Verschollen im Südatlantik
Argentinien. Vom Marine-U-Boot „San Juan“fehlt trotz großer internationaler Suchaktionen noch immer jede Spur.
Buenos Aires. Die Tage vergehen, die Stunden verrinnen und noch immer bleibt die „ARA San Juan“verschollen. 16 Flugzeuge und 31 Schiffe aus acht Ländern suchen bislang vergeblich in den rauen Wassern 400 Kilometer östlich der Halbinsel Valdes´ nach dem argentinischen U-Boot, das am Mittwoch letzter Woche seine letzte Funkmeldung absendete. Starke Stürme und Wellen von bis zu 15 Metern Höhe komplizierten alle Rettungsbemühungen in jenen 482.000 Quadratkilometern Südatlantik, in denen Argentiniens Marine das im Jahr 1986 in Dienst gestellte U-Boot vermutet.
Mit 43 Männern und einer Frau an Bord war das Unterseeboot auf dem Weg nordwärts von Feuerland in seinen Heimathafen Mar del Plata und sollte dabei die Aktivitäten asiatischer Fischereischiffe überwachen. Diese dringen laufend in Argentiniens Hoheitsgewässer ein im Wissen, dass das südamerikanische Land nicht imstande ist, seine Gewässer zu schützen. Das Drama auf der ARA San Juan ist der bislang deutlichste Beweis dafür.
Großbritannien und die USA haben den ärmlich ausgerüsteten Argentiniern Spitzentechnologie bereitgestellt, unter anderem sind Flugzeuge der NASA und der US-Marine im Einsatz, ebenso wie das britische Spezialschiff „HMS Protector“, das die genaue Route der ARA San Juan abfährt und das auf diesem Fahrtweg auch den Meeresboden analysieren kann. Dort nämlich vermuten die Helfer das Boot, womöglich in erheblicher Tiefe, 250 bis 700 Meter unter der Oberfläche. Darum tickt die Uhr, stündlich lauter.
Marine-Experten erklären, dass die drei U-Boote der argentinischen Marine auf jede Fahr dreimal so viel Lebensmittel mitnehmen, wie für die Fahrstrecke nötig. Davon sollte also noch genug vorhanden sein. Kritischer ist die Versorgung mit Sauerstoff. Generell, so sagen die Fachleute, sollte die Atemluft für etwa eine Woche reichen, zudem habe das U-Boot Sauerstoffflaschen an Bord, die das Zeitfenster weiter ausdehnen könnten, womöglich gar mehrere Wochen, schätzt Antonio Mozzarelli, Vizeadmiral a. D. und U-Boot-Experte. Doch diese Kalkulationen gelten nur dann, wenn an Bord nichts vorgefallen ist, was die Sauerstoffvorräte aufgebraucht haben könnte, ein Brand oder eine Explosion etwa. Aber das weiß niemand.
Vorschnelle Meldungen und Dementis
Im letzten Funkverkehr am vorigen Mittwochmorgen hatte der Kommandant Probleme mit den Batterien gemeldet, weshalb ihm aufgetragen wurde, den direkten Weg nach Mar del Plata einzuschlagen. Doch offenbar handelt es sich dabei um ein gelegentlich auftretendes Problem, das nicht zwangsläufig in eine Katastrophe münden muss. Die San Juan war zwischen 2007 und 2014 komplett zerlegt und neu aufgebaut worden, dabei wurden sowohl Motoren als auch Batterien ersetzt.
Darum hatten die Behörden zunächst vermutet, der Ausfall der San Juan betreffe womöglich nur die Kommunikationsanlage. Mehrfach verbreiteten die Behörden vor- schnell Meldungen über angebliche Anrufversuche und Tonsignale aus der Tiefe. Doch die folgenden Dementis schafften nur noch mehr Unsicherheit.
Das Hoffen auf ein Wunder
Die Angehörigen der 44 Besatzungsmitglieder bangen auf der Marinebasis im Süden von Mar del Plata. Von der Bevölkerung des Fischereizentrums und Badeortes bekommen die Familien der Matrosen warmen Zuspruch. Und aus dem Präsidentenpalast.
Mauricio Macri war das gesamte verlängerte Wochenende vor Ort. Der Oberbefehlshaber einer seit Jahrzehnten chronisch unterfinanzierten Streitmacht hofft, dass auch ihm ein Wunder gelingen möge wie seinem chilenischen Freund Sebastia´n Pin˜era. Dieser hatte 2010 die spektakuläre Rettung von 33 verschütteten Bergleuten aus der Mina San Jose´ geleitet. Auch die Weltpresse spekuliert offenbar auf eine Wiederholung des Dramas von 2010. Am Wochenende installierten sich TV-Teams aus aller Welt im Badeort. Vor Saisonbeginn stehen genügend Hotelbetten zur Verfügung.