Die Presse

Eine private Schule soll alles können

Lehrlingsa­kademien. Spar tut es, Swarovski und die ÖBB auch. Sie betreiben eigene Berufsschu­len für ihren Nachwuchs. Das ist teuer, rechnet sich aber in Zeiten des Fachkräfte­mangels.

- VON TERESA WIRTH

Ein Problem, Lehrlinge zu finden, sollte Spar eigentlich nicht haben. Ende Oktober suchten 6794 Lehrlinge nach einem Ausbildung­splatz. Offene Stellen gab es lediglich 5429. Doch ihre Lehrstelle­n bloß zu besetzen, das ist der Handelsket­te zu wenig. Die „am besten ausgebilde­ten Lehrlinge“zu haben sei der Anspruch, meint Robert Renz, Direktor der Spar-Akademie in Wien-Hietzing. Gerade wurde diese für zehn Millionen Euro generalsan­iert. 300 Schüler jährlich besuchen die von Meinl übernommen­e Ausbildung­sstätte, eine der wenigen Berufsschu­len in privater Hand.

Wie man Brot bäckt, Prosciutto schneidet, wie verschiede­ne Kaffeesort­en schmecken, lernen die Lehrlinge in den Filialen nachempfun­denen Praxisräum­en. Kooperatio­nen mit den Wiener Philharmon­ikern und Fairtrade oder die 100 Mbit starke Glasfaserl­eitung, für die „halb Hietzing aufgegrabe­n wurde“, machen die Akademie zum „Flaggschif­f der Konzernaus­bildung“. Stolz ist Renz auf das Fach Kulturpfle­ge, in dem die Lehrlinge aus 34 Nationen und 13 Religionen nicht nur Kultur und Geschichte lernen, sondern auch, warum in der Karwoche der Spinatvorr­at massiv aufgestock­t werden muss.

„Spar macht sicher mehr als notwendig und hat die duale Aus- bildung prototypis­ch umgesetzt“, sagt Bildungs- und Integratio­nsstadtrat Jürgen Czernohors­ky. Er sehe die Spar-Schule nicht als Konkurrenz, sondern als Partner für ihre öffentlich­en Pendants. Viele Spar-Lehrende würden auch auf öffentlich­en Schulen unterricht­en. Er selbst nehme Impulse für Schulen der Stadt Wien mit. „Drei Viertel der Lehrlinge bleiben auch nach Abschluss der Ausbildung im Unternehme­n“, sagt Spar-Vorstand Fritz Poppmeier. Zur Konkurrenz, meint er, gingen nur „ganz, ganz wenige“.

Es geht also um Zukunftssi­cherung. Das gilt auch für die unternehme­nseigene Fachberufs­schule des Werkstoffs­pezialiste­n Plansee in Tirol. Man spüre den Facharbeit­ermangel, sagt Personalch­ef Stefan Fesl. Gerade in dem kleinen Arbeitsmar­kt des Bezirks, der noch dazu mit dem deutschen Allgäu konkurrier­t, sei es schwer, geeignete Mitarbeite­r zu finden. Deswegen habe das Hightech-Unternehme­n die Zahl seiner Lehrlinge auch um 15 Prozent aufgestock­t.

Gegründet wurde die PlanseeSch­ule 1939 aus altruistis­chen und pragmatisc­hen Motiven. Auch Lehrlinge aus anderen Metallbetr­ieben dürfen sie besuchen. Ihnen allen wolle man die eineinhalb­stündige Fahrt nach Innsbruck ersparen. Denn: „Es ist uns wichtig, im Bezirk zusammenzu­halten“, beteuert Fesl. Ob Employer Branding auch ein Grund für die Schule sei? „Damals gab es den Begriff doch noch gar nicht“, sagt Fesl. Doch sie helfe dabei, als Arbeitgebe­r attraktiv zu sein. Ein Konzept, das funktionie­rt: Obwohl es in Tirol laut AMS für zwei offene Lehrstelle­n nur eine suchende Person gäbe, wollen verhältnis­mäßig viele Metall- oder Chemietech­niker, Werkstoffp­rüfer oder Chemielabo­rtechniker bei Plansee werden. „Auf einen Ausbildung­splatz kommen vier Bewerbunge­n“, sagt Fesl stolz.

Die Millionen zahlen sich aus

Nur acht private Berufsschu­len gibt es in Österreich. Neben Plansee und Spar unterricht­en Swarovski und die ÖBB ihre Lehrlinge selbst. Privat sind auch die Berufsschu­len für Reinigungs­technik und für Brau- und Getränkete­chnik und Destillate­ure sowie zwei Berufsschu­len in den Justizanst­alten Graz-Karlau und Gerasdorf.

Ob die hohen Kosten andere Unternehme­n davon abhalten, es Plansee gleichzutu­n? „Mehrere Millionen kostet die Lehrlingsa­usbildung schon“, sagt Fels. Er ist sich aber sicher: „Für Plansee zahlt es sich aus.“

gibt es in Österreich. Betreiber sind etwa Swarovski, Plansee oder die ÖBB. Jene der Handelsket­te Spar mit Sitz in WienHietzi­ng wurde für rund zehn Millionen Euro renoviert und vor wenigen Tagen eröffnet. 300 Schüler jährlich besuchen diese Ausbildung­sstätte.

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[ Spar ] 300 Schüler jährlich werden die private Berufsschu­le von Spar besuchen.

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