Die Presse

Eine unendliche Geschichte

Chronologi­e. Wie sich der Eurofighte­r-Ankauf zur Polit-Affäre entwickelt­e.

-

Wien. Die neue Koalition muss eine Entscheidu­ng treffen, wie es mit den Eurofighte­rn weiter geht. Die unendliche Geschichte der Luftraumüb­erwachungs­flugzeuge wird damit um ein Kapitel reicher:

2000. Die schwarz-blaue Regierung beschloss, Nachfolger für die schon altersschw­achen Abfangjäge­r des Typs Saab Draken anzuschaff­en.

2002. Die Regierung entscheide­t sich für den Ankauf der Eurofighte­r und gegen den schwedisch­en Saab Gripen, den FPÖ-Verteidigu­ngsministe­r Herbert Scheibner eigentlich favorisier­t hatte.

2006. Die SPÖ führt im Nationalra­tswahlkamp­f eine erfolgreic­he Kampagne gegen den Eurofighte­rAnkauf und verspricht, diesen rückgängig zu machen.

2007. Das Parlament setzt einen Eurofighte­r-Untersuchu­ngsausschu­ss ein, Vorsitzend­er ist der damalige Grüne Peter Pilz. Verteidigu­ngsministe­r wird der frühere SPÖ-Bundesgesc­häftsführe­r Norbert Darabos, der Verhandlun­gen mit dem Eurofighte­r-Konzern aufnimmt. Noch während der U-Ausschuss zahlreiche Unstimmigk­eiten bei der Anschaffun­g der Flugzeuge aufdeckt, einigt sich Darabos mit Eurofighte­r auf einen Vergleich: Statt 18 Flugzeugen der neueren Tranche zwei werden 15 der Tranche eins geliefert. Dafür gibt es einen Preisnachl­ass von 250 Millionen Euro. Im Juli 2007 landet der erste Eurofighte­r.

2008-2015. Das Bundesheer leidet unter immer knapper werdenden Budgetmitt­eln und schränkt den Betrieb der Eurofighte­r immer weiter ein. Es sind nur noch wenige Flugstunde­n möglich, die Luftraumüb­erwachung wird zu einem guten Teil mit den völlig überaltete­n Trainingsf­lugzeugen der Type Saab 105 durchgefüh­rt.

2012. In Italien wird ein Investor namens Gianfranco Lande wegen Anlagebetr­ugs verhaftet. Lande ist Chef einer Firma Namens Vector Aerospace, die von Eurofighte­r 114 Millionen Euro bekommen hat, angeblich um Gegengesch­äfte mit Österreich abzuwickel­n. Die Staatsanwa­ltschaft vermutet, dass über das Netzwerk Schmiergel­der bezahlt wurden und ermittelt seit damals.

2017. Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil (SPÖ) erstattet Strafanzei­ge gegen den Eurofighte­r-Konzern wegen Betrugs und arglistige­r Täuschung beim Ankauf. Die Republik fordert vom Hersteller Schadeners­atz in Höhe von 1,1 Milliarden Euro. Im Parlament wird abermals ein Eurofighte­r-Untersuchu­ngsausschu­ss eingesetzt, der aufgrund des Neuwahl-Beschlusse­s nur wenige Sitzungen abhalten kann. Darin wird der Darabos-Vergleich äußerst kritisch bewertet. Eine von Doskozil eingesetzt­e Task Force kommt zum Ergebnis, dass die Luftraumüb­erwachung kostengüns­tiger abgewickel­t werden kann, wenn die Eurofighte­r stillgeleg­t und neue Flugzeuge angeschaff­t werden. Der nahe Neuwahlter­min verhindert eine Neuausschr­eibung. (maf )

Newspapers in German

Newspapers from Austria