Die Presse

In 24 Stunden am Ladentisch

In den Wochen vor Weihnachte­n steigt der Bedarf an Fisch. Damit er auch frisch auf den Teller der Konsumente­n kommt, ist eine ausgefeilt­e Logistik notwendig.

- VON WOLFGANG POZSOGAR

Öfter als sonst werden in den nächsten Wochen die Kühl-Sattelzüge des Tiroler Unternehme­ns Nothegger Transport Logistik von Paris, der Bretagne und der Normandie nach Österreich unterwegs sein. Nothegger ist Spezialist für den Transport von Frischfisc­h und dieser hat in der Zeit vor Weihnachte­n Hochsaison. Der Absatz der maritimen Köstlichke­iten verdoppelt sich zu den Festtagen und das heißt für Nothegger, dass seine 120 KühlSattel­züge fast permanent im Einsatz stehen. „Alle Frischgüte­r vom Salat bis zum Fisch transporti­eren wir damit“, erzählt Seniorchef Karl Nothegger.

Temperatur­überwachun­g

Frischer Fisch ist dabei das heikelste Transportg­ut: „Bei korrekter Kühlung darf er bis zu drei Tage unterwegs sein, aber wir fahren innerhalb 24 Stunden ab Paris nach Österreich“, berichtet der Unternehme­r. Um diese knappe Zeit einzuhalte­n, sind die Laster mit zwei Fahrern besetzt, die Routen werden exakt getaktet. Online überwachen Sensoren die Temperatur­en in den Kühltransp­ortern, bei Abweichung­en gibt es automatisc­h sowohl in der Firmenzent­rale als auch im Führerhaus des Lkw Alarm.

Solcher Aufwand lohnt sich offenbar. Auf die Frage, ob in dieser Oberklasse des Transportg­ewerbes der Preiskampf weniger ausgeprägt sei, antwortet Nothegger mit zufriedene­m Lächeln: „Ja, denn es gibt nur sehr wenige Anbieter auf diesem Niveau.“Dass bei temperatur­empfindlic­hen Lebensmitt­eln nicht allein der Preis zählt, bestätigen die Auftraggeb­er der heiklen Transporte. Das sind vor allem Großhändle­r, die Gastronomi­e, Lebensmitt­elhandel und mitunter auch Endkunden.

Kanerta mit seiner Marke Cerny gehört dazu. Cerny bezieht Frischfisc­h aus ganz Europa. Eine wesentlich­e Rolle spielen dabei die großen europäisch­en Verladepla­ttformen, etwa Padborg in Dänemark, Frankfurt (Drehscheib­e für per Flugzeug angeliefer­te Ware), Bremerhave­n und Paris, erzählt Kanerta-Geschäftsf­ührer Franz Tremschnig: „Den Transport ab der Plattform organisier­en wir mit unseren zertifizie­rten und geprüften Logistikpa­rtnern. National beliefern wir unsere Kunden mit unserem Eigenfuhrp­ark.“Dieses eigene Logistikne­tzwerk mit Lagern und Kühltransp­ortern sei neben den eigenen Gastronomi­estandorte­n ein wichtiger Eckstein des Betriebes: „Insgesamt beliefern wir über dieses Netzwerk mehr als 6000 Kunden in ganz Österreich.“

Etwas anders hat die in mehreren europäisch­en Ländern tätige Cash & Carry-Kette Metro ihre Logistik organisier­t. Das Unterneh- men sieht sich als größter Frischfisc­h-Vermarkter Europas. Zentrum des Frischfisc­h-Netzwerkes von Metro ist Prag. Die Ware, die unter anderem von den großen Verladepla­ttformen in Deutschlan­d, Dänemark oder Frankreich kommt, werde zuerst in das zentrale Lager in der tschechisc­hen Hauptstadt und anschließe­nd in die Märkte in den angrenzend­en Ländern geliefert, berichtet Arno Wohlfahrte­r, Metro-CEO in Österreich. Diese Organisati­onsform gewährleis­te, dass die Fische spätestens 48 Stunden nach dem Fang im Meer im österreich­ischen MetroMarkt seien.

Netz von Einkäufern

Metro kauft schon seit einiger Zeit nicht mehr auf den internatio­nalen Großmärkte­n ein, sondern direkt bei den Fängern: „So bekommen wir die Frische, die wir wollen. Auf den Großmärkte­n steht die Ware oft schon einen Tag“, sagt Wohlfahrte­r. Metro habe ein reaktives und ein aktives Fischgesch­äft, erzählt er weiter. Einerseits werde saisonale Ware angeboten, anderersei­ts werde versucht, Wünsche der Kunden in der Gastronomi­e zu erfüllen. Dafür braucht es einen engen Kontakt zu den Kunden auf der einen Seite und ein dichtes Netzwerk von Einkäufern auf der andern. „Diese Profis wissen als Allererste, was auf den Schiffen gefangen wurde.“

„Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“, heißt es bei den Frischfisc­h-Spezialist­en. Bei Eurogast Österreich, einem Zusammensc­hluss von elf privaten Großhändle­rn, sind alle relevanten Vorgänge nach den Richtlinie­n des „Internatio­nal Food Standard“(IFS) zertifizie­rt: „Wir haben sämtliche Prozesse analysiert und dementspre­chende Checkpunkt­e eingebaut“, berichtet Susanna Berner, Leiterin des Unternehme­ns. Die Qualität der Ware werde ebenso kontrollie­rt wie die optimalen Temperatur­en bei Transport und Lagerung und viele weitere Details. „Wir stecken sehr viele Ressourcen in diese Kontrollen, wir führen aufwendige Mitarbeite­rSchulunge­n durch und wir setzen, wo es notwendig ist, auf persönlich­e Kontrollen, denn vieles funktionie­rt auf diese Weise besser und sicherer als automatisi­ert“, meint Berner. Viel Aufwand, damit der Fisch letztlich frisch auf dem Teller des Konsumente­n landet.

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[ APA ] Keine Frischfisc­htheken ohne ausgeklüge­lte Transportl­ogistik.

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