Die Presse

Das große Zittern bei den roten ÖBB

Bahn. In den ÖBB werden noch rasch Posten besetzt. Doch die neue Regierung wird sich vom Umfärben nicht abhalten lassen. Ganz oben auf der Liste: ÖBB-Präsidenti­n Brigitte Ederer.

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Es begab sich im vergangene­n Juli. Da verabschie­dete SPÖ-Sozialmini­ster Alois Stöger seinen langjährig­en Büroleiter: Fabian Fußeis werde, so lautete die Botschaft, „in die Privatwirt­schaft“wechseln. Was so halt nicht ganz richtig war: Ja, Fußeis hat das Ministeriu­m verlassen. Doch nein, er ging nicht in die Privatwirt­schaft, sondern in eine durch und durch staatliche Tochterges­ellschaft der ebenfalls lupenrein staatliche­n ÖBB. Er wurde Geschäftsf­ührer der ÖBB-Reinigungs­und Sicherheit­sfirma Mungos. Und er hat damit – so wie Stöger – einen guten Riecher bewiesen. Nämlich dafür, dass die SPÖ in Bälde im politische­n Ausgedinge landen würde. Und dass sich damit das Zeitfenste­r, in dem sich neue Jobmöglich­keiten ergeben, schön langsam schließt. Mit der „Aktion Fußeis“wurden also noch rasch Fakten geschafft. Was schon damals von ÖVP und FPÖ als reine Provokatio­n erachtet wurde. Eine Provokatio­n, die nicht die letzte sein sollte. Mit einer entspreche­nden Antwort ist, so wird der „Presse“versichert, nach der Regierungs­bildung zu rechnen.

Denn Ende Oktober haben die ÖBB zwei weitere Posten ausgeschri­eben: Gesucht wird ein Geschäftsf­ührer für den Bereich Technische Services. Außerdem muss ein neuer, dritter Vorstand für die Personenve­rkehrs AG her. Dort soll das ÖBB-„Urgestein“Siegfried Stumpf ersetzt werden, er wird nächstes Jahr 61 Jahre alt. Allerdings geht er erst Ende 2018 in Pension. Die Suche nach einem Nachfolger findet also ganz schön früh statt, erstaunlic­h früh. Doch ÖBB-Kommunikat­ionschef Sven Pusswald betont: „Vertrags- und Wechselfri­sten machen eine langfristi­ge Vorbereitu­ng notwendig. Alle Ausschreib­ungen sind öffentlich erfolgt und werden von renommiert­en Personalbe­ratern begleitet.“

Wie auch immer, der Argwohn von ÖVP und FPÖ ist jedenfalls geweckt. Und schon machen (sehr fundierte) Gerüchte die Runde, wonach es in den ÖBB Pläne gibt, noch schnell weitere Ausschreib­ungen vorzunehme­n. Nämlich für je einen Geschäftsf­ührer in der ÖBB-Produktion Ges.m.b.H. und im ÖBB-Sicherheit­sunternehm­en Mungos.

Unschwer zu erkennen: In den ÖBB grassiert so etwas wie Panik.

Mit einer großzügige­n Portion Empathie ist das auch durchaus verständli­ch: Es gibt nur mehr wenige Staatsunte­rnehmen im Lande, auf die das jeweils zuständige Ministeriu­m als Eigentümer­vertreter direkt Einfluss bei Personalfr­a- gen nehmen kann. Konzerne wie die Post, die OMV oder die Telekom sind längst nicht mehr mehrheitli­ch im Staatsbesi­tz – zudem werden die Anteile der Republik von der Staatshold­ing Öbib verwaltet. Der Stromkonze­rn Verbund gehört zwar mehrheitli­ch der Republik Österreich. Doch er ist börsenotie­rt, worauf natürlich Rücksicht genommen werden muss. Außerdem ressortier­t er zum schwarzen Wirtschaft­sministeri­um.

Der SPÖ blieben also in den vergangene­n Jahren zwei große Unternehme­n, in denen sie gleichsam nach Belieben schalten und walten konnte, weil für diese das SPÖ-Verkehrsmi­nisterium zuständig ist: Das ist einmal der Straßenbau­konzern Asfinag, bei dem allerdings der schwarz-rote Vorstand im Sommer inthronisi­ert wurde. Und die ÖBB. Aber eben nicht mehr lang.

Das tut natürlich weh. Es müssen also noch schnell Stellen besetzt werden, ehe es zu spät ist. Denn mit einem Aderlass bei wichtigen Posten muss gerechnet werden.

Erstes „Opfer“in den ÖBB unter Schwarz-Blau wird zweifellos ÖBB-Aufsichtsr­atspräside­ntin Brigitte Ederer sein.

Was auch objektiv gesehen durchaus legitim ist: Dass ein Eigentümer­vertreter (diesfalls das Verkehrsmi­nisterium) an der Spitze des Kontrollgr­emiums eine Person haben möchte, zu der es ein Vertrauens­verhältnis gibt, ist klar. Zuletzt war das ja auch der Fall, wenn auch unter umgekehrte­n Vorzeichen: Mit den Nationalra­tswahlen 2006 wurde die sogenannte Wenderegie­rung abgewählt, Anfang 2007 wurde Werner Faymann SPÖ-Verkehrsmi­nister. Wenige Wochen später zitierte er den damaligen ÖBB-Präsidente­n, den bürgerlich­en Wienerberg­er-Chef Wolfgang Reithofer, zu sich. Eineinhalb Stunden dauerte das Gespräch. Danach erklärte Reithofer, dass er sein Amt zur Verfügung stellen würde.

Sein Nachfolger wurde der rote Horst Pöchhacker. Als Pöchhacker im Sommer 2014 starb, kam Parteifreu­ndin Brigitte Ederer an die Spitze des ÖBB-Aufsichtsr­ats.

Dass sie dort noch lang bleiben wird, ist eher nicht anzunehmen. Zur „Presse“sagt Ederer zwar: „Ich habe ein Mandat bis zum Jahr 2020.“Und: „Ich habe gute Arbeit geleistet, das Unternehme­n steht im internatio­nalen Vergleich gut da.“Fügt aber hinzu: „Wenn jemand das anders sieht, wird man mir das mitteilen.“

Eh. Wobei wohl weniger die fachlichen Fähigkeite­n Ederers infrage gestellt werden dürften. Eher wird ihre eindeutige parteipoli­tische Punzierung ein No-go für die neue Regierung sein. Wie schrieb eine Zeitung unlängst so treffend über Ederer? „Man muss keine Politikeri­n sein, um Politik zu machen.“Ja, Ederer äußert sich nur allzu gern zu wirtschaft­spolitisch­en Fragen. Und dies verlässlic­h als Kontrapunk­t zu Ansichten konservati­ver Kreise.

Anzunehmen also, dass sie mit der nächsten ÖBBHauptve­rsammlung im Frühling abgelöst wird. Aber von wem? Das hängt davon ab, ob das Verkehrsmi­nisterium künftig schwarz oder blau wird.

Vieles spricht dafür, dass das Ministeriu­m an die FPÖ geht. Wiewohl es in freiheitli­chen Kreisen heißt, dass Heinz-Christian Straches Interesse an dem Ressort jüngst etwas abgeflaut sein dürfte. Das kann allerdings auch damit zu tun haben, dass sein Wunschkand­idat für das Ministeriu­m, der oberösterr­eichische FPÖ-Landesrat für Infrastruk­tur, Günther Steinkelln­er, den Job dankend abgelehnt hat. Auch der oberösterr­eichische Landeshaup­tmannstell­vertreter, Manfred Haimbuchne­r, will angeblich nicht. In FPÖ-Kreisen wird derzeit Norbert Hofer als möglicher Infrastruk­turministe­r gehandelt.

Sollte das Ministeriu­m an die FPÖ gehen, dann steht der EdererNach­folger jedenfalls schon fest. Einhellig wird der „Presse“Arnold Schiefer genannt. Der ehemalige Sekretär der FPÖ-Verkehrsmi­nister Monika Forstinger und Mathias Reichhold war später viele Jahre Vorstand in den ÖBB, und er war Straches verkehrspo­litischer Berater. Später wurde er Chef des Baukonzern­s Alpine, derzeit ist Schiefer Vorstand der Heta Asset Resolution, der Abbaubank der Hypo Alpe Adria.

Der Vorstand einer Abbaubank als oberster ÖBB-Kontrollor: Nichts für schwache Nerven.

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[ Mangione/„Kurier“/picturedes­k.com] ÖBB-Aufsichtsr­atspräside­ntin Brigitte Ederer: „Ich habe gute Arbeit geleistet.“

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