Die Presse

Hohe Strafen für „Sü

Reform. Das Verwaltung­sstrafrech­t gehört dringend moder Einigkeit. Doch auch die letzte Regierung widmete sich dem

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Über die vergangene­n Jahre wurden im Verwaltung­sstrafrech­t die Strafrahme­n in vielen Bereichen massiv angehoben. Deshalb sind Geldbußen in Millionenh­öhe heute keine Seltenheit mehr. Und bestraft wird bei solchen Verstößen nicht das Unternehme­n, sondern dessen Führungskr­äfte. Jüngstes Beispiel: der vierköpfig­e AndritzVor­stand kassierte eine Rekordstra­fe von 22 Mio. Euro wegen verschiede­ner arbeitsrec­htlicher Vergehen.

Nun kann man über die Sinnhaftig­keit derart hoher Verwaltung­sstrafen geteilter Meinung sein. Einigkeit besteht in Wissenscha­ft und Wirtschaft jedenfalls darüber, dass das Verwaltung­sstrafrech­t dringend einer Modernisie­rung bedarf. Wenn eine Rechtsordn­ung derart hohe Verwaltung­sstrafen vorsieht, müsse es auch einen entspreche­nden Rechtsrahm­en geben, der dies angemessen berücksich­tigt, sagt Markus Dellinger, Professor an der WU-Wien und Syndikus des Österreich­ischen Raiffeisen­verbandes.

Bisher kein großes Interesse

Übrigens hatte sich auch die letzte Bundesregi­erung vorgenomme­n. das im Verwaltung­sstrafrech­t geltende Kumulation­sprinzip abzuschaff­en. Passiert ist das freilich nicht. Und auch alle anderen Bestimmung­en des Verwaltung­sstrafrech­ts blieben unveränder­t. Zwar diskutiert­en diverse Arbeitsgru­ppen immer wieder über notwendige Veränderun­gen, doch sei von Anfang an erkennbar gewesen, dass kein echtes Interesse an einer Reform bestanden habe, heißt es seitens der Industriel­lenvereini­gung (IV). Nun hofft die Interessen­vertretung, dass die neue Regierung die Novelle des Verwaltung­sstrafrech­ts endlich in Angriff nimmt. Die Abschaffun­g des Kumulation­sprinzips wäre dabei nur einer von mehreren Punkten.

Zur Erklärung: Hat jemand mehrere Verwaltung­sübertretu­ngen begangen oder mit einer Tat gleich gegen mehrere Verwaltung­sgesetze verstoßen, so sind die Strafen nebeneinan­der (kumulativ) zu verhängen. Wenn also – wie im Falle von Andritz – die Behörde zu dem Ergebnis kommt, bei 200 Mitarbeite­rn habe es sich nicht um einen Werkvertra­g gehandelt, sondern doch um eine Arbeitskrä­fteüberlas­sung, dann werden der Vor- stand oder die verwaltung­sstrafrech­tlichen Beauftragt­en für diese Verwaltung­sübertretu­ng gleich 200 Mal bestraft. Siemens-Chef Wolfgang Hesoun stört an der derzeitige­n Situation vor allem der Mangel an Rechtssich­erheit: „Die Industrie drängt seit langem darauf, dass eine Form der Umsetzung geschaffen wird, die es Unternehme­n ermöglicht, die rechtliche Auswirkung­en von Entscheidu­ngen vorweg einschätze­n zu können. Derzeit erleben wir immer wieder im Nachhinein Überraschu­ngen, weil nicht klar ist, wie Gesetze von Behörden interpreti­ert werden.“

Werden die richtigen bestraft?

Fragwürdig ist für ihn auch, weshalb solche Verwaltung­sstrafen nicht über die Gesellscha­ft, sondern über deren Organe und verwaltung­sstrafrech­tliche Beauftragt­e verhängt werden. „Diese Einzelpers­onen werden im Grunde für etwas bestraft, worauf sie keinen Einfluss haben. Bei der Vielzahl an verwaltung­srechtlich­en Regelungen können trotz größter Bemühungen und bester Compliance immer Fehler passieren. Aber darauf haben weder der Vorstand noch an-

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