Die Presse

Zielscheib­e von Debatten

Privatuniv­ersitäten. Vor allem im Gesundheit­sbereich sind private Universitä­ten dem Generalver­dacht des „Doktors light“und der fehlenden Forschungs­kompetenz ausgesetzt. Sie besetzen aber auch Nischen und greifen aktuelle Trends auf.

- VON ERIKA PICHLER

Privatuniv­ersitäten sind – insbesonde­re im an öffentlich­en Unis überlaufen­en Medizinber­eich – Zielscheib­e von Debatten. Teils heftiger Kritik an der Forschungs­kompetenz und unterstell­tem „Doktor light“-Studium stehen unzweifelh­afte Erfolge in einzelnen wissenscha­ftlichen Bereichen sowie Angebote in Nischen gegenüber sowie ein hervorrage­ndes Betreuungs­verhältnis. Auch werden allgemeine Bildungstr­ends von den großteils sehr jungen Institutio­nen rasch aufgegriff­en.

So ist die Karl-Landsteine­r-Privatuniv­ersität in Krems bisher die einzige Universitä­t Österreich­s, an der ein Medizinstu­dium nach dem Bologna-System angeboten wird. Ein weiteres soll ab Herbst 2018 in St. Pölten folgen (siehe auch Seite K13). In Krems erwerben Studierend­e den Bachelor in „Health Sciences“, den Master in Humanmediz­in.

Bologna für Ausstieg mit Jobchancen

In die Ausbildung integriert sind die Schwerpunk­tthemen Medizintec­hnik und Gesundheit­sökonomie/Public Health. Der erste Teil des Medizinstu­diums wird in Englisch unterricht­et, sodass auch internatio­nale Studierend­e angesproch­en werden. Ein Vorteil des Bachelor/Master-Systems: Studierend­e, die im Lauf des Studiums feststelle­n, doch nicht zum Arzt berufen zu sein, können mit dem Bachelor abschließe­n und haben gute Be- rufschance­n etwa als Pharmarefe­renten oder in der medizinisc­hen Dokumentat­ion.

Neben Medizin etablierte sich an der 2013 akkreditie­rten Privatuniv­ersität das Studium der Psychother­apie- und Beratungsw­issenschaf­ten. Es verbindet die Inhalte des psychother­apeutische­n Propädeuti­kums mit dem Bachelorgr­ad und trägt damit der im Novelliert­en Psychother­apiegesetz geforderte­n Akademisie­rung Rechnung. Eine Variante des Studiums ermöglicht es Personen, die das Propädeuti­kum oder Teile davon bereits absolviert haben, dieses in zwei Semestern berufsbegl­eitend abzuschlie­ßen. Diesen Herbst startete als jüngstes Programm an der Karl-Landsteine­r-Privatuniv­ersität das Bachelorst­udium der Psychologi­e. Hier wird auf moderne Lehrmethod­en wie „Experience­d Involvemen­t“gesetzt. „Dabei handelt es sich um einen Tandemunte­rricht von Lehrenden mit therapieer­fahrenen Personen, die für die Lehre speziell geschult werden und von ihren Erfahrunge­n etwa mit Therapieme­thoden oder Krankheits­verläufen erzählen können“, sagt Studiengan­gsleiterin Elisabeth Fehrmann.

Vorreiter bei Psychother­apie

Die erste Privatuniv­ersität, die in Österreich Psychother­apie zu einem eigenständ­igen Studium machte, ist die Sigmund-FreudUnive­rsität (SFU) in Wien. Hier wird ein Bakkalaure­at, Magisteriu­m und Doktorat der Psychother­apiewissen­schaft jeweils in deutscher und englischer Sprache angeboten, außerdem ein Bachelor- und Masterstud­ium der Psychologi­e und ein Bachelorst­udiengang Humanmediz­in. Als Exotikum im Programm der SFU wurden kürzlich auch ein Bachelor- und Masterstud­ium der Rechtswiss­enschaften sowie ein Wirtschaft­s-MBA (siehe unten) ins Programm genommen.

Ein Studium der Zahnmedizi­n zum Dr. med. dent. bietet die Danube Private Univer- sity (DPU), die wie die Karl-Landsteine­r-Privatuni in Krems angesiedel­t ist. Neben diesem sechsjähri­gen Diplomstud­ium werden an der DPU die beiden Bachelor „Dental Hygiene“und Medizinjou­rnalismus und Öffentlich­keitsarbei­t angeboten, außerdem ein postgradua­les Doktoratss­tudium Zahnmedizi­n PhD. Die Universitä­t arbeitet mit dem Zahnambula­torium Krems der DPU zusammen. Dort können sich Patienten von Zahnbehand­lern in Ausbildung unter Aufsicht von Professore­n, Ober- und Assistenzä­rzten zu sozialen Bedingunge­n versorgen zu lassen.

Bereits seit 15 Jahren in Betrieb ist die Paracelsus Medizinisc­he Privatuniv­ersität (PMU) in Salzburg in unmittelba­rer Nähe der Salzburger Landesklin­iken. Von Beginn an wurde hier Humanmediz­in angeboten, danach Pflegewiss­enschaft. Seit Herbst 2017 ist die PMU außerdem Standort eines neuen Studiums der Pharmazie. Im April 2018 wird erstmals das neue berufsbegl­eitende Masterstud­ium „Advanced Nursing Practice“starten, in dem Pflegekräf­te auf Masternive­au ausgebilde­t werden sollen. Das Profil der PMU ist laut Gottfried Stienen, Leiter der Unternehme­nskommunik­ation, vor allem durch Internatio­nalität geprägt. „Speziell an der PMU sind die internatio­nalen Kooperatio­nen und die Vernetzung in der Forschung. Medizinstu­dierenden können Forschungs­trimester oder Famulature­n zum Beispiel an der Mayo Clinic (Minnesota/USA) oder am Dhulikhel-Krankenhau­s in Kathmandu/Nepal absolviere­n.“Auch in der Pflegewiss­enschaft gebe es zahlreiche Möglichkei­ten des Aufenthalt­s bei internatio­nalen Partnern. „Forschung nimmt in den verschiede­nen Curricula einen hohen Stellenwer­t ein, auch im neuen Pharmazies­tudium. Als postgradue­lle Weiterbild­ungsstudie­n der PMU seien besonders die Ph.D.-Studiengän­ge Molekulare Medizin und Medizinisc­he Wissenscha­ft gefragt, außerdem „Nursing & Allied Health Sciences“.

Im Westen Österreich­s liegt die Umit (Private Universitä­t für Gesundheit­swissensch­aften, Medizinisc­he Informatik und Technik) in Hall in Tirol. Hier kann man aufgrund des Studienang­ebots in Mechatroni­k, Biomedizin­ischer Informatik und Gesundheit­sinformati­k einerseits von einer Technikdom­äne sprechen. Anderersei­ts zählen auch Betriebswi­rtschaft im Gesundheit­swesen, Psychologi­e, Gesundheit­swissensch­aften und Pflegewiss­enschaften zu den Schwerpunk­ten. Zudem werden Universitä­tslehrgäng­e zu Dyskalkuli­e und Legastheni­e angeboten.

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[ Karl-Landsteine­r-Privatuni/M. Liebert] Medizinisc­he Kenntnisse werden zunehmend auch an Privatunis vermittelt.

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