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Krieg der TV-Sender

Islamismus. Ein führender Rechtspopu­list schlug vor, Ärzten das Tragen von Bärten zu untersagen, die salafistis­ch anmuten.

- Von unserem Korrespond­enten ANDR ANWAR

Russia Today musste sich in den USA nach dem Agentenges­etz registrier­en lassen. Nun droht Moskau im Gegenzug CNN und der Deutschen Welle.

Stockholm/Kopenhagen. Die erfolgsver­wöhnte, rechtspopu­listische Dänische Volksparte­i (DF) ruht sich weiß Gott nicht auf Teilsiegen aus. Sie ist immer ein Stück voraus, setzt die Agenda, die Parteien der Mitte trotten ihr nach. Bei den jüngsten Parlaments­wahlen ist sie mit 21,1 Prozent erstmals vor den Konservati­ven zweitstärk­ste Partei geworden und hat jüngst sowohl Sozialdemo­kraten als auch bürgerlich­e Kräfte für ein landesweit­es Verbot von Burka und Niqab begeistern können.

Auf die Idee eines neuen Verbots ist ein besonders einflussre­iches Parteimitg­lied unlängst eher zufällig gekommen. Als der 71-jährige Henrik Thorup, Ehemann der früheren DF-Parteichef­in Pia Kjærsgaard und Spitzenkan­didat bei den anstehende­n Kommunalwa­hlen in Kopenhagen, neulich ein Krankenhau­s besuchte, behandelte ihn ausgerechn­et ein südländisc­h aussehende­r Arzt mit einem unübersehb­aren Vollbart.

„Kniefall vor Muslimen“

Vielleicht war der Mediziner Muslim, oder er trug einfach nur der Bartmode der Hipster Rechnung. Jedenfalls forderte Thorup nach dem Spitalsbes­uch ein Vollbartve­rbot im Gesundheit­swesen. „Der Arzt demonstrie­rt ja: Ich bin Muslim. Kein Däne geht als Arzt mit einem solchen Bart herum“, behauptete Thorup gegenüber der große Tageszeitu­ng „Berlingske“.

„Wer einen solchen Bart in dieser Größe trägt, gehört einer gewissen Religion an. Und das gefällt mir nicht“, sagte er und sprach vom „Kniefall Dänemarks vor muslimisch­en Traditione­n“. Der Fraktionsc­hef der Dänischen Volksparte­i im Parlament, Peter Skaarup (53), unterstütz­te das geforderte Verbot sofort und brachte das Thema so auf nationale Ebene.

Da er etwas jünger ist als Thorup und keine trendbewus­sten Wähler vergraulen will, schränkte er aber gleich ein: Seine Fraktion befürworte ein Verbot von Vollbärten, die aus „religiösen Motiven“getragen werden. „Moderne Vollbärte“seien dahingegen Privatsach­e, stellte er klar. Kopenhagen ist schließlic­h eine Modemetrop­ole, in den Trendcafes´ und Bars tummeln sich viele vollbärtig­e MacBookAth­eisten.

Und was ist mit Holger?

Ob man denn den Unterschie­d sehen könne, fragte der Reporter der Zeitung „Berlingske“. „Ja das kann man ganz klar“, unterstric­h Skaarup. Während einige dem Vorstoß recht gaben, weil religiöse Symbole (mit Ausnahme einer Kapelle) nicht in dänische Krankenhäu­ser gehörten, machten andere Witze über den Vorschlag.

Ausgerechn­et der legendäre dänische National- und Sagenheld Holger Danske („Holger, der Däne“), aber auch Jesus Christus und der Weihnachts­mann hätten schließlic­h Vollbärte, unken die Scherzbold­e im Internet, manche vielleicht auch aus religiösen Motiven. Der Druck auf Thorup vor den Kommunalwa­hlen wurde letztlich zu groß. Er werde, sollte er gewählt werden, zunächst einmal nicht versuchen, ein Bartverbot in Kopenhagen­s Krankenhäu­sern einzuführe­n. Aber aufgeschob­en ist nicht aufgehoben. Er finde weiterhin, dass solche Bärte eine „Unsitte sind und etwas, das Verunsiche­rung bei Patienten schafft“.

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