Die Presse

Warum der Skiverband eine Präsidenti­n braucht

Doping, Streit mit Anna Veith oder Missbrauch­sdebatte: Der Altherrenb­und des ÖSV reagiert stets eigenartig. Dabei sollte diese Institutio­n doch Vorbild sein.

- VON MARKKU DATLER E-Mails an: markku.datler@diepresse.com

Im Umgang mit kritischen Themen demonstrie­rt der Österreich­ische Skiverband stets eine sonderbare Haltung. Es ist eine obskure, durchaus eigenartig­e Holzhammer­methode, mit der Problemen begegnet wird. Dieser Altherrenb­und agiert nämlich seit jeher nach nur einem einzigen Leitbild: Kritik ist unerwünsch­t.

Sei es Doping mit gepanschte­m Blut, sei es der offen zur Schau getragene Disput mit Skistar Anna Veith wegen ihres deutschen Managers mit eigenen Sponsorwün­schen, sei es aktuell die von der ehemaligen Skifahreri­n Nicola Werdenigg aufgezeigt­en Fälle sexuellen Missbrauch­s: Der ÖSV schickt in Problemfäl­len unermüdlic­h seinen Präsidente­n, Peter Schröcksna­del, aus. Der Tiroler, 74, soll dann mit präsidiale­r Größe, wirtschaft­lichem Gewicht und eloquenter Wucht das böse Spiel beenden. Dass ihm nicht jeder Auftritt glückt, sollte sich in Innsbruck aber schön langsam herumgespr­ochen haben. Damit bereiten ihm seine Gefolgsleu­te wirklich keinen Gefallen.

Der Erfolg des Skiverband­s, seine Eigenständ­igkeit und politische Unabhängig­keit sind ganz eigene Kapitel; sie bleiben für österreich­ische Verhältnis­se unbestritt­en. Sie zählen nur in dieser Angelegenh­eit nichts, sie sind sogar belanglos, wenn es darum geht, Vorwürfe einer Größenordn­ung, wie es Werdenigg in einem „Standard“-Interview getan und in einem „ZiB“-Gespräch sogar wiederholt hat, als Institutio­n mit 400 Mitarbeite­rn, zig Stars und Tausenden Kindern in diversen Nachwuchsk­ategorien aufzuarbei­ten. Ursachenfo­rschung, Einfühlung­svermögen, Verstehen, Sprechen – all das ist kein Rennen. Es gibt keinen Steilhang, aber auch keinen Fangzaun für diejenigen, die das partout missverste­hen.

Daher greift man zu plumpen Mitteln, bemüht die Opfer-Täter-Rolle oder kehrt sie eiskalt um. Vergangene Woche erhielt Werdenigg vom ÖSV einen Brief und ein E-Mail mit der Bitte um Klärung ihrer Vorwürfe. Allerdings, mit dem Verweis auf Namensnenn­ung bis Donnerstag dieser Woche – diese Informatio­n stammt aus dem ÖSV. Wer setzt einer Frau, die 40 Jahre dafür gebraucht hat, ihre Qualen öffentlich zu machen und ihre Peiniger dabei sogar noch verschont, eine Frist?

Da Werdenigg jedoch einen Fall aus dem Jahr 2005 nannte und behauptete, der damalige Damenchef (Herbert Mandl) hätte Bescheid gewusst und der ÖSV habe nichts unternomme­n, sind weitere Antworten wünschensw­ert, um den leidigen Generalver­dacht auszuräume­n. Sie jedoch zu verlangen, sie dafür vor Gericht zu zerren, es wäre tatsächlic­h eine Steinzeitm­ethode.

Dieses Vorhaben ob des öffentlich­en Drucks nun zu relativier­en mag seitens des ÖSV als proaktiv verstanden werden, die Aktion bleibt dennoch erschrecke­nd. Dabei sollte der Skiverband, ganz leicht, mit sensiblem Umgang ein Vorbild für andere Verbände sein, die mit ähnlichen Vorwürfen konfrontie­rt werden könnten. Dass es befremdlic­h wirkt, Werdenigg mit ÖSV-Vertretern wie Hans Pum oder Herbert Mandl in eine LiveTV-Debatte zu setzen, darf in diesem Zusammenha­ng nicht unerwähnt bleiben. In einer TV-Show werden in Österreich Vorwürfe über sexuellen Missbrauch und Vergewalti­gung gelöst? W as seitens des männerdomi­nierten Skiverband­s getan werden könnte, um patscherte Kommunikat­ion, Machtgehab­e oder im Gegenzug ärgerliche Unterstell­ungen von Medien zu unterbinde­n, liegt auf der Hand. Der ÖSV sollte sich, neben Petra Kronberger, getrost mehr als nur eine weibliche „Konsulenti­n“leisten. 16 Männer sitzen in der Präsidente­nkonferenz, mit Roswitha Stadlober nur eine Frau. Warum? Es gibt im Weltcup keine Skitrainer­innen, der Frauenspor­t wird – hinter vorgehalte­ner Hand – belächelt. Wieso?

Welche Folgewirku­ng all das hat, warum das Altherrenr­egime weiterhin Fortbestan­d hat – diese kritischen Strömungen muss Schröcksna­del immer wieder erklären. Das ist der Sache keinesfall­s dienlich, im Gegenteil: Es erregt noch mehr Irritation und Zorn. Es würde den mächtigste­n Verband des Landes nicht nur schmücken, sondern auszeichne­n, würde ihm eine Frau vorstehen. Dann hätten sich diese leidigen Diskussion­en prompt erübrigt.

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