schwärmte er: „Rodrigo, du warst fantastisch.“
Das Eis war also schnell gebrochen zwischen dem USPräsidenten und Duterte, der erst vergangene Woche damit geprahlt hatte, als Teenager einen Mann erstochen zu haben. Mit Mord prahlt der autoritäre Staatschef gern: 6000 mutmaßliche Drogendealer und Süchtige wurden seit seinem Amtsantritt im Juni 2016 auf offener Straße von eigens geschaffenen „Todesschwadronen“umgebracht. Das Vorbild: Adolf Hitler habe erfolgreich gezeigt, wie man Millionen Menschen „schlachtet“, sagte Duterte.
Menschenrechtsgruppen schlagen Alarm, doch Oppositionelle und Kritiker werden von Dutertes Leuten drangsaliert. Der UN-Sonderberichterstatterin für außergerichtliche Tötungen drohte Duterte persönlich mit Gewalt. „Ich werde sie zusammenschlagen. Die beleidigt mich“, sagte er.
Trump, mächtigster Vertreter des „freien, demokratischen Westens“in Manila, stört Dutertes „Sicherheitspolitik“offensichtlich nicht. Beim 40-minütigen Treffen in Manila am Montag hielt die gute Stimmung vom Vorabend an. Bedenken zur Menschenrechtslage dürfte der US-Präsident nicht geäußert haben, zumindest behauptet das Dutertes Sprecher: Trump habe verständnisvoll genickt, als Duterte vom „Drogenkrieg“berichtete. Aus dem Weißen Haus betonte man daraufhin eiligst, dass Menschenrechte sehr wohl „kurz zur Sprache kamen“. Trump selbst sagte jedenfalls nichts dazu. Damit ist er der erste US-Präsident seit Jahrzehnten, der Menschenrechtsfragen nicht einmal pro forma bei Staatsbesuchen anspricht. Das gezielte Töten von Kriminellen dürfte Trump tatsächlich nicht schockieren. Erst im Frühjahr hatte er Duterte telefonisch zum „erfolgreichen Kampf gegen Drogendealer“gratuliert und von einem „unglaublichen Job“gesprochen. Das Gespräch war von US-Medien veröffentlicht worden.
Auch geopolitische Friktionen dürften ausgeräumt sein – zumindest auf persönlicher Ebene. Trump freute sich über die „großartigen Beziehungen“. Kein Wort darüber, dass Duterte deutlich auf Distanz zum US-Alliierten geht und Trumps Vorgänger, Barack Obama, sogar einen „Hurensohn“genannt hatte. Bis zu Dutertes Amtsantritt war die frühere US-Kolonie wichtigster US-Verbündeter in Südostasien gewesen: Ein Kooperationsvertrag gibt den USA Zugang zu fünf Militärbasen, USSpezialeinheiten kämpfen in den Südphilippinen gegen Jihadisten. Die Philippinen sind ein Schlüsselland für die USVorherrschaft im Westpazifik und eine Bastion gegen die Machtansprüche Chinas.
Flirt mit KP-Regime in Peking
Von dieser Abhängigkeit zur USA will sich Duterte lösen: Er gibt den wortgewaltigen Antiamerikaner und wandte sich zuletzt demonstrativ China zu. Davon hält ihn nicht einmal der Konflikt mit Peking um Territorien im Südchinesischen Meer ab: Die Volksrepublik beansprucht fast das gesamte Meer für sich, durch das wichtige Schifffahrtsstrecken verlaufen und unter dem reiche Bodenschätze vermutet werden.
Die Territorialstreitereien wurden gestern beim Asean-Gipfel, bei dem auch China vertreten war, nur mit Samthandschuhen angefasst. Das Zehnstaatenbündnis ist gespalten, der Einfluss Pekings auf einige Mitglieder viel zu groß, als dass der Block sich gemeinsam positionieren könnte. Diplomatisch erklärte man sich „besorgt“, vereinbarte „Verhandlungen“. Ähnlich äußerte man sich über Nordkorea.
Trump wird zufrieden nach Washington zurückreisen. Die Verhandlungen verliefen gut: In Manila traf er Jose´ E. B. Antonio, philippinischer Handelsdelegierter in Washington. Gemeinsam mit Antonio besitzt Trump einen 57-stöckigen Luxuswolkenkratzer im Finanzdistrikt von Manila.
Du bist das Licht meiner Welt. Du bist die Hälfte meines Herzens. Philippinischer Präsident Rodrigo Duterte singt für Donald Trump