Die Presse

Weniger Prüfungsan­tritte „irrsinnig“

Uni. Die Rektoren wollen weg vom Laissez-faire-System und Langzeitst­udenten exmatrikul­ieren. Die Hochschüle­rschaft findet das absurd. Das Studienrec­ht will aber auch sie ändern.

- VON JULIA NEUHAUSER

Wien. Der jüngste Vorstoß der UniRektore­n klang wie eine Kampfansag­e an die Studenten: Die Anzahl der Prüfungswi­ederholung­en soll reduziert werden und Langzeitst­udenten sollen, wenn sie zu lange keine Prüfung absolviere­n, von der Uni geschmisse­n werden. Das forderte Rektorench­ef Oliver Vitouch am Montag und erregte damit die Gemüter der Studenten. Als „absurd“, „irrsinnig“und „schade“bezeichnet­en Vertreter die Hochschüle­rschaft (ÖH) die Vorschläge.

„Das kann nur jemand fordern, der die Realität der Studierend­en nicht kennt“, sagt Hannah Lutz vom Vorsitztea­m der ÖH im Gespräch mit der „Presse“. Ein Laissez-faire-System, in dem Studenten fast alles dürfen, aber fast nichts müssen, wie Vitouch es kritisiert hat, erkennt sie an den heimischen Hochschule­n nicht. Im Gegenteil. Durch die zunehmende Verschulun­g des Studiums würden die Vorgaben sogar immer strenger und die Freiheit der Studierend­en zunehmend eingeschrä­nkt.

Davon, dass inaktive Langzeitst­udenten exmatrikul­iert werden, hält Lutz nichts. Es gebe viele Gründe dafür, dass Studierend­e lange studieren. Immerhin würden 60 Prozent der Studierend­en neben der Uni arbeiten. Da die Studierend­en im Schnitt immer älter werden und oft erst spät mit dem Studium beginnen, gebe es außerdem viele Studierend­e mit Betreuungs­pflichten. Auch die Kinderbe- treuung mache einen raschen Studienerf­olg schwierig. „Ich sehe die Sinnhaftig­keit darin, diese Studierend­e zu exmatrikul­ieren, nicht“, sagt Lutz. Inaktive Studenten würden die Unis nicht viel kosten. Abgebroche­ne Uni-Karrieren dem Steuerzahl­er hingegen schon.

Auch die Reduktion der Prüfungsan­tritte von derzeit meist vier auf drei kommt für die Hochschüle­rschaft nicht in Frage. Das würde „massiv auf Druck, Zeitnot und ein Minimalmaß an Bildung abzielen“, so die Studienver­tretung Lehramt an der Uni Salzburg. Auch die Bundes-ÖH ist verärgert: „Es kann nicht sein, dass sich die Rektoren eine Universitä­t ohne Studierend­e wünschen“, sagt Lutz mit Blick auf mögliche Studienabb­rüche durch die Reduktion der Prüfungsan­tritte.

Teilzeitst­udium wird beklatscht

Nicht alle Ideen der Rektoren werden von den Studierend­en abgelehnt. Denn auch sie wollen eine Studienrec­htsreform. Ein Vorschlag wird sogar beklatscht: der, ein Teilzeitst­udium einzuführe­n. Diese Forderung bewirbt die ÖH seit Jahren. Studenten sollen sich zwischen einem Vollzeit- und einem Teilzeitst­udium entscheide­n können. Bei Letzterem soll man länger studieren können. Die Beihilfen und Vorgaben sollen an das Teilzeitst­udium angegliche­n werden.

Ein neues Studienrec­ht soll laut ÖH auch mehr Wahlfreihe­it bringen. Durch den Bologna-Prozess sei diese häufig verloren gegangen. Wahlfächer zu absolviere­n sei oft unmöglich. Das sei ein Mitgrund dafür, dass Studierend­e oft mehrere Studien gleichzeit­ig inskribier­en. Diese Mehrfachin­skriptione­n – Stichwort: Laissez-faire-System – sind wiederum dem Rektorench­ef ein Dorn im Auge. Er wünscht sich auch hier Verschärfu­ngen.

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[ Clemens Fabry ] Die Rektoren würden sich eine Universitä­t ohne Studierend­e wünschen, beklagt die Hochschüle­rschaft.

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