Österreich steigt bei Smart Meter auf die Bremse
Energie. Die strengen nationalen Ziele wurden klar verfehlt. Jetzt sollen die intelligenten Stromzähler so langsam kommen, wie es die EU erlaubt.
Wien. Nächstes Jahr ist es so weit: Dann werden die meisten Österreicher von ihrem Netzbetreiber einen sogenannten intelligenten Stromzähler geliefert bekommen. Das bisherige nationale Ziel zum Smart-Meter-Roll-out haben die zögerlichen Versorger damit aber klar verfehlt: Ursprünglich sollten bis Ende 2017 laut Verordnung des Wirtschaftsministeriums 80 Prozent aller Haushalte über einen Smart Meter verfügen. Geworden sind es bisher 8,5 Prozent, wie aus dem Marktbericht des Energieregulators E-Control hervorgeht.
„Das wird sich nicht mehr ausgehen“, sagt E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch. Das dürfte auch das zuständige Wirtschaftsministerium erkannt haben. Wie „Die Presse“erfahren hat, geht dieser Tage eine neue Verordnung in Begutachtung, die den ambitionierten Austro-Zeitplan bremsen soll. Die Republik begnügt sich demnach künftig mit den Mindestzielen aus der EU-Verordnung, wonach im Jahr 2020 erst acht von zehn Haushalten einen intelligenten Zähler haben müssen. Bisher waren in Österreich 95 Prozent im Jahr 2019 vorgesehen.
Smart Meter verrechnen sich
Am Grundproblem hinter der milliardenschweren Umstellung ändert das nichts. Während die Be- fürworter der Einführung große Einsparungen durch genauere Abmessungen in Aussicht stellen, bleibt die Skepsis bei vielen Bürgern groß. Kein Wunder: Erst im Sommer haben Forscher der niederländischen Universität Twente nachgewiesen, dass viele digitale Zähler den Stromverbrauch oft um das Sechsfache überschätzen. Zudem warnen IT-Sicherheitsfirmen, dass sich Österreich mit den Geräten Millionen neuer Einfallstore für Hacker ins Land hole.
Manche Sorgen sind freilich unbegründet. So kann man über den Smart Meter etwa nicht ablesen, welches Fernsehprogramm ein Stromkunde gerade ansieht. Dennoch halten sich derartige Gerüchte hartnäckig.
Die Österreicher sind allerdings nicht die einzigen in Europa, die den Einbau der neuen Geräte mit Skepsis betrachten. Im EUVergleich sind die heimischen Energieversorger sogar unter den Vorreitern bei der Umstellung, so das Ergebnis einer Studie der Prüfungs- und Beratungsorganisation Ernst & Young. 57 Prozent haben demnach zumindest mit dem Rollout begonnen. Fast doppelt so viele wie in Deutschland und der Schweiz.
Wie viele dürfen verweigern?
Nach dem Gesetz darf im Grunde jeder Österreicher den Einsatz eines Smart Meters in seinem Haushalt verweigern (Opt-out). Bis dato liegt die Opt-out-Rate laut E-Control bei rund 1,7 Prozent. Allerdings steht die große Umstellung in den Metropolen, wo überdurchschnittlich viele Verweigerer vermutet werden, noch bevor.
Vollkommen unklar war bisher, was passiert, wenn sich so viele Menschen gegen die neuen Geräte entscheiden, dass das Land die EU-Quote nicht erfüllen kann.
Auch hier soll die neue Verordnung endlich Klarheit bringen. Künftig könnte demnach etwa jeder Haushalt mit einem intelligenten Stromzähler ausgestattet werden. Bei den Gegnern würden die „smarten“Funktionen des Gerät jedoch wieder deaktiviert. Zur EUQuote sollen sie dennoch zählen.