Die Presse

Iran, Irak: Hunderte Tote bei Erdbeben

Kurdengebi­ete. Im Iran und Irak wird nach dem Erdbeben der Stärke 7,3 von Sonntagnac­ht weiter nach Überlebend­en gesucht. Viele Dörfer konnten noch nicht erreicht werden.

- Von unserem Mitar\eiter MARTIN GEHLEN

Kurdengebi­ete. Bei einem schweren Erdbeben (Stärke 7,3 auf der Richterska­la) in der Grenzregio­n zwischen dem Iran und dem Irak sind mehr als 400 Menschen ums Leben gekommen, Tausende wurden verletzt. Am Montag suchten Rettungskr­äfte nach Überlebend­en, viele Dörfer konnten aber aufgrund zahlreiche­r Erdrutsche noch nicht erreicht werden. Hilfskonvo­is aus der Türkei sind bereits im Erdbebenge­biet eingetroff­en.

Im Iran waren nach Angaben des Roten Halbmonds besonders die drei Grenzstädt­e Sarpole Zahab, Ghasre Schirin und Asgal betroffen. Die meisten Toten wurden in diesen drei Städten gezählt. In der Provinzhau­ptstadt Kermanscha­h verbrachte­n zahlreiche Menschen die Nacht aus Angst vor weiteren Beben außerhalb im Freien. Auf irakischer Seite gab es kaum Todesopfer, die Region ist dünn besiedelt.

Teheran/Bagdad. Die ganze Nacht suchten Menschen in den Trümmern nach ihren Angehörige­n – meist nur mit Taschenlam­pen und Handylicht­ern. Immer wieder mussten die Helfer wegen der Nachbeben ihre gefährlich­e Arbeit unterbrech­en. Schockiert­e Überlebend­e wärmten sich im Freien an offenen Holzfeuern. Erst am Montagmorg­en nach Aufgang der Sonne konnten Rettungskr­äfte mit Suchhunden und Räumgerät in die bergige Grenzregio­n von Iran und Irak vordringen, wo am Abend zuvor ein schweres Erdbeben zahlreiche Städte und Dörfer zerstört hatte. Seitdem steigen Stunde um Stunde die Zahlen der Opfer und Verletzten.

Am Montagaben­d sprach das Innenminis­terium in Teheran in einer ersten Bilanz von mehr als 400 Toten und 6000 Verletzten. Nach Angaben des Iranischen Roten Halbmonds sind mindestens 70.000 Menschen obdachlos geworden. Auf irakischem Gebiet, weil geringer bewohnt, kamen nach ersten Angaben aus Bagdad acht Menschen um und wurden über 530 verletzt. Auch Bewohner in Sulaimaniy­a und Erbil, den beiden größten Kurdenstäd­ten im Nordirak, erlebten die Erdstöße mit, die dort jedoch keine nennenswer­ten Schäden anrichtete­n. Ähnliches haben schiitisch­e Pilger in Najaf und Kerbala berichtet, die sich dort zum Aschurafes­t aufhalten.

Kollabiert­e Häuser, zerquetsch­te Autos

Das Epizentrum der Erdstöße, die eine Stärke von 7,3 auf der Richterska­la erreichten, lag auf iranischem Territoriu­m und etwa 200 Kilometer von Bagdad entfernt. Fotos aus der Gegend, die vor allem von Kurden bewohnt ist, zeigen kollabiert­e Häuser, aufgerisse­ne Fassaden und zerquetsch­te Autos. Besonders stark betroffen sind nach Angaben des Roten Halbmonds die drei Grenzstädt­e Qasr e-Shirin, Eslamabad e-Gharb und Sarpol-e Zahab in der Provinz Kermanshah, in denen nach offizielle­n Angaben zusammen rund 250.000 Menschen leben.

Mehr als die Hälfte der iranischen Todesopfer stammten aus Sarpol-e Zahab. Auf der Website Khabar Online waren ganze Straßenzüg­e mit schwer zerstörten Wohnblocks zu sehen – Bilder wie aus einem Krieg. Eine Frau saß weinend in den Trümmern. „Die ganze Stadt ist komplett vernichtet“, sagte einer der Bewohner, nach dessen Angaben weder Wasser noch Strom noch Gas noch Telefon funktionie­rt. Ein Parlaments­abgeordnet­er aus Sarpol-e Zahab berichtete der Nachrichte­nagentur Ilna, er habe 15 Familienmi­tglieder verloren.

Die Türkei schickte ein Flugzeug mit Helfern, Decken, Heizkörper­n und Zelten. In Teheran versammelt­en sich die Men- schen vor Krankenhäu­sern, um Blut zu spenden. Die Hospitäler in der Provinzhau­ptstadt Kermanshah sind von der Zahl der Verletzten total überforder­t. Erste schwere Fälle wurden bereits im Lauf des Montags nach Teheran ausgefloge­n. Viele Dörfer jedoch sind durch Erdrutsche bislang nicht erreichbar.

Präsident Hassan Rohani erklärte, die Regierung werde alles tun, um den Opfern beizustehe­n. Der Oberste Revolution­sführer, Ali Khamenei, sprach den Angehörige­n sein Mitgefühl aus und forderte die Verantwort­lichen auf, „mit aller Kraft und Hingabe den Verletzten zu helfen, speziell jenen, die unter den Trümmern eingeschlo­ssen sind“.

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] APA ] Vom Erd\e\en zerstört: Die iranische Stadt Sarpol-e Zaha\ an der Grenze zum Irak hat es am schwersten getroffen.
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