Die Presse

Jetzt ein Sofortbild – und dann?

Fotografie. Mit dem „Polaroid Project“zeigt Peter Coeln erstmals Kunst aus der gesamten Sammlung des Hersteller­s. Es könnte die letzte Schau im Westlicht sein.

- VON TERESA SCHAUR-WÜNSCH

Damals, als Peter Coeln noch Werbefotog­raf war und seine Räume in der Westbahnst­raße noch keine Galerie, sondern sein Studio – damals, sagt Coeln, sei Polaroid Teil seines berufliche­n Lebens gewesen. Nicht künstleris­ches Mittel, sondern Werkzeug: „Man hat jedes potenziell­e Bild zunächst einmal mittels eines Polaroids begutachte­t.“

Heute hat man dazu ein Display auf der Digitalkam­era. Und Polaroid, das die Entwicklun­g verschlafe­n hatte und in Konkurs ging, ist nicht nur wiederbele­bt – sondern erfreut sich größter Beliebthei­t. Vor allem unter Leuten, die zu Original-Polaroid-Zeiten noch nicht einmal geboren waren. „Käufer von Polaroid-Kameras sind extrem jung“, beobachtet Coeln. „Das haptische Sofortbild zieht.“

Nicht zuletzt dieser Interessen­tenschicht ist die neueste Ausstellun­g in der Galerie Westlicht gewidmet. „The Polaroid Project“vereint erstmals Bilder aus dem amerikanis­chen und dem europäisch­en Teil der Polaroid Collection. Sofortbild­er waren nämlich nicht nur im privaten Alltag beliebt. Edwin Land, Physiker und Gründer der Firma, habe von Anfang an eng mit Künstlern wie dem US-Landschaft­sfotografe­n Ansel Adams zusammenge­arbeitet, schildert Westlicht-Chefkurato­rin Rebekka Reuter. Sie wurden mit Kameras und Filmen ausgestatt­et, Adams bekam sogar ein Budget, Edwin Land im Gegenzug Beratung und Feedback durch die Fotografen – und Kunstwerke. Diese wurden am Firmensitz in Cambridge, Massachuse­tts, gesammelt, in Europa am Standort des niederländ­ischen Werks in Enschede.

Letzteres ist jene Sammlung, die heute Peter Coeln gehört. Sofort als er gehört habe, dass die Masseverwa­lter von Polaroid die Assets verwertete­n, habe er die Fotos besichtigt, ein ihm mögliches Angebot gelegt – und zu seiner Überraschu­ng den Zuschlag erhalten. Schon 2011 zeigte er Teile davon; nun sind auch Bilder aus der amerikanis­chen Polaroid Collection dabei (aus denen allerdings Highlights nach der Pleite versteiger­t worden sind).

Andy Warhol beim Niesen

Nichtsdest­otrotz kann man nun etwa Andy Warhol beim Niesen zuschauen. „Ein Foto bedeutet, dass ich von jeder Minute weiß, wo ich war“, wird die Pop-Art-Legende zitiert. Warhol arbei-

heißt die jüngste Ausstellun­g der Galerie Westlicht über die Mythos gewordene Marke mit der lange Zeit revolution­ären Technologi­e. Zu sehen sind 200 Polaroids von rund 100 Fotografen aus dem amerikanis­chen und dem europäisch­en Teil der Polaroid Collection. Nach Fort Worth in Texas ist Wien die erste europäisch­e Station der Schau (bis 25. Februar 2018), danach geht sie nach Hamburg, Berlin, Singapur, Montreal und Cambridge, MA. Auf www.westlicht.com werden derzeit Unterschri­ften zum Erhalt der Galerie gesammelt. tete mit dem berühmten SX-70-Format mit weißem Rahmen, das selbst wohl zur Popkultur zählt, und fotografie­rte sich und sein Umfeld für sein „visuelles Tagebuch“. Daneben gab es aber auch Künstler, die mit den SX-70-Bildern experiment­ierten. Und dann war da noch das 20x24-Inch-Großformat. Nur sechs Stück gab es von dieser großformat­igen Kamera, sie standen den Künstlern zur Verfügung, die – höchst scharfen – Ergebnisse sind ebenfalls zu sehen.

Das vom Österreich­er Florian Kaps begründete „Impossible Project“heißt übrigens mittlerwei­le „Polaroid Originals“. 2008 war Kaps mit ehemaligen Ingenieure­n der Marke angetreten, um das Sofortbild zu retten, man sicherte alte Filmbestän­de und machte sich daran, das aus chemischen und technische­n Gründen nicht reproduzie­rbare Material neu zu erfinden. 2015 übernahm Oskar Smolokowsk­i, Sohn des polnischen Milliardär­s und Großinvest­ors Wiaczelaw Smolokowsk­i. Heuer im Mai sicherte man sich die Marke Polaroid, vor Kurzem wurde die erste neue Kamera präsentier­t.

Für Coeln war die gestrige Präsentati­on der Ausstellun­g dabei betont „business as usual“. Darüber, dass es die letzte Schau im Westlicht sein könnte, mache er sich – noch – keine Gedanken. Nach dem Ausfall der Finanzieru­ng durch Leica steht die Finanzieru­ng, wie berichtet, nur bis Ende März. Zu Jahresende müsse es einen Plan geben, aktuell werden Unterschri­ften für den Erhalt des Westlicht gesammelt, seit Dienstag 13.000.

 ?? [ Clemens Fabry ] ?? Kuratorin Rebekka Reuter und Westlicht-Chef Peter Coeln mit einigen der großformat­igen Polaroids.
[ Clemens Fabry ] Kuratorin Rebekka Reuter und Westlicht-Chef Peter Coeln mit einigen der großformat­igen Polaroids.

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