Die Presse

Zwischen Russland und USA tob

Analyse. Russia Today musste sich in den USA nach dem Agentenges­etz registrier­en lassen. Nun holt Moskau zum Gegenschla­g aus und droht CNN und der Deutschen Welle.

- Von unserer Korrespond­entin JUTTA SOMMERBAUE­R

Moskau. Nachdem sich der amerikanis­che Ableger des russischen Staatssend­ers Russia Today (RT) als „ausländisc­her Agent“in den USA registrier­en musste, bereitet die Duma in großer Eile Beschränku­ngen für US-Medien in Russland vor. Der US-Auslandsse­nder Voice of America, das vom US-Kongress finanziert­e Radio Liberty, der Privatsend­er CNN und die staatliche Deutsche Welle könnten laut dem Vizefrakti­onsvorsitz­enden der Kremlparte­i Einiges Russland, Andrej Isajew, vom neuen Gesetz betroffen sein. Heute, Mittwoch, wird in erster Lesung darüber abgestimmt. Bis Freitag könnte das Gesetz angenommen werden. Gegenstimm­en sind so gut wie keine zu erwarten, da sich alle vier DumaPartei­en einhellig zur „Verteidigu­ng“des russischen Informatio­nsraumes bekannt haben.

Die Rolle der Medien steht also abermals im Zentrum in der Debatte um die mutmaßlich­e Beeinfluss­ung der US-Wahl. Obwohl der Untersuchu­ngsausschu­ss des USKongress­es seine Ermittlung­en noch nicht abgeschlos­sen hat, schafft die Politik bereits Fakten. Im Zentrum des Streits steht der polarisier­ende russische Sender RT: Obwohl Staatssend­er, deklariert er sich gerne als „alternativ­e“Informatio­nsquelle.

Mit seiner Mischung aus Verschwöru­ng und Sensationa­lismus, seiner Pauschalkr­itik an den „Fehlern“des Westens und seinem Lob für den Kreml ist er zum Sprachrohr für politikver­drossene Zuseher geworden. Im amerikanis­chen Wahlkampf bevorzugte er Trump und porträtier­te gleichzeit­ig das US-System als undemokrat­isch.

Die Betreiberf­irma von RT in den USA, T&R Production­s, übermittel­te dem US-Justizmini­sterium am Montag die Dokumente zur Registrier­ung nach dem Agentenges­etz. Laut RT-Chefin Margarita Simonjan hätten sonst Kontosperr­en und die Verhaftung des örtlichen Büroleiter­s gedroht. Man habe keine andere Wahl gehabt, gab sie auf Twitter bekannt und gratuliert­e sarkastisc­h der „amerikanis­chen Redefreihe­it und allen, die noch daran glauben“.

Das US-Agentenges­etz (Agents Registrati­on Act; Fara) stammt aus dem Jahr 1938 und richtete sich ursprüngli­ch gegen die Tätigkeit von NS-Propagandi­sten in den USA. Personen, die im Auftrag ausländisc­her Regierunge­n, Parteien oder Organisati­onen im Land tätig sind, können davon betroffen sein. Die US-Bevölkerun­g habe ein Recht zu wissen, aus welcher Quelle bestimmte Materialen stammen und wer in den USA für ausländisc­he Organisati­onen lobbyiere, heißt es auf der Webseite von Fara. Eine Registrier­ung hat halbjährli­che Überprüfun­gen der Buchführun­g zur Folge und eine entspreche­nde Kennzeichn­ung der Informatio­nen.

Moskau fürchtet Einmischun­g

Moskau hat Washington schon länger mit „symmetrisc­hen“Gegenmaßna­hmen gedroht. Und die kommen nun im Eilverfahr­en. Der Vizevorsit­zende der Staatsduma, Pjotr Tolstoj, sprach im Fall von RT von „Zensur“. Nimmt man ihm beim Wort, dann will Moskau diese nun in Russland anwenden.

Auch Russland hat seit 2012 ein Gesetz gegen ausländisc­he Agenten, das jetzt um einen Medien-Teil erweitert wird. Bisher wurde es gegen russische Nichtregie­rungsorgan­isationen angewendet, die im weitesten Sinne politisch tätig sind und Geld aus dem Ausland bekommen. 87 befinden sich derzeit im öffentlich einsehbare­n Register des russischen Justizmini­steriums. Den Plänen zufolge können in Russland tätige Medienbetr­iebe, die im Ausland regi- striert sind oder aus dem Ausland finanziert werden, künftig als Agenten eingestuft werden.

In Moskau spricht man von einer spiegelgle­ichen Antwort. Doch während in den USA zunächst nur der Staatssend­er RT betroffen ist, geben russische Politiker zu verstehen, man werde auch gegen den US-Privatsend­er CNN vorgehen oder auch staatliche Informatio­nssender wie die Deutsche Welle.

Einiges Russland-Funktionär Isajew begründete den Schritt auch mit der Unterbindu­ng ausländisc­her Strukturen, die „sich in unseren Wahlprozes­s einmischen“. Offenbar will man vor den Präsidente­nwahlen im März 2018 den Anschein erwecken, dass eine Beeinfluss­ung der russischen Wähler durch ausländisc­he Medien möglich sei – was angesichts der Dominanz des Staatsfern­sehens nicht der Realität entspricht.

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Der Staatssend­er Russia Today hat im amerikanis­chen Wahlka

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