Caritas: Sozialstaat nicht auf „slim fit“trimmen
Welttag der Armen. Landau, Küberl und Schüller fordern Maßnahmen bei Mindestsicherung und Pflege.
Mag sein, aber es wird jetzt so getan, als wäre es nicht normal, dass es mehrere Kandidaten für einen Posten gibt. Das kommt in der Politik immer wieder vor. Und das ist auch gut so, denn das belebt den Diskurs.
Das klingt jetzt aber fast so, als sei eine Kampfabstimmung besser als allein anzutreten. Soweit würde ich jetzt nicht gehen.
Weil Sie den Diskurs so betonen: Würden Sie als Wiener SPÖ-Chef die Partei öffnen? Ja, ich möchte Interessierte einladen mitzuarbeiten. Ich finde etwa die Zusammenarbeit mit NGOs wertvoll.
Wollen Sie mehr Mitgliederbefragungen wie bei Ceta machen? Das kann ein Instrument sein, aber es ist nicht das einzige.
Wie schmutzig, schätzen Sie, wird denn dieser interne Wahlkampf werden? Sie werden von mir kein schlechtes Wort über Michael Ludwig hören.
Ihr Unterstützer Harry Kopietz hat Ludwig einen Kandidaten des Boulevards genannt. Wie gesagt, werden Sie kein schlechtes Wort hören.
Ihre Frau Sonja Wehsely war lange Stadträtin und galt außerdem als Bürgermeisterkandidatin und Vertreterin des linken Flügels, vor allem in der Flüchtlingsfrage. Ich weiß, Sie wollen nicht mit ihr verglichen werden . . . . . . Es ist ganz einfach. Ich bin ich.
Schon klar, aber Sie werden nun einmal mit ihr in Verbindung gebracht. Nein, Sie bringen mich gerade in Verbindung.
Glauben Sie denn, dass dieser Umstand gar keinen Einfluss auf die Abstimmung der Funktionäre hat? Ich konzentriere mich darauf, den Funktionären meine Vorstellungen darzulegen.
Falls Sie Bürgermeister werden, werden Sie die Gelegenheit nutzen und das Stadtrat-Team erneuern? Ja, es würde personelle Neuerungen geben. Wien. Die Caritas hat den ersten Welttag der Armen zum Anlass genommen, die künftige Regierungspolitik an ihre Verantwortung in der Sozialpolitik zu erinnern. In einer gemeinsamen Pressekonferenz am Freitag forderten Präsident Michael Landau und seine Vorgänger Franz Küberl und Helmut Schüller Maßnahmen bei der Mindestsicherung, dem Arbeitsmarkt, im Pflegebereich sowie gegen Steuerhinterziehung.
„Der Grundwasserspiegel der Mitmenschlichkeit muss auch in Zukunft hoch bleiben“, appellierte Landau an die derzeitigen Koalitionsverhandler sowie den neu konstituierten Nationalrat. Darum müsse mit dem „Erbe des Sozialstaats“sorgsam umgegangen werden. Etwa bei der Mindestsicherung, wo die Caritas nicht zum ersten Mal eine bundesweit einheitliche Regelung forderte. Nicht die Armutsbetroffenen müssten bekämpft werden, sondern die Armut.
Nicht anders sieht es laut dem amtierenden Caritas-Präsidenten bei der Arbeitslosigkeit aus. Diese gehe zwar zurück, sei aber noch immer viel zu hoch. Weiters fordert Landau, geringe Einkommen zu entlasten. Die Abschaffung des Pflegeregresses sei zudem nach wie vor nur ein erster Schritt in diesem reformbedürftigen Bereich. Auch Steuerflucht müsse bekämpft werden. Während „Sozialmissbrauch“sanktioniert werde, handle es sich dabei lediglich um ein Kavaliersdelikt.
Landaus Vorgänger Küberl sprach direkt ÖVP-Obmann Sebastian Kurz an. Dieser habe am Wahlabend für ein respekt- und würdevolles Miteinander in der Politik plädiert. „Er hat den Satz zu früh abgebrochen“, meinte aber der ehemalige Caritas-Präsident: Dieser Umgang müsse gegenüber allen Menschen in Österreich gepflogen werden. Eine Aufforderung Küberls erging aber auch an die österreichischen Bischöfe, die über einen weiteren Sozialhirtenbrief nachdenken sollten.
Sägen am eigenen Ast?
Auch Schüller sprach die künftige Bundesregierung direkt an: „Alle, die versuchen, den Sozialstaat ,slim fit‘ zu machen, sollten darauf achten, dass sie nicht am eigenen Ast sägen.“Während man etwa über Obergrenzen – wie bei Flüchtlingen – diskutiere, merke man nicht, wie still und leise Untergrenzen unterschritten würden.
Lobende Worte gab es vom Initiator der reformorientierten Pfarrer-Initiative für den Initiator des Welttags, Papst Franziskus nämlich: „Diesem Papst geht es um die Menschen.“(APA)