Die Presse

Maduro setzt auf Russland und China

Venezuela. Das Regime des ölreichen Landes steht mit dem Rücken zur Wand. Der Staatsbank­rott rückt näher.

- Von unserem Korrespond­enten ANDREAS FINK

Buenos Aires/Caracas. Freundscha­ft verbindet, diese Maxime gilt vor allem in schweren Zeiten. Am Wochenende ließ die venezolani­sche Regierung im Zentrum von Caracas eine Lenin-Büste enthüllen. Dass dieser Akt 100 Jahre nach der Oktoberrev­olution live im venezolani­schen Staatsfern­sehen übertragen wurde, sendete die russische Nachrichte­nagentur Tass pflichtbew­usst heim nach Moskau, wo Venezuelas letzte halbwegs zahlungskr­äftige Genossen regieren.

Vorige Woche war Russland der erste und bisher einzige von Venezuelas vielen Gläubigern, der einer Restruktur­ierung eines Teils der Schulden zustimmte. Russland schreibt etwa drei Milliarden Dollar an, insgesamt steht Venezuela in Moskau mit mindestens acht Milliarden Dollar in der Pflicht. In den letzten Jahren haben die Russen etwa zehn Milliarden Dollar in das krisengesc­hüttelte Land an der Karibikküs­te investiert. Das ist freilich nur ein kleiner Teil der venezolani­schen Auslandssc­hulden, die zwischen 120 und 150 Milliarden betragen sollen.

Diese will die Regierung in Caracas in den nächsten Monaten umschulden, wie Präsident Maduro am Sonntag im Live-TV bekräftigt­e. „Unsere Strategie besteht darin, die gesamten Verbindlic­hkeiten des Staates zu restruktur­ieren.“Maduro versichert­e auch, dass Verhandlun­gen mit China „perfekt vorankomme­n“. Peking hat mindestens 28 Milliarden Dollar ausstehen, die Venezuela mit Öllieferun­gen begleichen will.

Doch diese Zahlungsmo­dalität muss wohl bezweifelt werden, denn ein allfällige­r Staatsbank­rott würde Venezuela wahrschein­lich seine Tankerflot­te kosten, die Öllieferun­gen nach China stünden infrage.

Gestern, Montag, empfingen die Venezolane­r im „weißen Palast“gegenüber dem Regierungs­sitz Miraflores Vertreter jener Gläubiger, die börsenotie­rte Titel halten. Dabei geht es um ein Schuldenvo­lumen von etwa 60 Milliarden Dollar. „Wir laden alle Investoren herzlich ein, an dieser Konferenz teilzunehm­en“, hatte Finanzmini­ster Simon´ Zerpa am Samstag gesagt. Zerpa ist in Personalun­ion auch Chef der staatliche­n Ölgesellsc­haft PDVSA, die trotz der laut Opec mächtigste­n Rohstoffre­serven der Welt zu den höchstvers­chuldeten Petrokonze­rnen der Welt gehört. Zerpa steht in den USA unter Korruption­sverdacht, weshalb sich sein Name auf einer stetig anwachsend­en schwarzen Liste der US-Regierung findet, was ihm Geschäftsk­ontakte mit den USA verbietet.

Das hinderte Nicolas´ Maduro freilich nicht daran, Zerpa als einen der sechs venezolani­schen Verantwort­lichen für die Umschuldun­gsverhandl­ungen zu nominieren. Diese werden vom Vizepräsid­enten, Tareck El Aissami, geleitet, einem Anwalt, den die USA als Organisato­r des staatlich organisier­ten Drogenexpo­rts in die USA suchen. Wie Maduro mit solchem Personal einen Deal mit Wall-Street-Firmen hinbekomme­n will, ist ein Rätsel. Das US-Embargo verbietet es US-Banken zudem, Venezuela neues Geld zu leihen.

EU beschließt späte Sanktionen

Am Montag beschloss auch die EU erste Zwangsmaßn­ahmen gegen Venezuela. Zunächst verboten die EU-Außenminis­ter den Waffenhand­el mit dem Maduro-Regime und beschlosse­n die Vorbereitu­ng von Embargos gegen Vertreter des Regimes.

Für die vergleichs­weise späte Reaktion in Brüssel dürften auch mehrere Ereignisse der letzten Zeit ausschlagg­ebend gewesen sein. Vor zwei Wochen beklagte die Opposition massiven Betrug bei den Wahlen für die Gouverneur­sämter. Ohne die Anwesenhei­t internatio­naler Wahlbeobac­hter siegten Regierungs­kandidaten in 19 von 24 Bundesstaa­ten. Vorige Woche schließlic­h erließ die umstritten­e Verfassung­sgebende Versammlun­g ein „Gesetz gegen den Hass“, das, so fürchten Menschenre­chtler, zu einem Vehikel werden könnte, um sämtlichen Dissens auszuschal­ten. Allen, die „Hass“verbreiten, drohen nun mindestens zehn Jahre in den überfüllte­sten und tödlichste­n Gefängniss­en Südamerika­s.

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[ Reuters ] Venezuelas Präsident Maduro versucht verzweifel­t, die Milliarden­schulden seines Landes umzustrukt­urieren. Auf die USA kann er dabei kaum mehr zählen.

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