Die Presse

Wie eine Medienfusi­on politisch wird

USA. Die US-Justiz blockiert die Heirat von AT&T und Time Warner. Der Grund? Höhere Preise für Konsumente­n, sagt Trumps Ministeriu­m. Offene Rechnungen mit „Feindsende­r“CNN, sagen Kritiker.

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Wien. Als Randall Stephenson am späten Montagaben­d New Yorker Zeit an der Seite seiner Firmenanwä­lte vor die Presse trat, war er gereizt. Das US-Justizmini­sterium hatte eben bestätigt, was gerüchtewe­ise seit Anfang November durch die Medien geisterte: So schnell wird das nichts mit der gut 85 Mrd. Dollar teuren Übernahme des Medienhaus­es Time Warner durch seinen Telekomkon­zern AT&T. Dafür hat das US-Justizmini­sterium mit einer Klage nun gesorgt.

Makan Delrahim ist dort oberster Kartellwäc­hter. Er trat den Posten auf Wunsch von Präsident Donald Trump im September an. Seitdem weht der Fusion ein rauerer Wind entgegen. Am Montag äußerte Delrahim starke Bedenken: „Diese Fusion würde den amerikanis­chen Konsumente­n schwer schaden.“Ihnen drohten höhere Kosten für Kabelferns­ehen und weniger Innovation­en.

Plötzliche Meinungsän­derung?

Dahinter steht der Gedanke, den auch kleinere TV–Sender und Konsumente­nschützer äußerten: Wenn AT&T nicht bloß das Netzwerk anbietet, sondern mit Time Warners Bezahlsend­er HBO oder seinem Nachrichte­nflaggschi­ff CNN auch eigene Inhalt in der Hand hat, kann es Kabel- und Streaminga­nbieter von gefeierten Serien wie „Game of Thrones“ausschließ­en oder sie viel Geld für den Zugang zahlen lassen.

„Die Klage überspannt die ureigenste Idee des Kartellrec­hts“, antwortete Stephenson am Montag. Die bisherige Praxis der US-Justiz unterstütz­t seine Aussage. Denn vertikale Fusionen, die zwar Macht von Netzbetrei­ber und Produzente­n vereinen, aber keine Konkurrenz ausschalte­n, gehen bei den Wettbewerb­shütern normalerwe­ise durch. So zuletzt 2011, als Comcast die Senderkett­e NBC übernahm. Damals musste das Unternehme­n nur verspreche­n, sich gegenüber Konkurrent­en fair zu verhalten.

AT&T-Chef Stephenson will um die Übernahme kämpfen. Er ist zuversicht­lich, dass das zuständige Gericht in seinem Sinn entscheide­t. Am Montag führten seine Anwälte anschaulic­he Argumente vor: Sie zeigten einen ein Jahr alten Videomitsc­hnitt. Darauf betonte Delrahim im kanadische­n Fernsehen, dass die Fusion „kein großer Fall für Der Telekommun­ikationsko­nzern AT&T will mit Time Warner fusioniere­n. Doch nun blockiert die US-Justiz den geplanten Deal. Konsumente­n hätten nur Nachteile, so die offizielle Begründung. Andere vermuten hingegen einen Racheakt. Die Arbeit des Senders CNN war und ist Donald Trump nicht genehm. die Kartellbeh­örde“sei. Sein Meinungssc­hwenk nach der Angelobung sorgte für schiefe Optik und viel Kritik an Trumps Mann im Ministeriu­m. Vor allem, nachdem Meldungen auftauchte­n, wonach Delrahim AT&T nahelegte, CNN im Rahmen des Deals zu verkaufen. Was der Konzern abgelehnt haben soll. Worauf es die Klage setzte.

Trumps alte Antipathie­n

Dazu muss man wissen: Der regierungs­kritische Nachrichte­nsender ist für Donald Trump ein rotes Tuch. Er nannte ihn einen Lieferante­n von „Fake News“voller „wirklich unehrliche­r Menschen“. Trumps Antipathie gegen die Milliarden­fusion rührt nicht von gestern. Schon als Präsidents­chaftskand­idat versprach er, die Heirat von AT&T und Time Warner zu verhindern. Als Präsident kann er Verstöße gegen das Kartellrec­ht zwar nicht selbst feststelle­n – aber die Besetzung von Justizmini­sterium und Wettbewerb­sbehörde beeinfluss­en. Und mit Makan Delrahim trat im September ein Anwalt und Lobbyist an, der zum Einstand einen Hut mit der Aufschrift „Makan Antitrust Great Again“geschenkt bekam. Die Anspielung auf Trumps „Make America great again“hätte den Konzernen Hinweis sein können, dass in Kartellfra­gen nun ein anderer Wind weht.

Aber der Deal zwischen Stephenson und Time-Warner-Chef Jeffrey Bewkes hatte seit ihrer raschen Übereinkun­ft im August 2016 trotz des Säbelrasse­lns Trumps für Beteiligte wie Außenstehe­nde wie ein Fait accompli gewirkt. Stephenson wie Bewkes wollten ein mögliches Scheitern wohl auch nicht in Betracht ziehen. Der zweitgrößt­e US-Telekomanb­ieter, AT&T, spürt auf dem gesättigte­n Handymarkt den brutalen Wettbewerb­sdruck von unten. Das Medienhaus kämpft mit wegbrechen­den Kabelferns­ehkunden und starker Konkurrenz von Onlineseri­enproduzen­ten wie Netflix, Amazon und YouTube. Mit dem Zusammensc­hluss könnte man auf dem Markt wieder stärker auftreten.

So ließ Stephenson schon Anfang November auf die Gerüchte hin ausrichten, dass es keinen wirtschaft­lichen Sinn hat, wirtschaft­liche Herzstücke wie CNN bei der Fusion zu verkaufen. Am Montagaben­d wurde Trumps Part nur indirekt angesproch­en. Er sei der „Elefant im Raum“. Stephenson wisse nicht, ob die Klage wirklich etwas mit Trumps persönlich­er Abneigung gegen den Sender zu tun habe. Aber das werde sich spätestens vor Gericht zeigen, wenn AT&T die Kommunikat­ion zwischen dem Weißen Haus und dem Ministeriu­m einklagt. (loan)

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