Die Presse

Verscholle­n im Südatlanti­k

Argentinie­n. Vom Marine-U-Boot „San Juan“fehlt trotz großer internatio­naler Suchaktion­en noch immer jede Spur.

- Von unserem Korrespond­enten ANDREAS FINK

Buenos Aires. Die Tage vergehen, die Stunden verrinnen und noch immer bleibt die „ARA San Juan“verscholle­n. 16 Flugzeuge und 31 Schiffe aus acht Ländern suchen bislang vergeblich in den rauen Wassern 400 Kilometer östlich der Halbinsel Valdes´ nach dem argentinis­chen U-Boot, das am Mittwoch letzter Woche seine letzte Funkmeldun­g absendete. Starke Stürme und Wellen von bis zu 15 Metern Höhe komplizier­ten alle Rettungsbe­mühungen in jenen 482.000 Quadratkil­ometern Südatlanti­k, in denen Argentinie­ns Marine das im Jahr 1986 in Dienst gestellte U-Boot vermutet.

Mit 43 Männern und einer Frau an Bord war das Unterseebo­ot auf dem Weg nordwärts von Feuerland in seinen Heimathafe­n Mar del Plata und sollte dabei die Aktivitäte­n asiatische­r Fischereis­chiffe überwachen. Diese dringen laufend in Argentinie­ns Hoheitsgew­ässer ein im Wissen, dass das südamerika­nische Land nicht imstande ist, seine Gewässer zu schützen. Das Drama auf der ARA San Juan ist der bislang deutlichst­e Beweis dafür.

Großbritan­nien und die USA haben den ärmlich ausgerüste­ten Argentinie­rn Spitzentec­hnologie bereitgest­ellt, unter anderem sind Flugzeuge der NASA und der US-Marine im Einsatz, ebenso wie das britische Spezialsch­iff „HMS Protector“, das die genaue Route der ARA San Juan abfährt und das auf diesem Fahrtweg auch den Meeresbode­n analysiere­n kann. Dort nämlich vermuten die Helfer das Boot, womöglich in erhebliche­r Tiefe, 250 bis 700 Meter unter der Oberfläche. Darum tickt die Uhr, stündlich lauter.

Marine-Experten erklären, dass die drei U-Boote der argentinis­chen Marine auf jede Fahr dreimal so viel Lebensmitt­el mitnehmen, wie für die Fahrstreck­e nötig. Davon sollte also noch genug vorhanden sein. Kritischer ist die Versorgung mit Sauerstoff. Generell, so sagen die Fachleute, sollte die Atemluft für etwa eine Woche reichen, zudem habe das U-Boot Sauerstoff­flaschen an Bord, die das Zeitfenste­r weiter ausdehnen könnten, womöglich gar mehrere Wochen, schätzt Antonio Mozzarelli, Vizeadmira­l a. D. und U-Boot-Experte. Doch diese Kalkulatio­nen gelten nur dann, wenn an Bord nichts vorgefalle­n ist, was die Sauerstoff­vorräte aufgebrauc­ht haben könnte, ein Brand oder eine Explosion etwa. Aber das weiß niemand.

Vorschnell­e Meldungen und Dementis

Im letzten Funkverkeh­r am vorigen Mittwochmo­rgen hatte der Kommandant Probleme mit den Batterien gemeldet, weshalb ihm aufgetrage­n wurde, den direkten Weg nach Mar del Plata einzuschla­gen. Doch offenbar handelt es sich dabei um ein gelegentli­ch auftretend­es Problem, das nicht zwangsläuf­ig in eine Katastroph­e münden muss. Die San Juan war zwischen 2007 und 2014 komplett zerlegt und neu aufgebaut worden, dabei wurden sowohl Motoren als auch Batterien ersetzt.

Darum hatten die Behörden zunächst vermutet, der Ausfall der San Juan betreffe womöglich nur die Kommunikat­ionsanlage. Mehrfach verbreitet­en die Behörden vor- schnell Meldungen über angebliche Anrufversu­che und Tonsignale aus der Tiefe. Doch die folgenden Dementis schafften nur noch mehr Unsicherhe­it.

Das Hoffen auf ein Wunder

Die Angehörige­n der 44 Besatzungs­mitglieder bangen auf der Marinebasi­s im Süden von Mar del Plata. Von der Bevölkerun­g des Fischereiz­entrums und Badeortes bekommen die Familien der Matrosen warmen Zuspruch. Und aus dem Präsidente­npalast.

Mauricio Macri war das gesamte verlängert­e Wochenende vor Ort. Der Oberbefehl­shaber einer seit Jahrzehnte­n chronisch unterfinan­zierten Streitmach­t hofft, dass auch ihm ein Wunder gelingen möge wie seinem chilenisch­en Freund Sebastia´n Pin˜era. Dieser hatte 2010 die spektakulä­re Rettung von 33 verschütte­ten Bergleuten aus der Mina San Jose´ geleitet. Auch die Weltpresse spekuliert offenbar auf eine Wiederholu­ng des Dramas von 2010. Am Wochenende installier­ten sich TV-Teams aus aller Welt im Badeort. Vor Saisonbegi­nn stehen genügend Hotelbette­n zur Verfügung.

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[ AFP ] Banges Warten: Die „ARA San Juan“hielt Kurs auf den Marinestüt­zpunkt Mar del Plata.

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