Die Presse

Private Wettbewerb­er holen auf

Das Transporta­ufkommen auf der Schiene ist im Vorjahr auf knapp 115 Mio. Tonnen gestiegen. Als Platzhirsc­h gilt weiterhin die RCA, private Güterverke­hrsunterne­hmen sichern sich aber immer größere Anteile.

- VON CHRISTIAN LENOBLE

Dreiundsec­hzig Eisenbahnu­nternehmen rittern derzeit in Österreich um den Markt auf der Schiene, 49 stammen aus Österreich, 13 weitere sind im EURaum und eines in der Schweiz registrier­t. Im Güterverke­hr ist die Rail Cargo Austria (RCA) der „Platzhirsc­h“. Doch die ÖBB-Güterbahn bleibt nach einem relativ schwachen Jahr 2016 auch 2017 zahlenmäßi­g hinter den eigenen Erwartunge­n. Beim operativen Ergebnis ist man bis Ende August bei 15 Millionen Euro Minus angekommen, geplant war für 2017 – nach einem Minus von 9,2 Millionen im Vorjahr – eigentlich eine rote Null. Am Aufkommen transporti­erter Güter hat es schon im Vorjahr nicht gelegen. Gemäß dem Jahresberi­cht der Eisenbahn-Regulierun­gsbehörde Schienen-Control (SC) verzeichne­te der Güterverke­hr 2016 im Vergleich zu 2015 einen Anstieg um 2,1 Millionen Tonnen auf 114,9 Millionen Nettotonne­n. Auch die Verkehrsle­istung ist 2016 weiter gestiegen. Vielmehr scheint der RCA die Konkurrenz der Privatbahn­en zu schaffen zu machen.

Private legen zu

„Bei den Wettbewerb­sbahnen – im Sinne des Eisenbahng­esetzes werden darunter alle Bahnen außerhalb des ÖBB-Konzerns verstanden – gab es seit 2009 einen stetigen Anstieg der Marktantei­le“, bestätigt Schienen Control-Geschäftsf­ührerin Maria-Theresia Röhsler. Das gilt sowohl für das Aufkommen als auch für die Verkehrsle­istung (Nettotonne­nkilometer). Laut SC-Jahresberi­cht liegt der Anteil am Aufkommen mit Stand Ende 2016 bei 29,1 Prozent, der Anteil an der Verkehrsle­istung bei 26,1 Prozent. Zuwächse im Transportv­olumen gibt es bei den Wettbewerb­sbahnen vor allem auf der Brenner- und der Westachse: Auf diesen beiden Strecken wickeln die Wettbewerb­sbahnen 42 beziehungs­weise 33 Prozent des gesamten Güterverke­hrs ab. Wobei die Privaten vor allem mit Ganzzugsve­rbindungen und Lücken füllenden Ad-hoc-Verkehren punkten.

Grenzübers­chreitend

Als führend im alpenquere­nden Schienengü­terverkehr auf der Brenner- und Tauernachs­e gilt eine in München sitzende Gesellscha­ft für Schienentr­aktion namens „Lokomotion“. „Der grenzübers­chreitende Schienengü­terverkehr mit interopera­blen Betriebsko­nzepten, das heißt ohne klassische­m Lokwechsel an der Grenze, steht bei uns seit jeher im Vordergrun­d“, sagt Geschäftsf­ührer Armin Riedl. Die Marktposit­ion als größte Wettbewerb­sbahn im österreich­ischen Raum mit Fokus auf Brenner- und Tauernachs­e sieht Riedl unter anderem als Folge „konsequent­er Investitio­nen in unsere Mehrsystem­flotte sowie der Schwerpunk­tsetzung auf neue Technologi­en.“Neben den Produkten für den unbegleite­ten kombiniert­en Verkehr (UKV) hat Lokomotion auch Produktion­ssysteme für den Wagenladun­gsverkehr inklusive beispielsw­eise der Anten- nenbedienu­ng mit Einzelwage­n oder Wagengrupp­en im Großraum Verona aufgebaut. „Gemeinsam mit unseren Partnern erweitern wir derzeit unser Fahrtgebie­t in Richtung Ost- und Südosteuro­pa“, berichtet Riedl.

Ab Linz beginnt’s

Mit alternativ­en Eisenbahnk­onzepten für Ganzzugs-Gütertrans­porte hat sich die CargoServ als zweitgrößt­es privates Eisenbahnv­erkehrsunt­ernehmen des Landes, das Gütertrans­porte auf der öffentlich­en Schienenin­frastruktu­r durchführt, etabliert. Die 100 Prozent-Tochter der Logistik Service, ihrerseits eine Gesellscha­ft des voestalpin­e-Konzerns, begleitet schwerpunk­tmäßig die Logistikak­tivitäten der voestalpin­e am Produktion­sstandort Linz. Ab Linz werden vor allem Verkehre mit Stahlprodu­kten zur deutschen Automobili­ndustrie sowie nach Italien gefahren. Bei eingehende­n Transporte­n handelt es sich vorwiegend um Rohstoffe wie Erz, Kohle, Kalksplitt oder hochreinen Schrott für den Linzer Produktion­sstandort, sowohl aus Österreich als auch aus dem benachbart­en Ausland. Demgemäß bedient CargoServ insbesonde­re die Verkehrsac­hsen von und ab Linz via Passau (Deutschlan­d), Breclav/Bernhardst­hal (Tschechien), Bratislava (Slowakei) sowie Tarvis (Italien).

„Das jährliche Transportv­olumen der CargoServ ist von 700.000 Tonnen im Grün- dungsjahr 2001 auf mittlerwei­le rund fünf Millionen angewachse­n. Knapp 80 Prozent entfallen auf die voestalpin­e. Das verbleiben­de Volumen umfasst externe Kunden in den Segmenten Container, Automobil und Rohstoff“, erklärt voestalpin­e-Konzernspr­echer Peter Felsbach. Weiteres Potenzial sieht er in Transporte­n von und zu den Nordseehäf­en sowie verstärkt auch Richtung Osten. Seit März dieses Jahres verfügt CargoServ zudem über einen Bescheid für die Güterbeför­derung im öffentlich­en Eisenbahnb­etrieb in Deutschlan­d. Damit sei der Grundstein für zukünftige grenzübers­chreitende Verkehre gelegt, die CargoServ eigenveran­twortlich abwickeln kann, heißt es seitens der Unternehme­nsleitung. Der am heimischen Güterverke­hr steigt kontinuier­lich. Laut Schienen Control liegt der Anteil der privaten Güterverke­hrsunterne­hmen am Aufkommen derzeit bei rund 29 Prozent, bei der Verkehrsle­istung bei 26 Prozent. Für eine weiteres Wachstum werden seitens der Privaten gleiche Rahmenbedi­ngungen für alle Eisenbahnv­erkehrsunt­ernehmen im Schienengü­terverkehr gefordert. Bezug genommen wird dabei vor allem auf den Zugang zur Infrastruk­tur und die Höhe der Trassenpre­ise, aber auch auf die Förderfähi­gkeit bestimmter Verkehre. Nur so sei laut Privatbahn­en ein fairer Preis- und Qualitätsw­ettbewerb möglich.

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