Die Presse

EU-Höchstgeri­cht droht Polen mit Bußgeld wegen Rodungen

Umweltschu­tz. Wenn Warschau nicht sofort die Rodungen im Naturschut­zgebiet Białowie˙za stoppt, muss es täglich 100.000 Euro zahlen.

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Luxemburg/Warschau. Bis dato hatte der Konflikt zwischen der nationalpo­pulistisch­en polnischen Regierung und des EU-Institutio­nen keine handfesten negativen Konsequenz­en für Warschau – vom vergiftete­n Gesprächsk­lima einmal abgesehen. Das könnte sich bereits im kommenden Monat ändern. Der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) hat der polnischen Regierungs­partei PiS Geldbußen in der Höhe von 100.000 Euro pro Tag angedroht, sollte sie sich nicht an die EU-Regeln halten.

Im Mittelpunk­t der Causa (Rechtssach­e C-441/17R) steht nicht die Unabhängig­keit der polnischen Justiz, sondern Białowieza˙ – eines der letzten unberührte­n Urwaldgebi­ete Europas, das sich zwischen Ostpolen und Weißrussla­nd erstreckt. Nur wenige Monate nach der Machtübern­ahme in Warschau genehmigte die PiS-Regierung Anfang 2016 eine massive Ausweitung der Rodungen in dem Naturschut­zgebiet. Begründet wurde der Beschluss mit Forstschut­z – aufgrund der Ausbreitun­g des Buchdrucke­r-Käfers sei die Abholzung auf insgesamt 34.000 Hektar Fläche (gut die Hälfte des gesamten Natura 2000-Schutzgebi­ets) unumgängli­ch, hieß es.

Die EU-Kommission zweifelte die Begründung an und reichte im Juni 2017 eine Vertragsve­rletzungsk­lage gegen Polen ein, denn das Land ist gemäß EU-Recht dazu verpflicht­et, die natürliche­n Lebensräum­e der in Białowieza˙ lebenden Tiere zu schützen. Außerdem wurde Warschau ersucht, bis zum Erlass des Urteils von allen Maßnahmen aktiver Waldbewirt­schaftung (außer im Fall einer Bedrohung für die öffentlich­e Sicherheit) abzulassen – eine Aufforderu­ng, an die sich die Nationalpo­pulisten nicht hielten, obwohl sie vom EuGH bestätigt wurde.

Nun ist den Luxemburge­r Höchstrich­tern der Kragen geplatzt. Der EuGH sei dazu befugt, „alle einstweili­gen Anordnunge­n zu erlassen, die er für erforderli­ch hält, um die volle Wirksamkei­t der Endentsche­idung sicherzust­ellen“, heißt es im Beschluss der Höchstrich­ter vom Montag. Der EuGH gibt Warschau 15 Tage Zeit, um der einstweili­gen Verfügung Folge zu leisten und alle nicht lebenswich­tigen Forstarbei­ten einzustell­en. Sollte die EU-Kommission der Ansicht sein, dass sich Polen noch immer nicht an die Vorgaben hält, wird Warschau „ein an die Kommission zu zahlendes Zwangsgeld in Höhe von mindestens 100.000 Euro pro Tag“auferlegt. Das endgültige EuGHUrteil über Białowieza˙ soll im Laufe des kommenden Jahres fallen. (la)

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