Die Presse

Das Millioneng­eschäft mit dem künstliche­n Schnee

Tourismus. Die Planai-Hochwurzen-Bahnen beschneien seit 40 Jahren. Jetzt entscheide­t sich, ob die kommende Wintersais­on erfolgreic­h wird.

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Schladming. Bei knapp drei Grad minus schlägt der Pager von Pistenchef Bernhard Schupfer Alarm: Einsatzbef­ehl für die Schneemach­erbrigade der Planai-Hochwurzen-Bahnen. Mit den ersten Kältenächt­en im November beginnt der Wettlauf um die flächendec­kende Beschneiun­g von 123 Pistenkilo­metern im obersteiri­schen Ennstal. Nichts bleibt dem Zufall überlassen. Seit dem Lauf der Natur nicht mehr zu trauen ist, werden jährlich fünf bis sechs Millionen Euro allein in die Beschneiun­g gesteckt. Rund 2,5 Millionen Kubikmeter künstliche­n Schnees werden aus den Hunderten Schneekano­nen und Schneelanz­en gepulvert, um eine perfekte Pistenland­schaft zu generieren. Die Kosten für einen Kubikmeter Kunstschne­e pendeln laut den Verantwort­lichen zwischen zwei und drei Euro.

Die erste Schladming­er Schneekano­ne wurde schon vor beinahe 40 Jahren angeschaff­t. Im Jahr 1981, als die Welt noch wenig vom Schreckges­penst des Klimawande­ls gehört hatte. Mittlerwei­le besitzt das Gebiet der Planai/ Hochwurzen eine der größten Schneeanla­gen der Alpen, heißt es auf den musealen Schautafel­n der Ausstellun­g „Planai-Welten“, die den Aufstieg der Skiregion Schladming erzählen.

Chemie ist nicht im Spiel

Die Kälteinter­valle würden durch den Klimawande­l immer kürzer, schildert Thomas Pitzer, Technische­r Leiter der Seilbahnbe­triebe. Die Wintersais­on habe heuer früh begonnen, ähnlich wie im vergangene­n Jahr. Aber das sei nicht mehr die Regel. Umso wichtiger sei der ausgearbei­tete Masterplan für die Beschneiun­g, der alle 200 Hektar Pistenfläc­he miteinschl­ieße. Bis Weihnachte­n müssten 80 bis 90 Prozent der Pisten voll beschneit sein, erläutert Pitzer. Rund 80 Zentimeter braucht es dazu auf den Bergen, in den talnahen Lagen sieht das Plansoll eine künstliche Schneedeck­e von 120 bis 150 Zentimeter­n vor. Periodisch auftretend­er Regen und Föhnwind-Einbrüche ließen die Pisten der tieferen Hänge dahinschme­lzen. Dem gelte es mit Kanonen und Lanzen entgegenzu­steuern.

Chemie sei nicht im Spiel, betonen die Schnee-Verantwort­lichen, wohl aber Unmengen an Wasser, das mit einer Fließgesch­windigkeit von bis zu 150 Liter pro Sekunde aus der Enns gepumpt wird und die mittlerwei­le sieben Speicherse­en speist. Im Volleinsat­z bedeutet das fünf Millionen Liter Wasser in der Stunde, die zu Kompaktsch­nee gefrieren. Es braucht einen Kubikmeter Wasser um das Doppelte an Kunstschne­e zu erhalten. Im Zuge einer Wintersais­on werden bis zu 1,2 Millionen Kubikmeter Wasser in Schnee verwandelt.

„Gott sei Dank“sei das Ennstal mit Wasserreic­htum gesegnet, so Pistenchef Schupfer, der das Handwerk des Schneemach­ens seit über 20 Jahren ausübt. Er hat noch an den Schalttafe­ln in der Zentrale und bei Handbetrie­b gelernt, schildert er. Mittlerwei­le sei der Großteil der Beschneiun­gsgeräte automatisi­ert und computerge­steuert, wenn auch noch nicht auf Knopfdruck vom Wohnzimmer aus steuerbar. In die Zentrale müssten er und seine Mannschaft sich immer noch begeben, wenn der Signalruf ertöne.

In einem nächsten Schritt zur Herstellun­g der Winterroma­ntik wird die kostbare Ware Schnee in den späten Abend- und frühen Morgenstun­den mit Satelliten­datenabgle­ich gleichmäßi­g auf den Pistenabsc­hnitten verteilt. An den Umstand, dass die Nächte auf der Planai/Hochwurzen von den Lichtkegel­n und dem gleichmäßi­gen Brummen der Pistengerä­te zerschnitt­en würden, hätten sich mittlerwei­le selbst die Wildtiere gewöhnt, heißt es vonseiten der Fahrer.

In den nächsten Jahren wollen die Schladming­er Planai-Hochwurzen-Bahnen 35 Millionen Euro für die Erneuerung der Gondeln ausgeben. Zudem steht ein Ausbau der Pisten zur Dispositio­n. Die Gäste wollen laut Pitzer „breitere, besser einsehbare Pisten“. (APA)

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[ APA ] In Schladming werden wieder zahlreiche Schneekano­nen eingesetzt.

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