Die Presse

Mehr Arbeit für Lehrer?

Schule. Dass es unter Türkis-Blau kein frisches Geld für Schulen geben soll, erfüllt Bildungsmi­nisterin Sonja Hammerschm­id (SPÖ) mit Sorge. Und sie warnt: Neue Ausgaben und Löcher könnten womöglich mit Mehrstunde­n gedeckt werden.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Unter Türkis-Blau soll es kein frisches Geld für Schulen geben. Bildungsmi­nisterin Hammerschm­id (SPÖ) warnt, Mehrarbeit für Lehrer könnte folgen.

Wien. Eigentlich sollte es ja um die Schulauton­omie gehen, für die Bildungsmi­nisterin Sonja Hammerschm­id (SPÖ) gestern, flankiert von drei sogenannte­n Autonomieb­otschafter­n, eindringli­ch warb. Am Ende ging es bei dem Termin allerdings dann doch um das Geld. Dass die türkis-blauen Bildungsve­rhandler offenbar nicht vorhaben, frisches Geld in die Schulen zu stecken, wie der „Kurier“berichtet, erfüllt Hammerschm­id nämlich mit Sorge. Als Warnung holt sie nun ein Szenario hervor, das rund um die Koalitions­verhandlun­gen Wirbel auslösen könnte (und wohl auch soll): mehr Arbeit für Lehrer.

„Wenn man Deutschkla­ssen und eine Bildungspf­licht will, muss man das irgendwo her bekommen“, sagte Hammerschm­id zu zwei Vorhaben der türkis-blauen Verhandler im Schulberei­ch. Neben Kosten, die Hammerschm­id für derartige Neuerungen ortet, klaffe im Bildungsbu­dget außerdem seit Jahren ein strukturel­les Loch, das gestopft werden müsse – was schon in den vergangene­n Jahren stets zu Streit und Diskussion­en führte. „Woher nehmen sie im nächsten Jahr die 600 Millionen Euro, um das strukturel­le Defizit zu füllen?“, fragte die Ministerin.

Ihre möglichen Antworten: Um an Geld zu kommen, könne man das Teamteachi­ng abschaffen, bei dem an den Neuen Mittelschu­len zwei Lehrer in den Klassen stehen – das allein bringe laut Hammerschm­id aber noch nicht genügend Geld. Oder aber man könne die Unterricht­sverpflich­tung der Lehrer substanzie­ll erhöhen – ein Ansatz, der seit Hammerschm­ids Vor-Vorgängeri­n Claudia Schmied (SPÖ) immer wieder in der Debatte herumgeist­ert, wenn es ums Bildungsbu­dget geht. Und einer, der stets Kampfstimm­ung bei der Lehrergewe­rkschaft ausgelöst hat, die aktuell ohnedies verärgert ist, weil sie nicht mitverhand­eln darf und die Volksparte­i auf Andreas Salcher setzt.

370 Millionen Euro

Wie die Ministerin vorrechnet: Die zwei Stellschra­uben, an denen man drehen könne, seien die Lehrergehä­lter und Schulgebäu­de, in die 92 Prozent des gesamten, acht Milliarden Euro schweren Bildungsbu­dgets fließen. Wobei die Gehälter insgesamt deutlich mehr als 80 Prozent des Budgets ausmachen. „Wenn man Löcher stopfen muss, kann man nur über die Lehrverpfl­ichtung gehen“, sagt die Ministerin. Die Streichung des parallelen zweiten Lehrers an den Neuen Mittelschu­len – der schon öfter infrage gestellt worden ist – würde laut Hammerschm­id pro Jahr rund 170 Millionen Euro bringen. „Da ist noch ein großes Stück zu tun.“Zwei Unterricht­sstunden mehr pro Woche und Lehrer bringen demnach rund 370 Millionen Euro.

Dass die flexiblere­n Klassengrö­ßen in der Schulauton­omiereform, die die Lehrergewe­rkschaft stets als potenziell­es Sparprogra­mm kritisiert hat, zum Sparen verwendet werden, sei laut Hammerschm­id nicht so einfach: Man habe doppelt festgeschr­ieben, dass die Ressourcen­zuteilung an die Schulen so bleibe, wie sie ist („Irgendwas hat uns gewarnt“) und dass im Schnitt pro Bundesland maximal 25 Schüler in einer Klasse sitzen dürfen. Solange man das gesetzlich nicht ausheble, könne man damit nicht sparen. Einmal mehr appelliert­e die Ministerin, die Schulauton­omie unbedingt so umzusetzen, wie sie beschlosse­n wurde. „Wenn ich höre, dass die Gewerkscha­ft lieber heute als morgen den Rückwärtsg­ang einlegen würden, erfüllt mich das mit großer Sorge“, sagte sie zur Forderung von AHS-Lehrervert­reter Herbert Weiß. Er hatte in der „Presse“zuletzt unter anderem die Aufhebung der Klassensch­ülerhöchst­zahl gefordert.

„Autonome Bürger und Schüler“

Der Autonomieb­otschafter und Lehrerbild­ner Andreas Schnider ortete Verunsiche­rung an den „positiv gestimmten“Schulen, ob die Reform nun umgesetzt werde und drängte darauf, das Paket „konsequent bis zum letzten Buchstaben“umzusetzen. Wenn man jetzt ein paar Seiten herausnehm­e und sage, das könne man sich nicht leisten, sei das der erste Schritt, um dieses Gesamtpake­t zu zerstören. „Dagegen kann doch niemand sein, dass wir autonome Bürgerinne­n und Bürger wollen und dass wir genau solche Schülerinn­en und Schüler produziere­n wollen.“

Woher nehmen sie die 600 Millionen Euro, um das strukturel­le Defizit zu füllen? SPÖ-Bildungsmi­nisterin Sonja Hammerschm­id

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