Maduro setzt auf Russland und China
Venezuela. Das Regime des ölreichen Landes steht mit dem Rücken zur Wand. Der Staatsbankrott rückt näher.
Buenos Aires/Caracas. Freundschaft verbindet, diese Maxime gilt vor allem in schweren Zeiten. Am Wochenende ließ die venezolanische Regierung im Zentrum von Caracas eine Lenin-Büste enthüllen. Dass dieser Akt 100 Jahre nach der Oktoberrevolution live im venezolanischen Staatsfernsehen übertragen wurde, sendete die russische Nachrichtenagentur Tass pflichtbewusst heim nach Moskau, wo Venezuelas letzte halbwegs zahlungskräftige Genossen regieren.
Vorige Woche war Russland der erste und bisher einzige von Venezuelas vielen Gläubigern, der einer Restrukturierung eines Teils der Schulden zustimmte. Russland schreibt etwa drei Milliarden Dollar an, insgesamt steht Venezuela in Moskau mit mindestens acht Milliarden Dollar in der Pflicht. In den letzten Jahren haben die Russen etwa zehn Milliarden Dollar in das krisengeschüttelte Land an der Karibikküste investiert. Das ist freilich nur ein kleiner Teil der venezolanischen Auslandsschulden, die zwischen 120 und 150 Milliarden betragen sollen.
Diese will die Regierung in Caracas in den nächsten Monaten umschulden, wie Präsident Maduro am Sonntag im Live-TV bekräftigte. „Unsere Strategie besteht darin, die gesamten Verbindlichkeiten des Staates zu restrukturieren.“Maduro versicherte auch, dass Verhandlungen mit China „perfekt vorankommen“. Peking hat mindestens 28 Milliarden Dollar ausstehen, die Venezuela mit Öllieferungen begleichen will.
Doch diese Zahlungsmodalität muss wohl bezweifelt werden, denn ein allfälliger Staatsbankrott würde Venezuela wahrscheinlich seine Tankerflotte kosten, die Öllieferungen nach China stünden infrage.
Gestern, Montag, empfingen die Venezolaner im „weißen Palast“gegenüber dem Regierungssitz Miraflores Vertreter jener Gläubiger, die börsenotierte Titel halten. Dabei geht es um ein Schuldenvolumen von etwa 60 Milliarden Dollar. „Wir laden alle Investoren herzlich ein, an dieser Konferenz teilzunehmen“, hatte Finanzminister Simon´ Zerpa am Samstag gesagt. Zerpa ist in Personalunion auch Chef der staatlichen Ölgesellschaft PDVSA, die trotz der laut Opec mächtigsten Rohstoffreserven der Welt zu den höchstverschuldeten Petrokonzernen der Welt gehört. Zerpa steht in den USA unter Korruptionsverdacht, weshalb sich sein Name auf einer stetig anwachsenden schwarzen Liste der US-Regierung findet, was ihm Geschäftskontakte mit den USA verbietet.
Das hinderte Nicolas´ Maduro freilich nicht daran, Zerpa als einen der sechs venezolanischen Verantwortlichen für die Umschuldungsverhandlungen zu nominieren. Diese werden vom Vizepräsidenten, Tareck El Aissami, geleitet, einem Anwalt, den die USA als Organisator des staatlich organisierten Drogenexports in die USA suchen. Wie Maduro mit solchem Personal einen Deal mit Wall-Street-Firmen hinbekommen will, ist ein Rätsel. Das US-Embargo verbietet es US-Banken zudem, Venezuela neues Geld zu leihen.
EU beschließt späte Sanktionen
Am Montag beschloss auch die EU erste Zwangsmaßnahmen gegen Venezuela. Zunächst verboten die EU-Außenminister den Waffenhandel mit dem Maduro-Regime und beschlossen die Vorbereitung von Embargos gegen Vertreter des Regimes.
Für die vergleichsweise späte Reaktion in Brüssel dürften auch mehrere Ereignisse der letzten Zeit ausschlaggebend gewesen sein. Vor zwei Wochen beklagte die Opposition massiven Betrug bei den Wahlen für die Gouverneursämter. Ohne die Anwesenheit internationaler Wahlbeobachter siegten Regierungskandidaten in 19 von 24 Bundesstaaten. Vorige Woche schließlich erließ die umstrittene Verfassungsgebende Versammlung ein „Gesetz gegen den Hass“, das, so fürchten Menschenrechtler, zu einem Vehikel werden könnte, um sämtlichen Dissens auszuschalten. Allen, die „Hass“verbreiten, drohen nun mindestens zehn Jahre in den überfülltesten und tödlichsten Gefängnissen Südamerikas.