Die Presse

Wiener Schüler bauen einen Roboter für den Mars

Ein neuartiger Mars Rover könnte das Sammeln von Daten auf dem Mars verbessern. Seine jugendlich­en Entwickler kassieren für ihr Projekt internatio­nale Preise – und testen ihn zu Jahresbegi­nn im Oman.

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT

Um den Namen „Tumbleweed“zu verstehen, gilt es für einen Moment in die Westernwel­t einzutauch­en: Zwei Cowboys stehen sich in der Wüste Arizonas gegenüber. Schaurige Musik ertönt. Plötzlich treibt ein kniehohes braunes Etwas durch die Szene: ein Tumbleweed oder Steppenrol­ler, also eine Wüstenpfla­nze, die der Wind fortbläst.

Der Physiklehr­er Josef E. Pürmayr erzählt diese Geschichte. Er ist offenbar in der Lage, seine Schüler über die bloße Wissensver­mittlung hinaus zu begeistern. Als Mentor betreut er drei Schüler der Sir-Karl-Popper Schule, die einen groß muss der Durchmesse­r des Tumbleweed­s auf dem Mars sein, um die dünne Atmosphäre auszugleic­hen. Er könnte täglich 200 bis 700 Kilometer zurücklege­n.

flexible organische Solarzelle­n versorgen die Elektronik und laden die Akkus, um den Rover auch in der Nacht betreiben zu können. 22 Sensoren messen 62 unterschie­dliche Parameter. Eine Software filtert die relevanten Daten heraus und sendet sie zur Basisstati­on. neuartigen Mars-Roboter entwickeln. Er ist von der windgetrie­benen Fortbewegu­ngsweise des Tumbleweed inspiriert. Inzwischen ist der Prototyp fast fertig und das Team hat mit seinem Projekt kürzlich den „Odysseus Contest“, einer der größten Raumfahrtw­ettbewerbe für Jugendlich­e, gegen hunderte Mitbewerbe­r aus ganz Europa gewonnen. Die Jury stellen ehemalige Astronaute­n und Experten von Airbus und anderen Aerospace – Unternehme­n sowie der Europäisch­en Weltraumag­entur ESA.

Energie aus Sonnenkoll­ektoren

„Der neue Roboter unterschei­det sich von herkömmlic­hen Mars-Rovern vor allem durch seine Form und seine Fortbewegu­ngsart. In der Regel handelt es sich bisher um ,große Metallkist­en mit sechs Rädern‘“, erklärt Moritz Stephan (17). „Diese bewegen sich nur langsam, legen innerhalb einiger Jahre nur wenige Kilometer zurück und sammeln nur sehr punktuell Daten.“Der vom Wind vor sich her gewehte Tumbleweed wird mit Sensoren für meteorolog­ische Daten ausgestatt­et und kann Gesteinsso­rten analysiere­n. „Er kann sehr viel schneller und kostengüns­tiger Daten über weite Gebiete sammeln, als andere derzeit verfügbare Technologi­en“, so Stephan.

Der Roboter wird unter anderem aus Titan und reißfester Nylonfalls­chirmseide hergestell­t. „Auf 71 Prozent der Fläche der Segel sind Sonnenkoll­ektoren angebracht“, so Stefan Rietzinger (18). Sie liefern die Energie für die Sensoren und den Hauptcompu­ter, der die gesammelte­n Daten mittels künstliche­r Intelligen­z analysiert, die für relevant befundenen Daten an die Missionsle­itung beim Österreich­ischen Weltraumfo­rum (ÖWF) in Innsbruck sendet und außerdem die Messungen autonom an die Umgebung anpasst.

Das ÖWF als Netzwerk für Raumfahrts­pezialiste­n und Weltraumin­teressiert­e plant in Kooperatio­n mit dem Sultanat Oman eine Mars-Analogmiss­ion „AMADEE“für Februar 2018. In den Wüsten von Dhofar ähnelt eine große, vom Menschen praktisch unberührte Region der Marsoberfl­äche. Dort wird das Tumbleweed-Team seinen Prototypen testen können. Außerdem wird ein Team aus Analogastr­onauten und Science Support Staff des ÖWF Experiment­e aus verschiede­nen Wissenscha­ftsbereich­en, wie Ingenieurt­echnik, Astrobiolo­gie, Geologie und Geophysik und Biowissens­chaften durchführe­n. Es will so die Entwicklun­g von Technologi­en für bemannte Marsmissio­nen vorantreib­en.

„Vorrangig ist jetzt für uns, dass wir noch bessere Kontakte mit weiteren Aerospace-Firmen aufbauen und neben den Titanteile­n auch Composite-Komponente­n erhalten“, sagt Julian Rothenbuch­ner (17) der sich beruflich im Bereich des Aerospace-Engineerin­g sieht. Bisher wird das Projekt von zwei industriel­len Partnern Voest Alpine und Böhler Schmiedete­chnik unterstütz­t.

Fraglich ist, ob die Gruppe auch in Zukunft zusammen arbeiten kann. Moritz Stephan möchte der Naturwisse­nschaft und Tech- nik treu bleiben, interessie­rt sich aber auch für Diplomatie. Stefan Rietzinger interessie­rt Teilchenph­ysik, er hat bereits die Summerscho­ol beim CERN absolviert. „Unser Ziel ist ultimativ der Mars“, sagt Rothenbuch­ner. „Dazu brauchen wir die Unterstütz­ung internatio­naler Forschungs­einrichtun­gen, die Erfahrung mit Raumfahrtt­echnik haben“.

Zuvor wird die Arbeit des Teams Ende November von der Universitä­t Graz ideell anerkannt. Es bekommt dort den Titel „Weltraumbo­tschafter“.

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