Van der Bellen lehnt Gudenus und Vilimsky ab Der Bundespräsident erklärte vor Botschaftern aus EU-Staaten, dass er die FPÖSpitzenpolitiker Gudenus und Vilimsky nicht als Minister einer schwarz-blauen Regierung angeloben werde.
Koalitionsgespräche.
Wien. Die Botschafter aus 27 EU-Mitgliedstaaten in Wien kommen regelmäßig zum Meinungsaustausch zusammen. Am vergangenen Freitag lud Rein Oidekivi, der Vertreter des derzeitigen EU-Vorsitzlandes, Estland, zu einem Mittagessen in besonderem Rahmen. Denn Ehrengast im Festsaal des Hotel Imperial war diesmal der österreichische Bundespräsident, Alexander Van der Bellen.
In seinen Ausführungen bei Tisch gab das Staatsoberhaupt im Kreis der europäischen Diplomaten bereitwillig Einblick in seine Überlegungen zur derzeitigen Regierungsbildung in Österreich. Dabei erklärte Van der Bellen, dass er zwei Spitzenpolitiker der FPÖ in keinem Fall als Minister angeloben werde: den derzeitigen Wiener Vizebürgermeister Johann Gudenus und den Europaabgeordneten Harald Vilimsky. Er werde diese Vorgangsweise gegebenenfalls auch öffentlich gut begründen können. Das bestätigten mehrere Botschafter im Gespräch mit der „Presse“.
Kein Kommentar von Van der Bellen
Reinhard Pickl-Herk, der Sprecher des Bundespräsidenten, wollte gegenüber der „Presse“keinen Kommentar abgeben. Alexander Van der Bellen hält sich derzeit in Rom auf. Am heutigen Donnerstag soll ihn Papst Franziskus im Vatikan empfangen. Die FPÖ war ebenfalls bemüht, keinen weiteren Staub aufzuwirbeln. Vilimsky wollte sich auf Anfrage der „Presse“zu Van der Bellens Ministerpräferenzen nicht äußern. Johann Gudenus war zunächst nicht erreichbar. Und FP-Generalsekretär Herbert Kickl ließ in seiner Aussendung wissen, dass er keinen Anlass sehe, „Berichte Dritter über angebliche Aussagen des Bundespräsidenten überhaupt zu kommentieren“. Die Gesprächsbasis zwischen Van der Bellen und FP-Chef Strache bezeichnete er als gut.
Vier Ministerien unter Beobachtung
Im illustren Kreis der europäischen Botschafter hatte Van der Bellen am Freitag im Hotel Imperial durchblicken lassen, dass er eine schwarz-blaue Koalition für die wahrscheinlichste Variante halte und sich auch nicht grundsätzlich dagegen querlegen werde. Gemäß seiner verfassungsrechtlichen Möglichkeiten werde er sich jedoch vorbehalten, einzelne Minister abzulehnen. Thomas Klestil, sein Vorvorgänger, hatte im Jahr 2000 gegen die FPÖ-Ministerkandidaten Hilmar Kabas (als Verteidigungsminister) und Thomas Prinzhorn (als Finanzminister) ein Veto eingelegt.
Wie Van der Bellen vor dem diplomatischen Corps im Hotel Imperial ausführte, hält er zwei Ämter für „hochsensibel“: das Innen- und das Außenministerium. Er werde jedoch auch mit Argusaugen darauf achten, wer Justizminister und wer Finanzminister werden soll.
Für ihn, Van der Bellen, sei es essenziell, dass sich die künftige Regierung weiterhin der Europäischen Union verpflichtet fühle und die Menschenrechte respektiere. Der mit der Regierungsbildung beauftragte ÖVPChef, Sebastian Kurz, habe ihm zugesichert, sich an europäische Grundsätze zu halten, berichtet der Bundespräsident vor den Botschaftern aus den EU-Staaten.
Dossiers in der Hofburg
Informationen der „Presse“zufolge ließ Van der Bellen schon vor Wochen Dossiers über mögliche Regierungsmitglieder der FPÖ anfertigen. Sowohl Gudenus als auch Vilimsky zählen zum innersten Kreis der FPÖ. Vilimsky, der Vizefraktionschef des Bündnisses Europa der Nationen und der Freiheit, hat als FPÖ-Schnittstelle zu rechtspopulistischen bis rechtsextremen Parteien wie dem Front Na- tional (FN), dem belgischen Vlaams Belang, der italienischen Lega Nord, der niederländischen Wilders-Partei von der Freiheit und der AfD offenkundig den Argwohn des Bundespräsidenten geweckt. Im Vorjahr hatte der EU-Parlamentarier ein Treffen der europäischen Rechtsallianz unter anderem mit FN-Chefin Marine Le Pen, damals einer entschiedenen Verfechterin eines EU-Austritts, in Wien organisiert. Anschließend hielt sie in Vösendorf eine Kundgebung ab.
Vizebürgermeister Gudenus hat als Mitglied einer FPÖ-Delegation vor einem Jahr in Moskau den Freundschaftsvertrag mit Russland unterzeichnet. Zuvor hatte er nach der Annexion der Krim durch Russland als Wahlbeobachter des sogenannten Referendums über den Anschluss an Moskau fungiert. Danach bescheinigte er, es sei alles legitim abgelaufen. 2012 hatte er den tschetschenischen Diktator Ramsan Kadyrow getroffen.
Karin Kneissl als Außenministerin?
Vilimsky und Gudenus sind Mitglieder des freiheitlichen Verhandlungsteams, das mit der ÖVP Richtlinien für eine künftige Außen- und Europapolitik festlegen soll. Der Gruppe, die der Nationalratsabgeordnete Harald Stefan leitet, gehört außerdem noch die Publizistin Karin Kneissl an. Bisher fand erst eine Verhandlungsrunde statt. Gerüchten zufolge hat Kneissl gute Chancen, Außenministerin zu werden. Die ehemalige Kabinettsmitarbeiterin des früheren Außenministers Alois Mock ist parteilos.