„Sie liegen seit 20 Jahren konsequent falsch“
Euro. Vor allem amerikanische Ökonomen wussten es schon immer: Der Euro könne nicht funktionieren. Er werde zerbrechen, wenn Europa nicht das tut, was sie sagen. Die Argumente sind gut. Aber der Zusammenbruch blieb bisher aus.
Es gibt Ökonomen. Und es gibt USÖkonomen. Die zweite Gattung ist in europäischen Medien seit jeher extrem beliebt. Der US-Ökonom bringt die Aura der Autorität mit sich – aus Harvard oder Yale oder vom MIT in Boston. Er weiß, was Medien wollen, redet wie gedruckt und ist nie um einen knackigen Sager verlegen. Vor allem dann nicht, wenn es um den Euro geht.
Euro-Bashing ist unter US-Ökonomen eine Art Volkssport. Das hat schon vor dessen Einführung begonnen. Damals wurde die Debatte allerdings mit einem grundsätzlich positiven Unterton geführt. Denn nicht alle US-Ökonomen waren skeptisch. Robert Mundell etwa gilt als einer der Väter des Euro. Er lieferte sich in den Jahren vor der Einführung des Euro ein freundschaftliches Duell mit dem Nobelpreisträger Milton Friedman.
Dieser sagte damals über die Pläne für den Euro: „Es gibt kein historisches Vorbild für so ein Arrangement. Jedes involvierte Land muss seine interne Geldpolitik abgeben – an eine Institution, die nicht der eigenen politischen Kontrolle unterliegt. So ein System hat wirtschaftliche Vor- und Nachteile. Aber ich glaube, ein System, in dem die politischen und monetären Grenzen nicht überlappen, wird instabil sein.“Sein Argument: Der Euro könne nicht funktionieren, weil die Staaten und Bürger in Europa sich nie auf eine Richtung werden einigen können.
„Reformieren oder sterben“
Mundell hielt dagegen: „In meinen Augen wird der Euro als Beschleuniger für die politische Integration in Europa wirken. Eine verstärkte politische Integration würde auch Europas Stimme in der Welt verstärken und es Europa erlauben, die Rolle und Bürde der globalen Führung gemeinsam mit den USA zu übernehmen. In meinen Augen gibt es nur wenige Risken im Zusammenhang mit einer verstärkten Machtposition Europas in der Welt.“Es scheint offensichtlich, welche Version den europäischen Politikern eher zugesagt hat.
Während man das Argument, dass der Euro zu Spannungen führt, keineswegs von der Hand weisen kann, so muss man auch sagen: Mundell hatte ebenso recht. Der Euro hat in Zeiten der Krise als Katalysator für die europäische Integration fungiert und die Rol- le Europas in der Welt gestärkt. Zyniker könnten nun vermuten, dass es vor allem Zweiteres ist, Europa und der Euro als Alternative zum amerikanischen Führungsanspruch, was die zweite Kritikwelle der USÖkonomen motiviert.
Denn spätestens mit der europäischen Schuldenkrise wurde die Kritik extrem laut. Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz rechnet bis heute mit einem „Zerfall“der Eurozone. Genauso argumentieren Nouriel Roubini und Allan Meltzer.
Und der ehemalige IWF-Chefökonom Kenneth Rogoff schrieb erst im Sommer dieses Jahres: „Die Eurozone muss sich reformieren oder sterben.“Es brauche entweder stärkere „fiskale Integration“, oder es würde zu einem „chaotischen Auseinanderfallen“der Eurozone kommen.
Wobei mit „fiskalischer Integration“nur die Abgabe der Budgethoheit der Nationalstaaten gemeint sein kann. Aus Sicht von Deutschland ein absolutes No-go. Ein weiterer Nobelpreisträger, der Ökonom und Kolumnist Paul Krugman, hat sich den Euro ebenfalls mehrmals vorgeknöpft. Die Architekten des Euro hätten lieber an „Magie“geglaubt, als sich den Schwierigkeiten zu stel- len, die eine gemeinsame Währung bringen werde, so Krugman in seiner gewohnt undiplomatischen Art. Sein Argument endet wie praktisch jedes andere vonseiten der USÖkonomen: Europa müsse mehr wie die USA werden, mit einer gemeinsamen Regierung und einem gemeinsamen Budget, damit der Euro überleben könne.
Der Untergang blieb bisher aus
Nun wäre es natürlich Wahnsinn, die Argumente dieser hochdekorierten US-Ökonomen einfach von der Hand zu weisen. Dass Friedman, Rogoff und Krugman im Grunde recht haben, scheint die Realität zu beweisen. Und doch ist auch etwas von Robert Mundells Argument geblieben: Dass die politische Weiterentwicklung mit dem Euro besser ginge als ohne.
Und in einer Sache liegen die lauten Warner aus Übersee bisher total falsch, wie der ebenfalls aus Amerika stammende Währungsexperte Barry Eichengreen es kürzlich formuliert hat: „Aufmerksame Beobachter werden sehen, dass die Skeptiker den Untergang des Euro schon seit dessen Einführung 1999 herbeireden wollen. Sie liegen seit fast 20 Jahren konsequent falsch.“