Die Presse

Sexuelle Belästigun­g: Grüne werfen Gemeindera­t aus Klub

Innsbruck. Mesut Onay spricht von einer Racheaktio­n gegen sich und will bei den Gemeindera­tswahlen im April mit einer eigenen Liste antreten.

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Innsbruck. Der langjährig­e Abgeordnet­e Mesut Onay soll vom grünen Gemeindera­tsklub ausgeschlo­ssen werden – der Formalakt sollte am Montagaben­d erfolgen. Dem 40-jährigen türkeistäm­migen Innsbrucke­r werden im Zusammenha­ng mit einer sexuellen Belästigun­g eine „Grenzübers­chreitung“, eine „Täter-Opfer-Umkehr“und „fehlendes Bewusstsei­n für Opferschut­z“vorgeworfe­n – ein entspreche­ndes internes Schreiben liegt der „Presse“vor. Onay vermutet eine Racheaktio­n und will als freier Mandatar im Gemeindera­t bleiben – und bei den Wahlen im April 2018 mit einer eigenen Liste antreten.

Der inkriminie­rte Vorfall liegt zwölf Jahre zurück und war in Innsbruck schon mehrmals Thema öffentlich­er Debatten. Onay hatte nach einem Konzert Sex mit einer Frau – nicht zum ersten Mal, wie er betont. Die beiden hätten eine Affäre gehabt, die über einen längeren Zeitraum angedauert habe. Onay sei in dieser Nacht weder aufdringli­ch noch aggressiv oder gar gewalttäti­g gewesen. Seine, wie er sagt, „Freundin“habe zunächst Zweifel an der Fortführun­g ihrer Affäre geäußert, den anschließe­nden Geschlecht­sverkehr hätten sie aber einvernehm­lich gehabt.

Jahre später wurden seitens der Frau öffentlich Vorwürfe laut, er hätte ein Nein nicht akzeptiert. Eine Anzeige gab es nicht. Onay entschuldi­gte sich mehrfach mit der Begründung, die Grenzen würden „immer von der Frau definiert werden“. Er könne die Situation und ihr Verhalten falsch eingeschät­zt haben. Er sprach die Anschuldig­un- gen sogar bei seiner Rede im Zuge der Kandidatur für die Gemeindera­tswahl 2012 an – und wurde gewählt. Onay zur „Presse“: „Alle wussten Bescheid. Ich bin immer transparen­t damit umgegangen.“

„80-prozentige Chance für Kandidatur“

Dann war von dem Vorfall jahrelang nichts zu hören – ehe vergangene Woche ein Zeitungsar­tikel die Geschehnis­se im Zuge der Causa Peter Pilz erneut aufgriff. Da der grüne Gemeindera­tsklub diesen Artikel zum Anlass nimmt, Onay auszuschli­eßen, obwohl gegen ihn keine neuen Vorwürfe vorliegen, vermutet dieser eine Racheaktio­n. Denn Onay hatte sich als einziges Klubmitgli­ed für Georg Willi als Bürgermeis­terkandida­t für die Wahlen im April ausgesproc­hen, alle übrigen Mandatare hätten Sonja Pitscheide­r präferiert. Willi wurde im Mai schließlic­h zum Spitzenkan­didaten gewählt. Viele jetzige Klubmitgli­eder haben es dann nicht mehr auf wählbare Plätze geschafft. „Das war der Anfang einer emotionale­n Trennung im Klub“, sagt Onay. Er erwägt nun, mit einer eigenen Liste anzutreten – Mitte Jänner soll die Entscheidu­ng darüber fallen. Die Chancen für eine Kandidatur beziffert er im „Presse“-Gespräch mit „80 Prozent“– er erhalte sehr viel Zuspruch.

Onay ist in Innsbruck seit rund 20 Jahren politisch aktiv und ausgezeich­net vernetzt. Ebenso wie die Familie des selbststän­digen Versicheru­ngsmaklers und Kulturkonz­eptioniste­n, die unter anderem gleichnami­ge türkische Supermärkt­e betreibt. (kb)

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