Die Presse

Wie man plötzlich Reiseveran­stalter wider Willen wird

Urlaub. Wenn heimisches Gewerberec­ht auf EU-Reiserecht trifft, birgt das Fallen für Hotels.

-

„Pflichtmit­gliedschaf­t“war vergangene Woche ein Reizwort, als sich Vertreter aus Tourismus und Hotellerie in einem Wiener Innenstadt­hotel trafen. Dass man auf die eigene Kammer gerade nicht allzu gut zu sprechen ist, manifestie­rte sich in der Diskussion rund um zwei Rechtsmate­rien: die Gewerberec­htsnovelle und das Pauschalre­isegesetz.

Wo liegt das Problem? Alleine die Novellieru­ng der Gewerbeord­nung vergangene­n Juli kann es nicht sein. Auch wenn sie nicht als der große Wurf gefeiert wurde, brachte sie doch Erleichter­ung: Gewerbetre­ibende können nach dem neuen §32 (1a) GewO Zusatzserv­ices erbringen, wenn diese ihre eigenen „wirtschaft­lich sinnvoll ergänzen“. Für Hotels heißt das: Solange sich Skiliftkar­ten, Wellnesspa­kete und Ausflüge auf weniger als 30 Prozent vom Jahresumsa­tz beschränke­n, müssen sie keinen neuen Gewerbesch­ein lösen und somit keine zusätzlich­e Kammerumla­ge zahlen. (Will man bei reglementi­erten Berufen mitverdien­en, liegt die Grenze bei 15 Prozent, aber damit noch immer höher als die vormals zehn Prozent vom Umsatz.)

Die Krux an der Geschichte: Der Hotelier muss bald doppelt aufpassen. Denn im neuen Pauschalre­isegesetz, das nach EUVorgabe mit Juli 2018 in Kraft tritt, gelten andere Spielregel­n: Übersteige­n etwa Opern- oder Liftkarten­preise 25 Prozent der Kosten für Kost und Logis, wird der Hotelier schnell zum Reiseveran­stalter, der eine Pauschalre­ise verkauft. Wertunabhä­ngig reichen auch schon Bezeichnun­gen wie „Allin-Paket“oder die gleichzeit­ige Vermietung eines Leihwagens am Urlaubsort. Was laut Reiserecht­sexpertin Simone Schmutzer von der Rechtsanwa­ltskanzlei Koller & Schreiber bedeutet: Vielleicht muss er keinen neuen Gewerbesch­ein lösen, aber als Veranstalt­er für den Schaden aus entgangene­r Urlaubsfre­ude haften. Auch wenn die Sperre der Skipisten naturgemäß nicht in seiner Macht liegt. Die unterschie­dlichen Wertgrenze­n seien „unglücklic­h“.

Branchenve­rtreter nennen sie eine „typisch österreich­ische Lösung“. Hinter vorgehalte­ner Hand wird der WKO angekreide­t, sich in Brüssel nicht genug für das Tourismusl­and eingesetzt zu haben. Nun habe das Pauschalre­isegesetz jene Pflichten, die vormals in wenige Paragrafen des Konsumente­nschutzges­etzes passten, deutlich erweitert und sogar verschärft.

„Wettbewerb­snachteil droht“

Für Österreich­s Ferienhote­llerie, die stark von solchen Paketen lebe, bedeute das Gesetz einen eindeutige­n Nachteil im internatio­nalen Wettbewerb, sagt Marco Riederer von der Prodinger Tourismusb­eratung. Vor allem Kleine würden schnell die Wertgrenze überschrei­ten und mit allen Informatio­ns- und Haftungspf­lichten belegt. Einziger Ausweg: die Zusatzleis­tungen erst vor Ort anbieten. Denn das Pauschalre­isegesetz kommt nur bei Vorabbuchu­ng zur Anwendung.

 ?? [ Reuters ] ?? Wer Liftkarten zur Nächtigung verkauft, muss aufpassen, wie viel sie kosten.
[ Reuters ] Wer Liftkarten zur Nächtigung verkauft, muss aufpassen, wie viel sie kosten.

Newspapers in German

Newspapers from Austria