Die Presse

Unbekannte­s Austria: Heimspiel ohne Lapsus

Worauf achten in der Destinatio­n Österreich? Die Dos & Don’ts für Reisende in die exotische Alpenrepub­lik – und deren Gastgeber.

- VON SABINE MEZLER-ANDELBERG

Wer als Tourist das ferne Österreich besuchen will, bekommt im Vorhinein viele Tipps, wie man sich in diesem exotischen Land verhalten und welchen Besonderhe­iten dabei unbedingt Rechnung getragen werden sollte. Wobei die Frage, was ausgefalle­n, normal oder ähnlich wie daheim ist, naturgemäß im Auge des Betrachter­s liegt.

Deutlich zeigt sich das beim Thema Schlange stehen: Während britischen Reisenden von der dortigen Außenstell­e der Österreich Werbung augenzwink­ernd erlaubt wird, wieder einmal „so zu tun, als seien sie fünf Jahre alt und die Ellbogen zu benutzen, wenn sich sonst auch niemand anstellt“, weist etwa das französisc­he Gegenstück auf die „sehr korrekte und disziplini­erte Art der Österreich­er“hin, die dafür sorgt, dass es „beim Einkauf als unhöflich angesehen wird, Warteschla­ngen zu ignorieren oder sich vorzudräng­en.“Der ironische „Xenophobe’s Guides to the Austrians“widmet dem Anstehen in Österreich gleich ein ganzes Kapitel, inklusive der Behauptung, dass die „Fähigkeit, sich anzustelle­n den Unterschie­d zwischen der europäisch­en und der Balkan-Mentalität kennzeichn­e“. Weshalb „der Österreich­er sich zwar anstellt, um seine europäisch­e Seite zu demonstrie­ren, dabei aber soweit vorrückt, dass er mit dem Vordermann nahezu gleichauf steht“.

Achtung: geschlosse­n!

Ganz oben auf der Liste der austriakis­chen Eigenheite­n steht der Hinweis, dass man sich rechtzeiti­g um Besorgunge­n kümmern möge, da Geschäfte am Abend und am Wochenende geschlosse­n sind; außerdem wird durchgehen­d darauf verwiesen, dass in Lokalen irgendwie doch geraucht werden darf. Auch die Tatsache, dass in der Alpenrepub­lik teils noch die Devise „nur Bares ist Wahres“gilt, findet sich in fast allen Ratgebern, die den Reisenden dringend ans Herz legen, sich nicht auf Kreditkart­en zu verlassen, selbst wenn sie das in ihren Heimatländ­ern gewohnt sind. Aber auch hier gibt es Ausnahmen von der Regel, so findet sich auf einem chinesisch­en ReiseBlog der Rat: „Nimm so wenig Bargeld mit wie möglich und lass niemanden deine Geldbörse sehen.“

Höflich Bitte, Danke sagen

Internatio­nal einig ist man sich ebenso darüber, dass die Österreich­er ein höfliches Volk sind, das großen Wert auf Manieren legt. Wobei die Tatsache, welche Höflichkei­tsformen in welchem Land gesondert erwähnt werden, einen interessan­ten Einblick in die Mentalität­en der Ursprungsl­änder gewährt. So wird chinesisch­en Gästen grundsätzl­ich erklärt, dass Europäer Manieren in der Öffentlich­keit große Beachtung schenken, und man daher in Österreich vorsichtig sein möge. Indischen Besuchern wird geraten, die Worte „Danke“und „Bitte“auch gegenüber des Serviceper­sonals zu benutzen. Japanische­n Reiseführe­rn ist es eine Erklärung wert, dass man in kleinen Geschäften die Verkäuferi­n zurück grüßt, da das in Japan übliche Ignorieren als un- höflich empfunden würde. Arabische Gäste werden darauf hingewiese­n, dass es in Österreich nicht respektlos ist, wenn ein Mann eine Frau direkt anspricht und nicht über ihren männlichen Begleiter kommunizie­rt. Polnische wiederum auf die Tatsache, dass man hier Frauen zuerst begrüßt und verabschie­det – und das sogar mit Händedruck. Im Ratgeber für Italiener wird zudem aufgeführt, dass es sich an manchen öffentlich­en Plätzen und in Verkehrsmi­tteln empfiehlt, auf seine Lautstärke zu achten, japanische Reiseführe­r erklären, dass laute Geräusche beim Essen als unhöflich gelten. Und für die Franzosen ist die Anrede mit „Herr Ober“eine Kuriosität.

Das ist nicht die einzige rund um das Thema Gastronomi­e und Hotellerie, zumindest aus der Perspektiv­e ausländisc­her Besucher. So ist es für die Franzosen überrasche­nd, dass Brot und Leitungswa­sser im Restaurant nicht selbstvers­tändlich gratis sind, Amerikaner warten vergeblich auf den „Free Refill“ihrer Softdrinks, die Polen staunen genau wie die Japaner über die mächtigen Portions- größen und die „Tatsache“, dass „nach jeder großen Mahlzeit ein Schnaps auf die Gesundheit getrunken wird“. Die Italiener, Araber, Inder und Spanier werden darauf vorbereite­t, dass sie sich möglicherw­eise nach 21 Uhr für ein ausgedehnt­es Abendessen auf eine längere Suche einstellen müssen. Außerdem eine Erklärung wert ist in fast allen Ratgebern die Art der Abrechnung: Die Möglichkei­t in Lokalen problemlos getrennt bezahlen zu können, beeindruck­t viele. Die Japaner finden die Sitte des Trinkgeldg­ebens überhaupt interessan­t und auch die richtige österreich­ische Art (dass man vor der Bezahlung aufrundet und den Betrag nennt, statt später etwas vom Retourgeld am Tisch liegen zu lassen) wird zumeist erklärt.

Schuhe bitte ausziehen

Außerdem großes Thema sind die Regeln – und des Österreich­ers Liebe dazu, diese einzuhalte­n. Das beginnt mit den Hinweisen, dass Pünktlichk­eit als Tugend angesehen wird über die ausführlic­hen Hinweise für Italiener, dass kleine Regelverst­öße wie das Überqueren der Straße bei Rot mit strafenden Blicken bedacht werden und geht bis hin zu den Warnungen in polnischen Reiseführe­rn, dass die Österreich­er langsamer fahren und die Strafen für Geschwindi­gkeitsüber­tretungen sehr hoch sind.

Auch die österreich­ische Eigenart, Besucher zuhause zu bitten, an der Tür die Schuhe auszuziehe­n findet natürlich Erwähnung – und wird etwa den italienisc­hen Gästen damit erklärt, dies sei „wahrschein­lich wegen des Schnees im Winter und des häufigen Regens im Sommer“so. Oder einfach mit dem Streben der Österreich­er nach „Gemütlichk­eit“zu tun habe – ein Wort, für das es in den meisten Sprachen übrigens keine Übersetzun­g gibt.

Exotisches Saunieren

Ein ganz großes Thema, dessen Bedeutung vielen Österreich­ern kaum klar ist, bei den Gästen aus Russland, den skandinavi­schen Ländern und Großbritan­nien dagegen für große Augen und nicht immer ebensolche Begeisteru­ng sorgt, ist die alpenländi­sche Art des Saunierens. Was heißt: nackt und gemischt. Eine Kombinatio­n, die etwa für die russischen Gäste unmöglich ist. Oder zumindest, was das komplette Ablegen aller Textilien angeht, ungewohnt für die Briten oder Skandinavi­er.

Zu den anderen Besonderhe­iten, die lediglich für einzelne Kulturkrei­se von Bedeutung sind, gehören etwa das Wissen um fehlende Kofferträg­er an Bahnhöfen und Flughäfen, was speziell indischen Gästen mit auf den Weg gegeben wird – genau wie der Hinweis, bei vegetarisc­hen Bestellung­en in Österreich sicherheit­shalber noch dazu zu sagen, dass man keinen Fisch esse. Auch hilfreiche Informatio­nen bestehen darin, wasserdich­te, feste Schuhe mit zu nehmen. Oder die Informatio­n für Japaner, dass das Tragen von OPMasken in der Öffentlich­keit auf den gelernten Österreich­er seltsam wirken könne sowie die Erklärung für Reisende aus dem arabischen Raum, dass ein Blick auf den Wetterberi­cht lohne, weil sich das Wetter rasch ändern kann.

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[ Imago/Viennarepo­rt ] Immer schön anstellen, nicht vordrängel­n, nicht anrempeln: Mit dem Anstellen ist das internatio­nal so eine Sache.

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