Anton Schlecker muss nicht in Haft
Schlecker-Pleite. Ein deutsches Gericht verurteilte den Exchef der insolventen Drogeriekette zu Haft auf Bewährung plus Geldstrafe. Seine Kinder Lars und Meike sollen ins Gefängnis.
Stuttgart/Wien. Anton Schlecker, Exchef der gleichnamigen Drogeriekette, muss nicht ins Gefängnis. Das Landgericht Stuttgart verurteilte den 73-Jährigen gestern, Montag, wegen vorsätzlichen Bankrotts zu zwei Jahren Haft auf Bewährung. Dazu kommen 54.000 Euro Geldstrafe – 360 Tagsätze zu 150 Euro, die er in Raten abstottern darf.
Unbedingte Haftstrafen gab es dagegen für seine beiden Kinder Lars und Meike: Lars Schlecker soll für zwei Jahre und neun Monate, seine Schwester für zwei Jahre und acht Monate ins Gefängnis. Den beiden gehörte die Logistikfirma LDG, die für die Drogeriekette den Transport der Waren vom Zentrallager in die Filialen abwickelte. Das Gericht legte ihnen unter anderem Insolvenzverschleppung und Untreue zur Last. So sollen sie für die Transporte überhöhte Beträge verrechnet und sich kurz vor der Pleite eine „Gewinnausschüttung“ausgezahlt haben. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.
Schleckers Drogeriekette schlitterte – nach Jahren mit Verlusten – im Jänner 2012 in die Insolvenz. Zuvor habe der Firmenchef Vermögen in Millionenhöhe zugunsten seiner Familie beiseitegeschafft, lautete einer der Vorwürfe in dem Prozess. Wie die „Welt am Sonntag“berichtet, habe er etwa für Sohn Lars eine Wohnung in Berlin umbauen lassen. Die vier Enkel hätten 800.000 Euro erhalten. Und dann war da noch eine Reise nach Antigua für rund 50.000 Euro, die er den Kindern und ihren Familien spendierte.
Jahrelang Verluste
All das ist per se natürlich nicht strafbar, und genauso wenig die Pleite an sich. In dem Prozess ging es vielmehr darum, wann genau der Firmenchef die Insolvenz kommen sah – denn von diesem Zeitpunkt an hätte er kein Geld mehr aus dem Unternehmen abziehen dürfen. „Er wusste, dass die Firma am Ende war – und hoffte dennoch weiter“, sagte der vorsitzende Richter, Roderich Martis.
Die Firma schrieb seit 2004 Verluste, ab dann gab es nur noch in einem Jahr schwarze Zahlen. Anfang 2011 hatte Schlecker gerade noch sieben Millionen Euro liquide Mittel und keine Chance auf neue Kredite, erklärte Richter Martis. Ein von einer Beratungsfirma aufgesetzter Sanierungsplan scheiterte am Geld.
Die Staatsanwaltschaft hatte für Anton Schlecker drei Jahre Haft gefordert – und somit mehr als für seine Kinder. Sie warf ihm vor, er habe „die Schmälerung der Insolvenzmasse billigend in Kauf genommen“. Dass er sich persönlich bereichert habe, behaupteten die Ankläger jedoch nicht. Zugute kam ihm da wohl auch, dass er, was bei einem Unternehmen dieser Grö- ßenordnung ungewöhnlich ist, seine Firma bis zuletzt als Einzelunternehmer betrieben und nicht etwa in eine GmbH umgewandelt hat. Er haftete also mit seinem gesamten Privatvermögen – und steckte auch tatsächlich viel privates Geld ins Unternehmen. Seine Verteidiger führten das als Indiz dafür ins Treffen, dass er nicht darauf aus war, Firmengelder abzuzweigen. Persönlich gilt Anton Schlecker heute als mittellos.
Vom Insolvenzverwalter der Drogeriekette, Arndt Geiwitz, bekam der Ex-Unternehmer Rückendeckung: Geiwitz plädierte kurz vor dem Ende des rund acht Monate dauernden Prozesses für ein mildes Urteil. „Ich habe nie ein Hehl daraus gemacht, dass ich einige Transaktionen als kritisch ansehe“, sagte er dem „Handelsblatt“. „Aber eine Inhaftierung hielte ich für sehr hart.“
Geiwitz hatte sich mit der Familie Schlecker in einem Vergleich auf eine Rückzahlung von 10,1 Millionen Euro geeinigt. Unter anderem musste Schleckers Frau Christa für die Familienvilla in Ehingen, die ihr Mann ihr 2010 geschenkt hatte, 2,5 Millionen an die Masse zahlen. Weitere vier Millionen überwiesen die Schleckers Anfang November freiwillig als „Wiedergutmachung“.
Zivilverfahren in Linz
Die gerichtliche Aufarbeitung der Schlecker-Pleite ist mit dem Urteil im Strafprozess noch nicht beendet: In zwei Wochen beginnt in Linz ein Zivilverfahren gegen Christa Schlecker und die beiden Kinder, in dem es um Schadenersatzforderungen des Insolvenzverwalters der ehemaligen Österreich-Tochterfirma Dayli geht. Im sächsischen Zwickau läuft bereits ein Verfahren, wie das dortige Landgericht der „Wirtschaftswoche“bestätigte. Der Insolvenzverwalter eines früheren SchleckerPersonaldienstleisters verlangt ebenfalls Geld zurück.
Christa Schlecker war anfangs auch im Strafprozess angeklagt. Das Verfahren gegen sie wurde jedoch eingestellt. (cka/ag.)