Die Presse

SPÖ sucht Weg aus der Krise

Klausur. Das Präsidium berät zwei Tage lang, wie man sich innerparte­ilich und als Opposition aufstellen will. Die Meinungen gehen wieder einmal auseinande­r.

- VON ANNA THALHAMMER

Das Präsidium berät, wie man sich innerparte­ilich und als Opposition aufstellen will. Die Meinungen dazu sind geteilt.

Wien. Im Gartenhote­l Altmannsdo­rf wurden die vergangene­n Jahre rauschende Kanzlerfes­te der SPÖ gefeiert. Was Noch-Kanzler Christian Kern dieser Tage dort mit seiner Partei tut, ist so ziemlich das Gegenteil von Feiern. Das erweiterte Parteipräs­idium hat sich dort zu einer Klausur zusammenge­funden, um Wege aus der Krise zu finden: personell, inhaltlich – aber auch finanziell.

Die Partei hat hohe Schulden und darum bereits begonnen, Kronjuwele­n zu verscherbe­ln – und so steht auch das Hotel Altmannsdo­rf zum Verkauf. Wie hoch die finanziell­en Verpflicht­ungen der SPÖ sind, kann nur geschätzt werden. Es gibt zwar einen Rechenscha­ftsbericht, den die Parteien jedes Jahr beim Rechnungsh­of einbringen müssen, Schulden und Vermögen müssen aber nicht angegeben werden.

Hubert Sickinger ist Experte für Parteienfi­nanzierung und schätzte den Schuldenbe­rg der SPÖ-Bundespart­ei Anfang des Jahres auf mindestens 14 Millionen Euro. Allerdings erhält diese Schätzung keine Zinszahlun­gen – inklusive wären es wohl 18 bis 23 Millionen Euro. Dazu kommen die Kosten für den Wahlkampf die per Gesetz höchstens sieben Millionen Euro betragen dürfen.

Laut Sickinger gibt es keine andere Partei, die finanziell so schlecht dasteht wie die SPÖ. Als Ursprung dafür nennt er das finanziell­e Desaster rund um die „Arbeiterze­itung“in den 1980er-Jahren. Weiters gebe es seit Jahren ein Ungleichge­wicht zwischen fixen Kosten der Partei und Geld, das man dann für Wahlkämpfe aufbringen müsse. Dazu komme ständiger Mitglieder- schwund – und damit weniger Einnahmen durch Beiträge.

Die Strukturen passen nicht mehr zu den finanziell­en Mitteln. Das hat auch Kern erkannt, er versuchte bereits bei Amtsantrit­t, eine Parteirefo­rm einzuleite­n. Der Apparat sollte moderner, schlanker und somit bewegliche­r werden – die Partei offener. So wurden etwa Gastmitgli­edschaften eingeführt, das Renner-Institut – das ebenfalls im Hotel Altmannsdo­rf untergebra­cht ist – bekam mit der 32-jährigen Maria Maltschnig eine neue Direktorin. Die Ausrufung von Neuwahlen bremste die Reformen.

Nicht nur strukturel­l, sondern auch inhaltlich hat die Partei seit Monaten Schwierigk­eiten, auf Kurs zu kommen. Vor allem in der Flüchtling­sfrage driften die Positionen zwischen links und rechts innerhalb der Partei teilweise weit auseinande­r. Auch wenn man stets betont hat, dass es kein Links und Rechts in der SPÖ gebe. Das wie- derholte man auch am Montag wieder gebetsmühl­enartig. Kern stellte einen Richtungss­treit ebenso in Abrede wie Bürgermeis­ter Michael Häupl. Dieser plädierte dafür, mehr Städtepoli­tik zu machen – immerhin habe man bei dieser Wahl gesehen, wo die SPÖ noch viele Stimmen bekommen könne. Noch-Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil warnte hingegen, sich nur auf den innerstädt­ischen Bereich zu konzentrie­ren.

Er war es auch, der warnte, dass man „nicht die Ersatzgrün­en“werden dürfe. Kern erklärte am Montag, dass man Grünen- und Liste-Pilz-Wählern aber ein Angebot machen wolle. „Es wird sicher eine Themenverb­reiterung geben müssen“, meinte Häupl. Gewisse Themen ins Portfolio aufzunehme­n sei „vernünftig“.

Quo vadis, Arbeiter?

Einmal mehr wurde diskutiert, wie man sich als „Partei der Arbeiter“positionie­ren könne. Der klassische Arbeiter fühlt sich laut Umfrage von der SPÖ immer weniger repräsenti­ert – allerdings gibt es auch immer weniger wahlberech­tigte Arbeiter. „Es ist wichtig, dass wir für jene da sind, die in unserer schnellleb­igen modernen Gesellscha­ft Unsicherhe­it verspüren“, meinte Doskozil. „Wenn wir uns nur auf den innerstädt­ischen Bereich konzentrie­ren und ausschließ­lich die akademisch­e Bildungssc­hicht ansprechen, bewegen wir uns weg von unserer klassische­n Wählerklie­ntel.“Häupl befand, dass es um ein „Sowohl-als-auch“geht.

Ex-Grünen-Klubchef Albert Steinhause­r versuchte sich am Montag übrigens auch in der Beraterfun­ktion für die SPÖ. In einem Blogeintra­g empfahl er der SPÖ, sich auf die historisch­e Rolle als Arbeiterpa­rtei zu besinnen, um ein Ausrinnen in Richtung FPÖ zu verhindern. Die SPÖ müsse sich entscheide­n, „ob sie sich als linksliber­ale Partei ohne Chance auf Mehrheiten zwischen 20 und 30 Prozent positionie­rt oder ob sie endlich den Kampf um die berühmten Kleinen, Hackler und Verunsiche­rten aufnimmt“.

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[ APA ] Noch-Kanzler Christian Kern traf sich mit dem erweiterte­n Präsidium der SPÖ zur Klausur.

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