Post: Paketversand unfreiwillig gratis?
Rücktrittsrecht. Die Asfinag hat für Verwunderung gesorgt, weil sie die Online-Vignette erst 18 Tage ab dem Kauf gelten lässt. Die Post lässt bei ihrer Online-Paketmarke weniger Vorsicht walten.
Wien. „Jetzt Online-Kunde werden – und nächstes Packerl gratis versenden.“Dieses Angebot, mit dem die Post zurzeit im Internet wirbt, erfährt möglicherweise eine unfreiwillige Ausdehnung. Grund ist jenes Rücktrittsrecht bei Online-Verträgen, das den Autobahnbetreiber Asfinag veranlasst hat, seine neuerdings angebotene Online-Vignette erst 18 Tage ab dem Kauf gelten zu lassen. Während die Asfinag die 14-tägige Rücktrittsfrist (plus Sicherheitspolster) abwartet, bevor sie leistet, schließt die Post das gleiche Rücktrittsrecht in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Online-Paketmarke aus – auf eine Weise, die nach Experteneinschätzung angreifbar ist.
Die Paketmarke kann man zu Hause erstellen, um das Porto im Voraus zu zahlen. Dieses richtet sich nach den Abmessungen und dem Bestimmungsland. Man braucht nur seine eigenen Koordinaten einzugeben, ferner den Adressaten, dann zu bezahlen und schließlich eine mit diesen Angaben und einem Barcode versehene Datei auszudrucken und aufs Paket zu kleben (um dieses sodann etwa über eine Versandbox aufzugeben).
Weil der Kauf der Marke nicht in einem Geschäftslokal der Post erfolgt, sondern online, muss das Unternehmen das Fernabsatz- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz (FAGG) beachten. Dieses sieht ein 14-tägiges Rücktrittsrecht des Konsumenten vor – und eine Reihe von Informationspflichten des Unternehmers, auch und besonders das Rücktrittsrecht betreffend. Verabsäumt der Unternehmer, seinen Kunden über dieses zu informieren, verlängert sich das Rücktrittsrecht um ein Jahr.
Nicht nur das: Tritt der Kunde zurück, gerät der Unternehmer ohne Rücktrittsbelehrung in eine drastisch schlechtere Position als mit einer solchen. Beim Kaufvertrag haftet der Kunde nämlich „in keinem Fall für den Wertverlust“, der mittlerweile an der zurückzusenden Ware entstanden sein mag. Für bereits erbrachte Dienstleistungen – theoretisch bis hin zu einer Eigenheimsanierung für mehrere 100.000 Euro – braucht der Kunde gar nichts zu zahlen. Diese Regelung stand von Anfang an in der Kritik – das FAGG beruht auf einer EU-Richtlinie und ist Mitte 2014 in Kraft getreten. Zwei Anläufe, sie vor dem Verfassungsgerichtshof zu Fall zu bringen, sind aus formalen Gründen gescheitert, einen dritten hat der VfGH vorige Woche inhaltlich abgewiesen (s. Bericht rechts).
Gegen billige Kurzzeitvignette
Wurde der Kunde hingegen ordnungsgemäß über das Rücktrittsrecht informiert, so muss er für Leistungen, die er in den maximal 14 Tagen genutzt hat, zahlen. Im Fall der Jahresvignette müsste er sich vom Gesamtpreis 14/ abzie365 hen lassen. Das ergibt wesentlich weniger als jene neun Euro, die eine Zehntagesvignette 2018 kostet. Somit könnte der Kunde die Preisstaffelung je nach Gültigkeitsdauer ad absurdum führen. Genau das ist wohl der Grund, weshalb die Asfinag die digitale Vignette erst nach Ablauf der Rücktrittsfrist auf Grün schaltet.
Die Post geht einen anderen Weg: Sie weist zwar beim Bestellvorgang auf das Rücktrittsrecht hin, behauptet aber, dass es bei der Paketmarke nicht bestehe. Denn diese sei ein personalisiertes, auf die persönlichen Bedürfnisse des Kunden zugeschnittenes Produkt. Für ein solches gilt wirklich eine Ausnahme vom Rücktrittsrecht. Christiane Wendehorst, Zivilrechtsprofessorin an der Uni Wien, bezweifelt allerdings, dass die Paketmarke darunter fällt. Einerseits spricht das Gesetz von „Waren“, während die Marke eher die Dienstleistung des Transports betreffe. Außerdem passe die Ausnahme von ihrer Schutzrichtung her nicht, solle damit der Unternehmer doch vor der Rücknahme von Dingen bewahrt werden, die er anderweitig nicht mehr loswird (z. B. Maßanzug). Bei der Paketmarke müsste es jedoch ein Leichtes sein, im Rücktrittsfall ihre Gültigkeit aufzuheben. Eine missbräuchliche Berufung auf das Rücktrittsrecht wäre zudem ausgeschlossen, weil dieses nach einer korrekten Belehrung erlischt, sowie die Dienstleistung vollständig erbracht worden ist. Wendehorst bezweifelt daher, dass die Rücktrittsbelehrung der Post korrekt ist. Kunden könnten also möglicherweise die Marke verwenden, zurücktreten und ihr Geld zurückverlangen.
Nein, sagt dazu die Post. Von der „Presse“auf die Expertenbedenken angesprochen, beharrt sie auf ihrem Standpunkt: Die Paketmarke sei ein personalisiertes, individualisiertes Produkt, das Rücktrittsrecht entfalle, so ein Sprecher.