Frisches Blut für die Logistik
Ein Gespann aus ressourcenstarken Corporates und innovativen Start-ups zu bilden, ist in vielen Branchen längst üblich. Das Matching-Fieber hat auch die Logistiker erfasst.
Am 25. September öffnete der neue Wiener Start-up-Hub weXelerate seine Pforten. Die ersten Mieter sind am 2. Oktober eingezogen, 55 Start-Ups aus 14 Nationen befinden sich aktuell im Haus. Das Projekt, Jungunternehmer mit Corporates zu verkoppeln, stößt auf Zuspruch. Derzeit wird mit Corporate-Partnern aus fünf Industriebereichen zusammengearbeitet. Neben Medien, Banken, Versicherungen und Energiefirmen sind auch Infrastrukturunternehmen mit an Board, darunter der Salzburger Kranbauer Palfinger.
Fokus auf Internet der Dinge
„Wir wollen eng mit den Start-ups zusammenarbeiten und dabei insbesondere neue Lösungen im Bereich Internet of Things entwickeln“, sagt Konzernsprecher Hannes Roither. Als technische Basis dient eine IoT-Plattform, in der Daten gesammelt, analysiert und visualisiert werden, um aktuelle Produktzustände darzustellen. „Wir können somit unseren Kunden neue Services anbieten, wie beispielsweise die proaktive Wartung von Hebe-Lösungen“, so Roither. Nur rund ein Monat nach dem Start von weXelerate eröffnete am 17. Oktober in Wien mit dem thinkport Vienna, einer Kooperation von Hafen Wien und Universität für Bodenkultur Wien, das erste Innovationslabor für urbane Güterlogistik. Neue Technologien der Stadtlogistik zu entwickeln, zu testen und umzusetzen, lautet das übergeordnete Ziel. Am Tag eins wurde am Gelände des Freudenauer Hafens mit dem E-LeichtKfz tom-tom der RocknRolla Rental Concepts GmbH der Öffentlichkeit auch gleich Neues präsentiert: Ein Fahrzeug, das vom Lieferfahrzeug bis zum Pkw umrüstbar ist und mit einer Tonne Zuladung und einer Reichweite von bis zu 150 Kilometer punktet. Zu sehen und testen waren weiters neuartige Lastenräder für den innerstädtischen Transport oder die jüngste, preisgekrönte Generation von Lkw-Zugmaschinen. „Wir haben mit der Digitalisierung eine Entwicklung, die die Anforderungen an die Logistik neu definiert und teilweise revolutioniert. Mit dem thinkport Vienna als offenem Mobilitätslabor wollen wir diese Entwicklung aktiv mitgestalten“, sagt Doris Pulker-Rohrhofer, Technische Geschäftsführerin Hafen Wien. Eine besonders wichtige Zielgruppe seien dabei Start-upUnternehmen als Innovationsmotoren. Als gemeinsames Ziel habe man stets vor Augen, von der Digitalisierung getriebene Logistikprozesse effizienter, aber auch umweltfreundlicher zu gestalten.
Kran- und Verkehrstechnik
Einen eigenen Innovations-Campus hat sich wiederum die steirische Knapp-Gruppe, ein Anbieter intralogistischer Komplettlösungen und automatisierter Lagersysteme, errichtet. Am im September in Dobl bei Graz eröffneten Campus werden innovative Technologien für Industrie und Logistik entwickelt. Die beiden Unternehmenstöchter Knapp Industry Solutions und ivii wurden mit dem Start-up redPilot verstärkt. „Wir arbeiten hier an Shuttle-Lösungen, intelligenten Bildverarbeitungsund Assistenzsystemen sowie einer Cloud-Softwarelösung zur Optimierung des Lagerbetriebs“, erläutert Wolfgang Skrabitz, Geschäftsführer Knapp Industry Solutions. Beliefert wird künftig nicht nur das interne Kundennetzwerk. „Gemeinsam mit ivii und redPilot konnten wir bereits Unternehmen wie VW, Porsche oder Pankl von unserem Know-how überzeugen“, so Skrabitz.
Auf die Zusammenarbeit mit Start-ups setzt man auch bei Kapsch TrafficCom. Der Anbieter von intelligenten Verkehrssystemen hat in diesem Jahr das Accelerator Projekt Factory1 aus der Taufe gehoben. Das Programm begleitet Unternehmer mit einem funktionierenden Prototyp oder ersten Referenzkunden auf dem Weg zum umfassenden Proof-of Concept-Projekt. Was derart gebündelte Kräfte leisten können, präsentierte man Ende Oktober beim ITS World Congress in Montreal am Beispiel einer MobilitätsserviceApp, entwickelt vom österreichischen Kapsch-Group IT-Unternehmen Fluidtime und dem schwedischen Start-up UbiGo. „Die App kombiniert öffentliche Transportmittel, Car Sharing, Autoverleihe und Taxis in einem intermodalen Service“, erzählt Hans Arby, CEO von UbiGo. Jeder Haushalt wählt ein flexibles Monatsabo, das alle Familienmitglieder über den gleichen Zugang nutzen können. Der Alltag der Reisenden soll durch das Mobilitätsservice einfacher und nachhaltiger werden, der Besitz eines eigenen Autos gar obsolet. Das Pilotprojekt startet März 2018 in Stockholm, die Markteinführung soll Ende 2018 folgen.