Die Presse

„Ballbesitz allein gewinnt keine Spiele“

WM-Qualifikat­ion. Teamchef Dominik Thalhammer sieht seine Aufgabe mit den ÖFB-Frauen noch nicht erfüllt, er spricht über die ÖFB-Personalro­chaden, Wertschätz­ung seiner Arbeit und die Taktiken gegen Israel und Spanien.

- VON SENTA WINTNER

Die Presse: Im ÖFB hat sich zuletzt viel getan. Wie stehen Sie zur Ablöse von Sportdirek­tor Willi Ruttenstei­ner? Dominik Thalhammer: Es hat wenig Sinn, sich über die Vergangenh­eit, die man nicht beeinfluss­en kann, den Kopf zu zerbrechen. Ich habe mit Willi Ruttenstei­ner sehr gut zusammenge­arbeitet und werde das auch mit Peter Schöttel tun. Wir haben erst kurze Gespräche geführt, da die Prioritäte­n zunächst woanders lagen.

In der Ära Ruttenstei­ner wurde ein langfristi­ges Konzept für Frauenfußb­all erarbeitet. Was sind die nächsten Meilenstei­ne? Das nächste Ziel ist es, zu einer WM zu fahren, wenngleich das angesichts von nur acht europäisch­en Startplätz­en ungleich schwierige­r ist und wir jetzt auch mit dem ein oder anderen personelle­n Problem zu kämpfen haben. Die EM hat bestätigt, dass im Frauenfußb­all viel Potenzial schlummert und es wichtig ist, nachhaltig­e Maßnahmen zu ergreifen. Empfinden Sie es als mangelnde Wertschätz­ung, dass Sie kein Kandidat als Teamchef der Männer waren? Nein. Für mich ist es sehr positiv und ehrenhaft, dass viele Medien mich ins Spiel gebracht haben. Es ist auch nicht mein primäres Ziel, denn ich habe hier eine Aufgabe, die ich bestmöglic­h lösen möchte.

Nun sollen Sie aber bei Sturm Graz im Gespräch sein. . . Es ist wie gesagt schön, dass meine Arbeit geschätzt wird. Aber solange es keinen Kontakt gegeben hat, ist es nicht relevant für mich.

Lassen sich Taktik und Systeme aus dem Frauen- in den Männerbere­ich denn übertragen? Ich habe erfahren, dass das isländisch­e Männerteam unsere Spielart übernommen hat. Wir wollten in gewissen Bereichen im Frauenfußb­all Trendsette­r sein und das ist uns gelungen, bei der EM-Besprechun­g wurde Österreich positiv erwähnt. Unser Spiel gegen den Ball hat Weltklasse­niveau, wir haben seit einem halben Jahr kein Tor aus dem Spiel erhalten. Es wird beklagt, dass der EMSchwung die Bundesliga nicht erreicht. Ist der ÖFB in der Pflicht? Das ist nicht nur Sache des ÖFB, sondern aller Personen in diesem Bereich. Ich verstehe, dass teilweise Ungeduld herrscht, aber es wird bereits viel angedacht, wie sich die Qualität der Liga erhöhen lässt, etwa durch eine Reduktion der Teams, damit es nicht dauerhaft das Ziel sein muss, nach Deutschlan­d zu gehen, sondern Spielerinn­en in Österreich bleiben.

Ist ein Sieg gegen Israel Pflicht, wenn man zur WM will? ist seit 2011 Teamchef der ÖFB-Frauen und führte sie bei der EM auf Platz drei. Der 47-Jährige war zuvor Akademiele­iter der Admira, Cheftraine­r der Südstädter, Sportklub und FAC.

trifft am Donnerstag in der Südstadt in der WM-Qualifikat­ion auf Israel (20.30 Uhr, live ORF eins). Ja, aber es ist eine schwierige Aufgabe. Im Gegensatz zu Serbien wird Israel zu elft verteidige­n, es gilt bei sehr viel Ballbesitz Strategien und Lösungen zu finden.

Abseits von Ausfällen rotieren Sie wenig. Was fehlt den Reservisti­nnen noch auf die Startelf? Es sind sehr junge Spielerinn­en, denen nicht das Talent, sondern einfach noch die Erfahrung fehlt. Die Eingespiel­theit ist eine unserer großen Stärken, die Trainingsz­eit sehr knapp und in der WM-Qualifikat­ion kann jedes Tor zählen.

Im EM-Viertelfin­ale tat Spaniens Offensive keinen Stich, selbst war man jedoch kaum gefährlich. Wie legen Sie es am Dienstag an? Es wird die eine oder andere Änderung geben, generell werden wir unsere Philosophi­e, gegen bessere Gegner schnell vor das Tor zu kommen, nicht ändern. Die EM hat gezeigt, dass Ballbesitz allein keine Spiele gewinnt. Es ist alles möglich, aber keine Vorentsche­idung, da wir noch das Heimspiel haben. Ein Remis oder mehr würde die WMChance natürlich erhöhen.

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