Die Presse

Österreich steigt bei Smart Meter auf die Bremse

Energie. Die strengen nationalen Ziele wurden klar verfehlt. Jetzt sollen die intelligen­ten Stromzähle­r so langsam kommen, wie es die EU erlaubt.

- VON MATTHIAS AUER

Wien. Nächstes Jahr ist es so weit: Dann werden die meisten Österreich­er von ihrem Netzbetrei­ber einen sogenannte­n intelligen­ten Stromzähle­r geliefert bekommen. Das bisherige nationale Ziel zum Smart-Meter-Roll-out haben die zögerliche­n Versorger damit aber klar verfehlt: Ursprüngli­ch sollten bis Ende 2017 laut Verordnung des Wirtschaft­sministeri­ums 80 Prozent aller Haushalte über einen Smart Meter verfügen. Geworden sind es bisher 8,5 Prozent, wie aus dem Marktberic­ht des Energiereg­ulators E-Control hervorgeht.

„Das wird sich nicht mehr ausgehen“, sagt E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschi­tsch. Das dürfte auch das zuständige Wirtschaft­sministeri­um erkannt haben. Wie „Die Presse“erfahren hat, geht dieser Tage eine neue Verordnung in Begutachtu­ng, die den ambitionie­rten Austro-Zeitplan bremsen soll. Die Republik begnügt sich demnach künftig mit den Mindestzie­len aus der EU-Verordnung, wonach im Jahr 2020 erst acht von zehn Haushalten einen intelligen­ten Zähler haben müssen. Bisher waren in Österreich 95 Prozent im Jahr 2019 vorgesehen.

Smart Meter verrechnen sich

Am Grundprobl­em hinter der milliarden­schweren Umstellung ändert das nichts. Während die Be- fürworter der Einführung große Einsparung­en durch genauere Abmessunge­n in Aussicht stellen, bleibt die Skepsis bei vielen Bürgern groß. Kein Wunder: Erst im Sommer haben Forscher der niederländ­ischen Universitä­t Twente nachgewies­en, dass viele digitale Zähler den Stromverbr­auch oft um das Sechsfache überschätz­en. Zudem warnen IT-Sicherheit­sfirmen, dass sich Österreich mit den Geräten Millionen neuer Einfallsto­re für Hacker ins Land hole.

Manche Sorgen sind freilich unbegründe­t. So kann man über den Smart Meter etwa nicht ablesen, welches Fernsehpro­gramm ein Stromkunde gerade ansieht. Dennoch halten sich derartige Gerüchte hartnäckig.

Die Österreich­er sind allerdings nicht die einzigen in Europa, die den Einbau der neuen Geräte mit Skepsis betrachten. Im EUVergleic­h sind die heimischen Energiever­sorger sogar unter den Vorreitern bei der Umstellung, so das Ergebnis einer Studie der Prüfungs- und Beratungso­rganisatio­n Ernst & Young. 57 Prozent haben demnach zumindest mit dem Rollout begonnen. Fast doppelt so viele wie in Deutschlan­d und der Schweiz.

Wie viele dürfen verweigern?

Nach dem Gesetz darf im Grunde jeder Österreich­er den Einsatz eines Smart Meters in seinem Haushalt verweigern (Opt-out). Bis dato liegt die Opt-out-Rate laut E-Control bei rund 1,7 Prozent. Allerdings steht die große Umstellung in den Metropolen, wo überdurchs­chnittlich viele Verweigere­r vermutet werden, noch bevor.

Vollkommen unklar war bisher, was passiert, wenn sich so viele Menschen gegen die neuen Geräte entscheide­n, dass das Land die EU-Quote nicht erfüllen kann.

Auch hier soll die neue Verordnung endlich Klarheit bringen. Künftig könnte demnach etwa jeder Haushalt mit einem intelligen­ten Stromzähle­r ausgestatt­et werden. Bei den Gegnern würden die „smarten“Funktionen des Gerät jedoch wieder deaktivier­t. Zur EUQuote sollen sie dennoch zählen.

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[ APA] Letzte Gnadenfris­t für analoge Zähler.

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