Die roten Laternen Europas
Fußball. Sieglos am Tabellenende, jede Woche eine Abfuhr: Der Abstiegskampf in Europas Ligen hat längst begonnen. Während Peter Stöger nicht aufgeben will, geht ein Negativrekord nach Italien.
Wien. Köln, Crystal Palace, Deportivo Alaves,´ Benevento Calcio, FC Metz und St. Pölten – das sind die Abstiegskandidaten Nummer eins in ihren jeweiligen Ligen. Drei Klubs sind in der Meisterschaft überhaupt noch sieglos. I 1. FC Köln. Das Pech klebt Trainer Peter Stöger an den Händen, es aber für die Kölner Misere mit zwei Punkten aus 13 Spielen (schlechteste Bilanz der deutschen Bundesliga-Historie) verantwortlich zu machen, wäre fahrlässig. Köln war mehr als einmal Leidtragender von Schiedsrichterfehlern bzw. der allgemeinen Verwirrung um den Videobeweis. Auch das Kölner Lazarett wächst und wächst: Cordoba, Maroh, Queiros, Hector, Heintz, Risse, Bittencourt, Zoller, Clemens und Höger fehlen, bei der 0:2-Heimniederlage am Sonntag gegen Hertha musste der 16-jährige Aurel Bisseck verteidigen. Doch es ist wie so oft: Wenn ohnehin schon alles schiefgeht, kommt eben das Pech noch dazu.
Köln hat verschlafen, den um 30 Millionen Euro nach China abgewanderten Torjäger Anthony Modeste zu ersetzen, hat in der Defensive, Stögers Prachtstück, mit vier neuen U20-Profis Unsicherheitsfaktoren geschaffen und die offensiven Schwachstellen auf den Außenbahnen nicht behoben. All das spiegelt das Torverhältnis von 4:25 wider. Als Fünfter der Vorsaison gehen die Kölner nun als Favoriten in so manches Spiel, doch Ballbesitz war nie Stögers Stärke. Inzwischen genügt ein einziger Gegentreffer, um die Mannschaft völlig aus der Bahn zu werfen.
Neun Punkte fehlen Köln auf den Relegationsplatz. Jeder Trainer wäre längst verjagt worden, nur Stöger ist noch im Amt. Vor allem, weil der Wiener, 51, den Klub 2013 in die Bundesliga geführt und dort nach den Plätzen zwölf und neun in der vergangenen Saison als Fünfter die Europa League fixiert hat. Stöger ist zum Gesicht des Vereins geworden, er ist äußerst populär in der Stadt, noch immer pilgern 50.000 Fans ins Stadion. Stattdessen musste Sportdirektor Jörg Schmadtke gehen, Nachfolger gibt es noch keinen.
Am Samstag muss Köln zu Schalke, danach folgt ein Schlüsselspiel gegen Freiburg, das auf dem Relegationsplatz liegt. „Ich bin in der Verantwortung, solange der Klub nicht sagt, er habe eine bessere Idee“, erklärte Stöger. Sein Vertrag läuft bis 2020 und gilt auch für die zweite Liga. Kölner Fans haben auf Facebook schon eine Gruppe zur Veranstaltung „1. FC Köln Aufstiegsfeier 2019“gegründet. I Benevento Calcio. 13 Runden, 13 Niederlagen, 6:33 Tore – das ist nicht nur in der Geschichte der Serie A der Tiefstwert an Startniederlagen, sondern auch in allen europäischen Topligen (Manchester United verlor 1930/31 zwölf Mal hintereinander). Auch das Duell am Montagabend gegen Atalanta Bergamo (nach Redaktionsschluss) konnte daran nichts mehr ändern. Dabei war dem Klub aus dem Hinterland von Neapel ge- rade gelungen, was noch kein Verein in Italien geschafft hatte: der Durchmarsch von der dritten Liga bis ins Oberhaus.
Dort aber kassiert Benevento zahlreiche unnötige Gegentreffer in der Nachspielzeit, gab gegen Juventus die Führung aus der Hand und ging im Duell gegen Erzrivale Napoli 0:6 unter. Acht Mal aber verlor die Mannschaft mit nur einem Tor Unterschied. Auch der neue Trainer, Roberto De Zerbi, hat in vier Partien noch keinen Punkt geholt, zu groß war der Kaderumbruch im Sommer mit 15 Abgängen und 19 Neuzugängen. Zudem wurden bei Kapitän Fabio Lucioni anabole Steroide nachgewiesen. I SKN St. Pölten. Trainer Oliver Lederer hat nach eigenem Bekunden aufgehört, auf die Tabelle zu schauen. Ganz unten hat sich seit dem dritten Spieltag der Bundesliga nichts geändert, auch nach 16 Runden steckt St. Pölten mit nur vier Punkten im Keller fest. Zehn Zähler fehlen bereits auf den Vorletzten, Mattersburg, saison- übergreifend gab es seit 20 Pflichtspielen keinen Sieg mehr.
Lederers Bilanz seit seinem Amtsantritt im September steht bei drei Remis und sechs Niederlagen. Die Trendwende gelang dem ExAdmira-Coach also nicht, nun kommt erste Kritik auf. „Ich habe volles Verständnis für alle, die uns abschreiben, aber damit beschäftige ich mich nicht“, erklärte Lederer, der immerhin für zwei der drei Punkte auf dem St. Pöltner Konto verantwortlich ist.
Im Winter aber braucht es dringend Verstärkung, allein ein Spieler, der noch nicht von der Krise gezeichnet ist, würde guttun. Sportdirektor Markus Schupp ist trotz des schmalen Budgets gefragt. Denn zum Siegen fehlt schlichtweg die Qualität, selbst eine Führung wie gegen Salzburg wird mit individuellen Fehlern wieder aus der Hand gegeben. Absteigen muss St. Pölten aber nicht zwangsläufig, wegen der Ligareform 2017/18 spielt der Tabellenletzte in der Relegation um den Klassenerhalt.