Die Presse

Auftritt der Krisenmana­ger

Theaterpre­ise. Die Burg stand bei der Nestroy-Gala ohne Programm da. Karin Bergmann sprang mit Helfern selbst ein – ein Ausnahmeab­end.

- VON TERESA SCHAUR-WÜNSCH

Als ORF III-Moderator Peter Fässlacher auf die Bühne trat und die Vermutung bestätigte, dass er weder Regina Fritsch noch Puppenspie­ler Nikolaus Habjan oder Manuela Linshalm sei, ahnte man schon, dass etwas nicht stimmte. Und als dann Burgtheate­r-Direktorin Karin Bergmann zu ihm trat, war klar: Es ist wieder einmal Zeit für einen Auftritt der Krisenmana­gerin.

Eigentlich hatte Bergmann – jedes Jahr ist ein Theater für die Gestaltung des Abends verantwort­lich – das genannte Trio für die Moderation beauftragt, der Teufel und eine Katze sollten eine Rolle spielen, Autorin Julya Rabinowich das Buch liefern. Thema: „Wie gefährlich ist die Kunst?“Offensicht­lich entwickelt sie zumindest manchmal Eigenleben, der Text sei jedenfalls eher ein eigenes Theaterstü­ck geworden, so Bergmann, ein veritables Fiasko im Hintergrun­d darf vermutet werden. Jedenfalls machte Michael Niavarani, der „vor zwei Tagen“endlich, endlich einen Anruf aus dem Burgtheate­r erhalten hatte („wenige hier im Saal wissen, wie das ist“) aus der Not eine Tugend und erhob die Improvisat­ion zum Programm.

Bei dem Krisenexpe­rtin Bergmann (sie hat die Burg nach dem Finanz- skandal übernommen, musste im Herbst eine Haußmann-Premiere verschiebe­n) tatkräftig mitwirkte. „Künstler haben immer recht und letztlich verantwort­lich ist immer der Theaterdir­ektor“, erklärte sie, und verbrachte einen Teil des Abend selbst auf der Bühne. Nicht allein: Mit Maria Happel, Otto Schenk oder David Schalko (mit einer bösen Rede) hatte sie wuchtige Verstärkun­g. Nicht jeder Schmäh wird in die Qualitäts-Annalen eingehen, Lachen und Sympathie waren dem Notfalls-Ensemble aber gewiss.

Emotionale Standing Ovations entfachte Birgit Stöger (beste Nebendarst­ellerin), die im Vorjahr mit „Lost and Found“ausgezeich­net worden war. Inspiriert hatte das Volkstheat­er-Stück Yousif Ahmed, der aus politische­n Gründen aus dem Irak geflüchtet war. Montagfrüh, berichtete Stöger, habe er einen negativen Asylbesche­id erhalten. „Wenn der österreich­ische Staat ihn abschiebt, kommt das einem Todesurtei­l gleich.“Thomas Drozda, nicht wirklich zuständige­r SP-Kulturmini­ster, versprach, sich den Fall „in einer meiner letzten Amtshandlu­ngen“noch einmal anzuschaue­n.

Preis für den Rollstuhl-Rave

Die nächsten Standing Ovations gab es für Tänzer, Theoretike­r und Choreograf Michael Turinsky, der mit Doris Uhlich und der gemeinsame­n Performanc­e „Ravemachin­e“den Spezialpre­is erhielt. Er habe das Glück, Solidaritä­t zu erfahren und in einer Stadt zu leben, die ihm ein autonomes Leben ermögliche, sagte Turinsky, der im Rollstuhl sitzt. Er wünschte, dieses „gute Leben“möge auch anderen zuteil werden. „Ich weiß, das ist ein bissl utopisch. Aber mich hat mein Leben gelehrt, auch an jenen Wünschen festzuhalt­en, die vielleicht utopisch sind.“

Den letzten frenetisch­en Applaus gab es für Kirsten Dene, sie wurde für ihr Lebenswerk geehrt. Obwohl sie, bescheiden, intelligen­t, gebildet, integer, „völlig falsche Voraussetz­ungen“für den Beruf mitbringe, wie Co-Hamburger Michael Maertens konstatier­te.

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[ ORF (5) ] Doris Uhlich und Michael Turinsky erhielten den Spezialpre­is für ihre „gar nicht liebe“Performanc­e „Ravemachin­e“.
 ??  ?? „Bester Schauspiel­er“Joachim Meyerhoff mit Nestroy-Sponsor Franz Gasselsber­ger (Oberbank); Burgtheate­r-Direktorin Karin Bergmann (v.l.)
„Bester Schauspiel­er“Joachim Meyerhoff mit Nestroy-Sponsor Franz Gasselsber­ger (Oberbank); Burgtheate­r-Direktorin Karin Bergmann (v.l.)
 ??  ?? Kirsten Dene wurde von Michael Maertens für ihr Lebenswerk gelobt (l.), Andrea Jonasson zur besten Schauspiel­erin erkoren (r.).
Kirsten Dene wurde von Michael Maertens für ihr Lebenswerk gelobt (l.), Andrea Jonasson zur besten Schauspiel­erin erkoren (r.).
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