Mit der Transsib nach China
Infrastruktur. Die Logistiker setzen große Hoffnungen auf eine neue Seidenstraße von Asien nach Europa. Bahntransporte nehmen bereits zu.
Es ist ein gewaltiges Projekt, das der chinesischen Regierung vorschwebt: Nicht weniger als 1000 Milliarden Dollar sollen nach dem Willen Pekings in neue Eisenbahnstrecken, Straßen, Häfen, Pipelines und Kraftwerke fließen, um das Reich der Mitte besser an die westlichen Industriezentren anzuschließen. Im Zentrum der chinesischen „Belt and Road Initiative“, an der rund 65 Staaten beteiligt sind, stehen mehrere Ost-West-Verbindungen: eine nördliche durch Zentralasien über Moskau bis Madrid, eine südliche über den Iran und die Türkei und eine Seeverbindung über das südchinesische Meer bis zum Mittelmeer.
Halbierung der Lieferzeit
Während man in Wien noch überlegt, wie man sich – etwa durch eine Verlängerung der russischen Breitspurbahn – an die neuen Routen anschließen könnte (wir berichteten), haben sich die großen Logistikunternehmen schon positioniert. Vor allem die Eisenbahnverbindungen aus Zentralasien über Russland haben es den Konzernen angetan, denn damit lassen sich die Lieferzeiten im Vergleich zum Seeweg schon jetzt halbieren. Schenker DB etwa betreibt seit einigen Jahren Sammel- und Stückgutverkehre aus und nach Zentralasien, unter anderem von Zhengzhou nach Hamburg oder von Wuhan nach Duisburg. Der französi- sche Logistiker Gefco wiederum nutzte im Mai erstmals den Hafen von Riga als Ausgangspunkt, um einen Containerzug nach China zu schicken und will diesen Transportweg künftig ausbauen. Ähnlich die Rail Cargo Group (RCA): Nachdem sie vor Kurzem im Auftrag der China Railway Container Transportation Corp. (CRCT) erstmals einen 10.400 Kilometer langen Containertransport von Taiyuan bis zum Terminal Lugo in Italien abgewickelt hat, gibt man sich bei der Güterverkehrstochter der ÖBB zuversichtlich, solche Verbindungen ab 2018 regelmäßig anbieten zu können.
Einen Schritt weiter ist die auf Schienentransporte zwischen Asien und Europa spezialisierte Transportgesellschaft Far East Land Bridge (Felb). Ihr ist es im Mai erstmals gelungen, von Duisburg aus über die Transsibirische Eisenbahn einen Gefahrguttransport bis Busan (Südkorea) und Taipeh (Taiwan) abzuwickeln. Da die chinesischen Behörden Gefahrguttransporte über die Schiene in ihrem Land aus Sicherheitsgründen rigoros untersagen, wurden die Chemiegüter im Hafen von Vostochny, der Endstation der Transsibirischen Eisenbahn, auf ein Frachtschiff umgeladen. Die Transportzeit lag mit 25 Tagen trotzdem deutlich unter dem Seeweg, der bis zu 38 Tage dauert. Felb will die Strecke künftig zweimal monatlich mit Gefahrgutcontainern bestücken. (ebe)