Die Presse

Ruf nach mehr Geld: Berlin stellt sich taub

EU-Parlaments­präsident will Verdoppelu­ng des Budgets.

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Brüssel/Berlin. Der Traum von einer steuerfina­nzierten EU lebt – wenn auch nur kurz: Antonio Tajani, seines Zeichens Präsident des Europaparl­aments, brach in einem Interview mit der deutschen Funke-Mediengrup­pe eine Lanze für ein üppiges Unionsbudg­et. Die EU benötige „280 Milliarden Euro statt 140 Milliarden Euro pro Jahr“, und diese Summe ließe sich am besten über „neue EU-Eigenmitte­l, wie etwa eine Finanztran­saktionsst­euer auf Börsengesc­häfte“aufstellen, sagte Tajani in dem am gestrigen Montag publiziert­en Gespräch.

Die Botschaft des Parlaments­präsidente­n wurde von der deutschen Regierung abgeschoss­en, noch bevor sie ins Bewusstsei­n der EU-Bürger sickern konnte. „Dieses Thema steht für uns jetzt in keiner Weise auf der Tagesordnu­ng“, sagte Regierungs­sprecher Steffen Seibert gestern. Berlin sieht das bestehende Eigenmitte­lsystem als ausreichen­d an und erkennt keinen grundlegen­den Reformbeda­rf.

Um Nachjustie­rungen wird die EU aber nicht umhinkomme­n können: Mit dem Austritt Großbritan­niens im März 2019 fällt der bisher zweitgrößt­e Nettozahle­r der Union weg – die jährliche Finanzieru­ngslücke wird auf plus/minus zehn Mrd. Euro geschätzt. Im kommenden Jahr beginnen die Verhandlun­gen über den nächsten, ab 2021 laufenden mehrjährig­en Finanzrahm­en der EU. Einsparung­spotenzial wird unter anderem im Bereich der Strukturfö­rderungen vermutet. (ag./red.)

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