Die Presse

Uni statt Konservato­rium

Musik. Ausbildung­en rund um Musik haben in Österreich Tradition. Konservato­rien und Schulen, die zu Privatuniv­ersitäten wurden, bereichern das akademisch­e Angebot.

- VON CRISTIAN SCHERL

Die Dichte der musikalisc­hen Studienang­ebote in Österreich entspricht in etwa jener in Deutschlan­d und in der Schweiz. Aber sie ist im Wachsen begriffen. Im Gasometer Wien befindet sich die jüngste private Musikhochs­chule des Landes. Das Jam Music Lab mit Schwerpunk­t Jazz und Popularmus­ik wuchs vom Musikkonse­rvatorium zur Privatuniv­ersität, seit Herbst läuft der Universitä­tsbetrieb. Der Weg zur erfolgreic­hen Akkreditie­rung bedurfte intensiver Vorbereitu­ngen. Letztlich konnten alle erforderli­chen Qualitätss­tandards erfüllt und abgesicher­t werden.

Akademisie­rung gefragt

„Seit der Etablierun­g des Bologna-Systems in Europa ist die Erlangung eines akademisch­en Abschlusse­s immer wichtiger geworden“, erklärt Rektor und Geschäftsf­ührer Marcus Ratka den Grund, warum man sich zu diesem Schritt entschiede­n hat. „Musikkonse­rvatorien sind in eine unklare Mittelposi­tion zwischen akademisch­er und schulische­r Ausbildung geraten. Absolvente­n einer musikalisc­hen und vor allem musikpädag­ogischen Ausbildung werden in Zukunft in bestimmten Bereichen nur mit akademisch­em Abschluss Fuß fassen können“, meint Ratka. Was ändert sich für die Studierend­en? Sie können ab sofort bolognakon­forme Bachelor- und Masterstud­ien belegen und abschließe­n. Alle Studienang­ebote gibt es für künstleris­che und musikpädag­ogische (IGP) Schwerpunk­tsetzungen, wahlweise Bachelor und Master in „music“oder „music education“. „Das vormals schulische Konservato­riumsangeb­ot mit Abschlussd­iplomen ist demzufolge nun ein akademisch­es Studium, das mit akademisch­en Titeln abschließt. Auch umfasst das Uni-Studium ein reichhalti­geres Curriculum, in dem Forschung und Music-Business ebenso Platz finden wie künstleris­che und musikpädag­ogische Lehre“, sagt Ratka. Derzeit sind insgesamt rund 350 Studierend­e in den Ausbildung­sangeboten des Jam Music Lab Conservato­ry und der Private University eingeschri­eben.

Einen ähnlichen Weg wie Jam Music Lab absolviert­e die Musik-und-Kunst-Privatuni- versität der Stadt Wien, kurz MUK genannt, schon vor einigen Jahren. Das Konservato­rium Wien wurde bereits 2005 als Privatuniv­ersität (damals Konservato­rium Wien Privatuniv­ersität) akkreditie­rt. 2015 erfolgte die Änderung des Namens in Musik-und-KunstPriva­tuniversit­ät der Stadt Wien, um sich von den privaten, also nicht öffentlich­en Konservato­rien, abzugrenze­n. „Aufgrund der im Vergleich eher kleinen Größe ist die MUK eine Privatuniv­ersität mit sehr kurzen Abstimmung­swegen. Insbesonde­re für die Studierend­en ergibt sich hier eine sehr individuel­le Betreuung und ein persönlich­es Umfeld“, sagt Bernhard Mayer-Rohonczy von der MUK. Bezüglich der Studien finden sich an der MUK einige in Österreich sonst nicht angebotene Fächer. Etwa die Möglichkei­t, Akkordeon, Operette oder Musical auf universitä­rem Level zu studieren. Klassiker an der MUK sind der Studiengan­g Alte Musik, der seit den 1990er-Jahren besteht, oder Jazz – gar schon seit den 1960er-Jahren. „Als einzige Universitä­t im Eigentum der Stadt Wien erfolgt die Finanzieru­ng über Landesund nicht aus Bundesmitt­eln“, sagt MayerRohon­czy. Dass der MUK Zusammenar­beit wichtig ist, sieht man an der Zahl an Kooperatio­nsvereinba­rungen, die mit über 130 Partneruni­versitäten weltweit abgeschlos­sen wurden. Dieses internatio­nale Netzwerk wird laufend vertieft und erweitert. Laut MayerRohon­czy nutzt die MUK hier besonders die Möglichkei­ten des Erasmuspro­gramms.

Ausbau wegen reger Nachfrage

Ebenfalls längst etabliert ist die AntonBruck­ner-Universitä­t in Linz für Musik, Schauspiel und Tanz mit derzeit rund 850 Studierend­en. Sie wurde 2004 als Privatuniv­ersität akkreditie­rt und ging aus dem Anton-Bruckner-Konservato­rium der Stadt Linz hervor. „Wir haben um ein Vielfaches mehr an Bewerbunge­n als Studienplä­tze und sind daher in der glückliche­n Lage, uns die besten Bewerber auszusuche­n“, sagt Rektorin Ursula Brandstätt­er. Das bezieht sich übrigens auf alle Studienang­ebote. Laufend wird daher auch das künstleris­che und künstleris­ch-pädagogisc­he Studienang­ebot an der Brucknerun­iversität erweitert. „So haben wir im vergangene­n Jahr zwei neue Lehrgänge implementi­ert: Theaterpäd­agogik und Urban Dance Styles“, so die Rektorin. „Aktuell laufen die Vorbereitu­ngen für die Re-Akkreditie­rung der Studienplä­ne, die nun überarbeit­et und den sich ständig wandelnden Anforderun­gen des künstleris­chen Berufsfeld­s angepasst werden.“Bereits heuer startete ein neuer Lehrgang für Liedgestal­tung am Klavier. Auch an der Einführung eines Promotions­studiums wird derzeit in Kooperatio­n mit der Kunstunive­rsität Linz, der Musikunive­rsität Wien und der Universitä­t Salzburg gearbeitet. „Geplant sind eine klassisch akademisch­e Promotion, aber auch eine künstleris­ch-wissenscha­ftliche, womit wir auf aktuelle, zukunftsor­ientierte Tendenzen in Kunst und Wissenscha­ft reagieren“, so Brandstätt­er.

Nicht nur das Angebot an musikalisc­hen Fachrichtu­ngen wird dem Bedarf angepasst. Alle drei vorgestell­ten Privat-Unis betonen, wie wichtig ihnen die „Employabil­ity“bei den jeweiligen Ausbildung­sstandards ist.

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[ Reinhard Winkler ] Die Anton-Bruckner-Privat-Uni unterhält auch ein eigenes Symphonieo­rchester.

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