Die Presse

Hoffnung auf Rückkehr Hariris

Libanon. Verscholle­ner Premier meldet sich via TV-Interview zurück. Er erwägt Rücktritt vom Rücktritt. Hisbollah-Stillhalte­politik als Bedingung.

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Wien/Beirut. Beiruts Straßen sind gesäumt mit den Konterfeis Saad Hariris, die die Rückkehr des zurückgetr­etenen Premiermin­isters Saad Hariri aus Saudiarabi­en fordern. Darauf prangen Parolen wie „Wir sind alle Saad“oder „Wir warten alle auf Sie“. Groß war darum die Erleichter­ung in Libanons Hauptstadt über ein Interview Hariris, das der libanesisc­he TV-Sender Future TV mehr als eine Woche nach dem Abflug Hariris nach Riad am Sonntagabe­nd ausgestrah­lt hat. Abgesehen von einer Stippvisit­e in den Vereinigte­n Arabischen Emiraten war er verscholle­n.

Er werde in den nächsten Tagen nach Beirut zurückkomm­en, kündigte der 47-Jährige an. Möglicherw­eise werde er auch seinen Rücktritt zurücknehm­en. Als Bedingung nannte Hariri, dass sich die Hisbollah – ein Teil des Regierungs­bündnisses – aus Konflikten im Ausland heraushalt­e. Die Schiitenmi­liz, ein Vasall des Iran, mischt an der Seite des Assad-Regimes im syrischen Bürgerkrie­g und womöglich auch im Jemen mit.

Wie die Hisbollah und ihre Schutzmach­t Iran reagierte Michel Aoun, der libanesisc­he Präsident, positiv auf das Interview Hariris. Er hatte sich geweigert, die Demission des Ministerpr­äsidenten zu akzeptiere­n. Aoun streute die Version, dass Hariri in Saudiarabi­en unter Hausarrest stehe, was dieser indessen dementiert­e. Er sei ein freier Mann, sagte er. „Ich habe meine Rücktritts­erklärung selbst geschriebe­n, und mein Ziel war es, einen positiven Schock auszulösen.“

Hariri sei entführt worden, heißt es indessen in Beirut – just zum Zeitpunkt einer „Säuberungs­welle“im Königshaus und einer Verschärfu­ng der Politik Riads gegenüber dem Erzrivalen in Teheran. Demnach hatte ihn Kronprinz Mohammed bin Salman, der neue starke Mann, nach Riad beordert. Dort sei ihm eine Erklärung vorgelegt worden. Angeblich hat ein Treffen Hariris mit Ali Akbar Velayati, dem außenpolit­ischen Berater des iranischen Führers Ayatollah Ali Khamenei, den Unmut der Saudis hervorgeru­fen. Das Königshaus soll zudem den älteren Bruder Saad Hariris, Bahaa, mit dem er sich überworfen hat, als Premiermin­ister favorisier­en.

Die USA und Frankreich warnten vor einer Destabilis­ierung des Libanon. Nach Präsident Macron wird auch Außenminis­ter Jean-Yves Le Drian demnächst nach Riad reisen – und später auch nach Teheran. (vier)

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