Private Wettbewerber holen auf
Das Transportaufkommen auf der Schiene ist im Vorjahr auf knapp 115 Mio. Tonnen gestiegen. Als Platzhirsch gilt weiterhin die RCA, private Güterverkehrsunternehmen sichern sich aber immer größere Anteile.
Dreiundsechzig Eisenbahnunternehmen rittern derzeit in Österreich um den Markt auf der Schiene, 49 stammen aus Österreich, 13 weitere sind im EURaum und eines in der Schweiz registriert. Im Güterverkehr ist die Rail Cargo Austria (RCA) der „Platzhirsch“. Doch die ÖBB-Güterbahn bleibt nach einem relativ schwachen Jahr 2016 auch 2017 zahlenmäßig hinter den eigenen Erwartungen. Beim operativen Ergebnis ist man bis Ende August bei 15 Millionen Euro Minus angekommen, geplant war für 2017 – nach einem Minus von 9,2 Millionen im Vorjahr – eigentlich eine rote Null. Am Aufkommen transportierter Güter hat es schon im Vorjahr nicht gelegen. Gemäß dem Jahresbericht der Eisenbahn-Regulierungsbehörde Schienen-Control (SC) verzeichnete der Güterverkehr 2016 im Vergleich zu 2015 einen Anstieg um 2,1 Millionen Tonnen auf 114,9 Millionen Nettotonnen. Auch die Verkehrsleistung ist 2016 weiter gestiegen. Vielmehr scheint der RCA die Konkurrenz der Privatbahnen zu schaffen zu machen.
Private legen zu
„Bei den Wettbewerbsbahnen – im Sinne des Eisenbahngesetzes werden darunter alle Bahnen außerhalb des ÖBB-Konzerns verstanden – gab es seit 2009 einen stetigen Anstieg der Marktanteile“, bestätigt Schienen Control-Geschäftsführerin Maria-Theresia Röhsler. Das gilt sowohl für das Aufkommen als auch für die Verkehrsleistung (Nettotonnenkilometer). Laut SC-Jahresbericht liegt der Anteil am Aufkommen mit Stand Ende 2016 bei 29,1 Prozent, der Anteil an der Verkehrsleistung bei 26,1 Prozent. Zuwächse im Transportvolumen gibt es bei den Wettbewerbsbahnen vor allem auf der Brenner- und der Westachse: Auf diesen beiden Strecken wickeln die Wettbewerbsbahnen 42 beziehungsweise 33 Prozent des gesamten Güterverkehrs ab. Wobei die Privaten vor allem mit Ganzzugsverbindungen und Lücken füllenden Ad-hoc-Verkehren punkten.
Grenzüberschreitend
Als führend im alpenquerenden Schienengüterverkehr auf der Brenner- und Tauernachse gilt eine in München sitzende Gesellschaft für Schienentraktion namens „Lokomotion“. „Der grenzüberschreitende Schienengüterverkehr mit interoperablen Betriebskonzepten, das heißt ohne klassischem Lokwechsel an der Grenze, steht bei uns seit jeher im Vordergrund“, sagt Geschäftsführer Armin Riedl. Die Marktposition als größte Wettbewerbsbahn im österreichischen Raum mit Fokus auf Brenner- und Tauernachse sieht Riedl unter anderem als Folge „konsequenter Investitionen in unsere Mehrsystemflotte sowie der Schwerpunktsetzung auf neue Technologien.“Neben den Produkten für den unbegleiteten kombinierten Verkehr (UKV) hat Lokomotion auch Produktionssysteme für den Wagenladungsverkehr inklusive beispielsweise der Anten- nenbedienung mit Einzelwagen oder Wagengruppen im Großraum Verona aufgebaut. „Gemeinsam mit unseren Partnern erweitern wir derzeit unser Fahrtgebiet in Richtung Ost- und Südosteuropa“, berichtet Riedl.
Ab Linz beginnt’s
Mit alternativen Eisenbahnkonzepten für Ganzzugs-Gütertransporte hat sich die CargoServ als zweitgrößtes privates Eisenbahnverkehrsunternehmen des Landes, das Gütertransporte auf der öffentlichen Schieneninfrastruktur durchführt, etabliert. Die 100 Prozent-Tochter der Logistik Service, ihrerseits eine Gesellschaft des voestalpine-Konzerns, begleitet schwerpunktmäßig die Logistikaktivitäten der voestalpine am Produktionsstandort Linz. Ab Linz werden vor allem Verkehre mit Stahlprodukten zur deutschen Automobilindustrie sowie nach Italien gefahren. Bei eingehenden Transporten handelt es sich vorwiegend um Rohstoffe wie Erz, Kohle, Kalksplitt oder hochreinen Schrott für den Linzer Produktionsstandort, sowohl aus Österreich als auch aus dem benachbarten Ausland. Demgemäß bedient CargoServ insbesondere die Verkehrsachsen von und ab Linz via Passau (Deutschland), Breclav/Bernhardsthal (Tschechien), Bratislava (Slowakei) sowie Tarvis (Italien).
„Das jährliche Transportvolumen der CargoServ ist von 700.000 Tonnen im Grün- dungsjahr 2001 auf mittlerweile rund fünf Millionen angewachsen. Knapp 80 Prozent entfallen auf die voestalpine. Das verbleibende Volumen umfasst externe Kunden in den Segmenten Container, Automobil und Rohstoff“, erklärt voestalpine-Konzernsprecher Peter Felsbach. Weiteres Potenzial sieht er in Transporten von und zu den Nordseehäfen sowie verstärkt auch Richtung Osten. Seit März dieses Jahres verfügt CargoServ zudem über einen Bescheid für die Güterbeförderung im öffentlichen Eisenbahnbetrieb in Deutschland. Damit sei der Grundstein für zukünftige grenzüberschreitende Verkehre gelegt, die CargoServ eigenverantwortlich abwickeln kann, heißt es seitens der Unternehmensleitung. Der am heimischen Güterverkehr steigt kontinuierlich. Laut Schienen Control liegt der Anteil der privaten Güterverkehrsunternehmen am Aufkommen derzeit bei rund 29 Prozent, bei der Verkehrsleistung bei 26 Prozent. Für eine weiteres Wachstum werden seitens der Privaten gleiche Rahmenbedingungen für alle Eisenbahnverkehrsunternehmen im Schienengüterverkehr gefordert. Bezug genommen wird dabei vor allem auf den Zugang zur Infrastruktur und die Höhe der Trassenpreise, aber auch auf die Förderfähigkeit bestimmter Verkehre. Nur so sei laut Privatbahnen ein fairer Preis- und Qualitätswettbewerb möglich.