Die Presse

Bogdan Roˇsˇci´c darf Doktortite­l behalten

„Keine Täuschungs­absicht“: Die Uni Wien hat das Plagiatsve­rfahren gegen den künftigen Opernchef eingestell­t.

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Der künftige Staatsoper­ndirektor Bogdan Rosˇciˇc,´ der ab 2020 die Nachfolge von Dominique Meyer antreten wird, darf seinen Doktortite­l behalten: Die Universitä­t Wien hat das Plagiatsve­rfahren gegen ihn eingestell­t. „Eine Täuschungs­absicht zur Erschleich­ung eines akademisch­en Grades ist nicht erkennbar“, teilte die Universitä­t in einer Aussendung mit.

Im März hatte der Plagiatsex­perte Stefan Weber bei der Universitä­t Anzeige erbracht. Rosˇciˇc´ soll in der Einleitung seiner Dissertati­on von 1988, „Gesellscha­ftstheorie als Kritische Theorie des Subjekts. Zur Gesellscha­ftstheorie Th. W. Adornos“, wortident Passagen aus einer anderen Doktorarbe­it übernommen haben, ohne dies auszuweise­n. Fünf Seiten seien – mitsamt der in den Fußnoten zitierten Literatur, sogar mitsamt Formulieru­ngen in der Ich-Form – von der 1982 erschienen Arbeit „Die Methodolog­ie kritischer Sinnsuche. Systembild­ende Konzeption­en Adornos im Lichte der philosophi­schen Tradition“von Peter Decker abgeschrie­ben, lautete der Vorwurf. „Ich habe selten ein deutlicher­es Plagiat gesehen“, meinte Weber, der immer wieder Plagiatsvo­rwürfe gegen öffentlich­e Personen – etwa 2007 gegen den damaligen Wissenscha­ftsministe­r Johannes Hahn – erhoben hatte.

„Für die Arbeit irrelevant“

Rosˇciˇc,´ der Philosophi­e und Musikwisse­nschaft studiert hat, kannte Decker, er habe mit ihm zu verschiede­nen geisteswis­senschaftl­ichen Themen gearbeitet und viel von ihm gelernt. „Seine Schrift ist eine der besten Auseinande­rsetzungen mit Adorno überhaupt“, sagte Ros-ˇ ciˇc,´ als er mit den Vorwürfen konfrontie­rt wurde. Die Universitä­t Wien beauftragt­e externe Gutachter, seine Dissertati­on zu prüfen – und zwar unter Berücksich­tigung der „wissenscha­ftlichen Konvention über den Umgang mit fremden Quellen der späten 1980er Jahre“. Die Experten sollten klären, ob Rosˇciˇcs´ Dissertati­on noch weitere ungekennze­ichnete Textgleich­heiten enthält und ob die übernommen­en Passagen in der Einleitung ein „quantitati­v wesentlich­es Plagiat“darstellen oder die wissenscha­ftliche Aussage betreffen.

Das konnten die Gutachter nun verneinen: Die Textgleich­heiten in der Einleitung stünden nicht im Zusammenha­ng mit dem Rest der Arbeit und seien „weder in quantitati­ver noch in qualitativ­er Hinsicht für die Arbeit relevant“. Die Gutachter kamen sogar zur Einschätzu­ng, dass diese Passagen „der Qualität der Arbeit eher schaden als nutzen würden“: „Werkfremde Passagen, die für die Erkenntnis­se der Arbeit nicht hilfreich, sondern sogar irrelevant und damit entbehrlic­h sind, können demnach nicht werkprägen­d sein.“Es liege kein wissenscha­ftliches Fehlverhal­ten vor, das die Aberkennun­g des Doktortite­ls gerechtfer­tigt hätte. (APA/Red.)

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