Ich bin dann mal weg (im Richtliniendschungel)
2018 treten zwei außerordentlich bedeutsame europäische Regulierungen in Kraft: Im Januar die zweite Richtlinie über die Finanzmärkte - die sogenannte MiFID2 und im Mai die Datenschutzgrundverordnung - die DSGVO. MiFID2 ergänzt und verschärft ihre Vorgängerrichtlinie. MiFID1 hatte zwar vieles verbessert aber trotzdem nicht verhindern können, dass viele Anleger Geld in der Finanzkrise verloren. MiFID2 soll nun die Fairness der Märkte weiter verbessern und über verschärfte Transparenzregeln mehr Klarheit bringen. Sowohl ex-ante als auch ex-post müssen nun alle Kosten offengelegt werden. Versteckte oder überraschende Gebühren gibt es dann nicht mehr. Ebenfalls verschärft wurden die Regeln über Interessenkonflikte: versteckte Kickbacks, die vielleicht früher dazu geführt haben könnten, dass Berater mehr an ihre Kommission als an den Kunden gedacht haben, gehören der Vergangenheit an. Kommissionen müssen - so sie überhaupt noch erlaubt sind - an den Kunden weitergezahlt oder zumindest komplett offengelegt werden. Auch die Kundeninformation über Risiken wird verbessert: Risikohinweise sind nicht mehr im Kleingedruckten sondern im Text zu finden und zwar - ausdrücklich vorgeschrieben - in derselben Schriftgröße wie der Haupttext. Produktgeber müssen auch unter MiFID2 klar kommunizieren, für welche Art von Kunden ein Produkt gedacht ist. Der Verkauf außerhalb dieses sogenannten Zielmarktes ist zwar nicht verboten doch muss der Vertrieb einen solchen Absatz begründen und - wenn häufig - an den Produktgeber zurückmelden. Diese und zahlreiche andere Regelungen werden das Leben für unseriöse Vertriebe extrem schwer machen. Kurz später tritt mit der DSGVO ein weitaus schärferer Schutz des Persönlichkeitsrechts auf die eigenen Daten in Kraft. Im Gegensatz zu Richtlinien wie MiFID2, die in lokales Recht umgesetzt werden müssen, ist die DSGVO als Verordnung unmittelbar anwendbar und gilt in jedem europäischen Land direkt. In Österreich entfällt damit ein Großteil des Datenschutzgesetzes dessen Regelungen jetzt direkt von der DSGVO ersetzt werden. Der Entfall des Datenverarbeitungsregisters wird durch drakonische Strafen bei Verstößen mehr als wettgemacht. Sowohl MiFID2 als auch die DSGVO sind wichtige und gute Regelungen. Und trotzdem führen sie dazu, dass ich mich jetzt einmal von Ihnen für einige Monate verabschiede. Viele der im Kern richtigen und begrüßenswerten Regeln der MiFID2 sind trotz delegierter Verordnungen und Auslegungshilfen der ESMA noch völlig unklar. Insbesondere im Kommunikationsbereich herrscht noch hochgradige Verwirrung: Muss ich in jedem meiner Artikel darauf hinweisen, dass die Märkte schwanken können? Muss ich, wenn ich vom Dollar spreche, im Text jedes Mal ausdrücklich sagen, dass er Kursschwankungen gegenüber dem Euro aufweist? Dazu kommt die Unsicherheit der DSGVO: Darf man den Banner, der auf meinen Artikel hinweist, an regelmäßige Leser der MeinGeld Seite ausspie- len oder verletzt das Ihre Datenschutzrechte? Ich ziehe daher jetzt einmal in den Richtliniendschungel, bis wir gemeinsam mit den Aufsichtsbehörden und anderen Marktteilnehmern die notwendige Klarheit geschaffen haben, um diese wichtigen Regelungen erfolgreich umzusetzen. Bis dahin wünsche ich Ihnen und mir gute Märkte, eine klare Anlagestrategie und die notwendige Weitsicht, um diese Strategie in den kommenden Marktschwankungen unbeirrt erfolgreich umzusetzen.