Föderalismus geht auch ohne Gamsbart
Die Chance auf eine Staatsreform war noch selten so groß wie jetzt.
Ein kleiner Schritt für die Menschheit, aber ein riesengroßer für die Landesfürsten: Oberösterreichs Landeschef Thomas Stelzer hat nun angekündigt, sein Land werde als erstes sämtliche Förderungen in die Transparenzdatenbank einspeisen. Zuvor schon hatte der aktuelle Vorsitzende der von Ex-Rechnungshofpräsident Franz Fiedler einmal als „rechtliches Nihil“bezeichneten Landeshauptleutekonferenz, Vorarlbergs Landeschef Markus Wallner, zugesagt, dass die Länder ihrer Verpflichtung zu mehr Transparenz nun doch nachzukommen gedenken.
Bravo, Bravissimo! Aber bevor der Jubel zu laut wird: Eigentlich ist das Transparenzdatenbankgesetz, das diese Verpflichtung festlegt, seit 1. Jänner 2013, also seit fast fünf Jahren, in Kraft. Ebenso lange wie die 15a-Vereinbarung, in der sich die Länder dem Bund gegenüber zur korrekten Füllung der Datenbank, mit der unter anderem Förderungsmissbrauch unterbunden werden soll, verpflichten. Ziemlich zäh also, wie die Gesetzeserfüllung in den Ländern abläuft.
Gut Ding braucht eben Weile, könnte man meinen. Oder die richtige Konstellation. Es ist ja kein Zufall, dass die Trendwende hin zu mehr Ländertransparenz von Vertretern der neuen Landeshauptleutegeneration kommt, die mit dem selbstherrlichen Mir-sanmir-Landesfürstentum der abtretenden alten Garde nicht mehr viel am Hut hat. D as macht ein wenig Hoffnung: Wir haben jetzt schon in einigen Bundesländern jüngere Landeshauptleute mit einem modernen Staatsverständnis. Und auf Bundesebene entsteht nach der letzten Wahl gerade eine Konstellation, die Reformfreude mit der für eine Föderalismusreform notwendigen Verfassungsmehrheit kombiniert.
Dieses womöglich nur kurzzeitig aufgehende Opportunitätsfenster sollte dringend für eine radikale und umfassende Staatsreform genutzt werden. Auch wenn die Bewahrer des aktuellen Gamsbartföderalismus schon unverhohlen drohen. Oder wie sonst soll man die vom Präsidenten des dringend abschaffungsbedürftigen Bundesrats getätigte Ansage, „wer Zentralismus säht, wird Separatismus ernten“, auffassen?